Public Manager
07.05.2024 | Gebäudemanagement, Stadtplanung

Sinkflug beim Wohnungsbau in Hessen, Rheinland-Pfalz und im Saarland immer bedrohlicher

Wohnungswirtschaftlicher Konjunkturbericht 2023/2024 des BFW: Im Wohnungsbau ist die Zahl der Baugenehmigungen 2023 und im ersten Monat 2024 weiter eingebrochen.

„Unsere Prognosen aus dem vergangenen Jahr haben sich leider auf dramatische Weise bestätigt“, erklärte Gerald Lipka, Geschäftsführer des BFW Landesverband Hessen/Rheinland-Pfalz/Saarland anlässlich der Präsentation des Wohnungswirtschaftlichen Konjunkturberichts 2023/2024. „Obgleich absehbar, hat es die Politik versäumt, rechtzeitig gegenzusteuern“, mahnte Lipka.

So wurden 2023 in Hessen 18.996 Baugenehmigungen für Wohnungen erteilt. Das sind 6.063 Wohnungen und damit 24,2 Prozent weniger als im Vorjahr. Der Trend hat sich Anfang 2024 fortgesetzt. Im Januar wurden 961 Wohnungen genehmigt, ein Rückgang von 56,8 Prozent gegenüber dem Januar des Vorjahres mit 1.605 Wohnungen. Insgesamt hat sich der Anstieg der Baupreise in Deutschland abermals stark beschleunigt. So stieg der Preisindex für Wohngebäude im Jahresdurchschnitt um 3,7 Prozent.

Private Bauherren haben 2023 mit 2,1 Milliarden Euro 29,4 Prozent weniger in neue Wohnungen investiert als im Vorjahr. Dies entspricht einem Investmentanteil von 53 Prozent. Wohnungsunternehmen haben ihr Engagement auf 1,8 Milliarden Euro verringert (–12,9 Prozent). Sie hatten 2023 einen Marktanteil von 51 Prozent an der Anzahl der Wohnungsgenehmigungen, private Bauherren liegen in Hessen mit 41 Prozent auf Platz zwei.

„Wir benötigen einen bunten Strauß an Impulsen, um den Wohnungsmarkt wieder flott zu machen. Neben der degressiven AfA für Investoren müssen wir dringend auch Privatleute zu Investitionen in den Wohnungsbau ermutigen. Das Hessen-Geld ist ein Schritt in die richtige Richtung. Weitere Ansatzpunkte könnten die Absenkung der Grunderwerbssteuer, Baulandentwicklung und Deregulierung sein“, erklärte Lipka. „Unterstützung ist deshalb vor allem für private Bauherren nötig, weil diese Haushalte sonst den Mietmarkt zusätzlich belasten“, mahnt Lipka. Gleichzeitig müssten sich die Kommunen endlich davon verabschieden, Bauträgern mit nicht mehr konjunkturgemäßen städtebaulichen Verträgen das Leben schwer zu machen.

2023 wurden in Rheinland-Pfalz 13.072 Baugenehmigungen für Wohnungen erteilt und damit 27,3 Prozent weniger als 2022. Davon entfielen 10.212 auf Neubauten (–32,9 Prozent) und 2.860 auf Bestandsbauten (+3,20 Prozent). Der Neubauanteil lag bei 78,1 Prozent (Vorjahr: 84,6 Prozent). In Rheinland-Pfalz dominieren private Bauherren den Markt für neue Wohnungen mit einem Anteil von 52 Prozent bei der Zahl der genehmigten Wohnungen und 63 Prozent bei den veranschlagten Investitionen, was 2,1 Milliarden Euro bedeutet (Vorjahr: 3,2 Milliarden). 2023 ist bei diesen Akteuren die Zahl der Genehmigungen gegenüber dem Vorjahr gesunken (–37 Prozent). Weniger rückläufig war die Entwicklung bei den Wohnungsunternehmen (–15 Prozent). Diese steigerten ihren Marktanteil bei den Neubauwohnungen auf 36 Prozent und beim Investment auf 28 Prozent.

Im Saarland wurden 2023 1.509 Baugenehmigungen erteilt, ein Minus von 38,8 Prozent. Davon entfielen 1.187 auf Neubauten (–41,7 Prozent) und 322 auf Bestandsbauten (–24,9 Prozent). Der Neubauanteil lag bei 78,7 Prozent (2022: 82,6 Prozent).

Private Bauherren dominieren im Saarland den Neubau mit einem Anteil von 61 Prozent bei der Zahl der genehmigten Wohnungen und 70 Prozent bei den veranschlagten Investitionen, was 260 Millionen Euro bedeutet (Vorjahr: 450 Mio. Euro). Im Jahr 2023 ist bei den privaten Bauherren die Zahl der Genehmigungen gegenüber dem Vorjahr deutlich gesunken (-45 Prozent) ebenso wie bei den Wohnungsunternehmen (–54 Prozent). Wohnungsunternehmen investierten rund 66 Millionen Euro (Vorjahr 100 Mio. Euro). Ihre Anteilswerte liegen bei 19 Prozent (Wohnungen) und 18 Prozent (Investitionen).

„Hessen, Rheinland-Pfalz und das Saarland sind Beispiele für die große Bedeutung privater Bauherren beim Wohnungsneubau. Wenn die Politik auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene der Entwicklung auf dem Wohnungsmarkt weiterhin tatenlos zuschaut, steuern wir in den Ballungsräumen und Städten mit großer Anziehungskraft, also den Schwarmstädten, langfristig auf einen Wohnungsnotstand zu. Dramatische soziale Verwerfungen könnten die Folge sein“, befürchtete Lipka.

Lipka und Professor Rebitzer sind sich darin einig, dass sich der Wohnungsmangel in den kommenden Jahren bestehen bleiben und sich in nachfragestarken Regionen weiter verschärfen wird. Erstens, weil zu wenig neu gebaut wird, zweitens weil es eine Verschiebung vom Kauf- zum Mietmarkt gibt, da Wohneigentum für einige Haushalte nicht mehr finanzierbar ist und drittens wegen der anhaltenden Zuwanderung. Infolgedessen wird der Wohnungsbedarf 2024 und in den Folgejahren voraussichtlich steigen und den Druck auf Mieten und Nebenkosten noch weiter erhöhen.

Lipka stellte den Wohnungswirtschaftlichen Konjunkturbericht 2023/2024 gemeinsam mit dessen Verfasser, Professor Dr. Dieter Rebitzer, vor. Professor Rebitzer ist Studiendekan an der Fakultät Wirtschaft und Recht der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt, Nürtingen-Geislingen (HfWU) und Experte für Immobilienwirtschaft.