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11.12.2024 | Finanzierung, Wasser und Abwasser

Hochwasservorsorge - auf einem Auge blind

Zu Hochwasserschutz und Überflutungsvorsorge liegt der Referentenentwurf für ein Hochwasserschutzgesetz III vor, das möglicherweise noch vor Auflösung des Bundestages verabschiedet wird. Der Referentenentwurf ist aus der Sicht des Bundesverbandes Bodens ein richtiger, aber dennoch unzureichender Schritt zu verbessertem Hochwasserschutz und Starkregenrisikomanagement.

Flächenhafte Bodenverdichtung hat zu massiver Rinnenerosion auf einer landwirtschaftlich genutzten Fläche nahe Passau geführt (Quelle: Wolfgang Bauer, Agroluftbild).

Er bleibt bei den Maßnahmen der Wasserwirtschaft stehen. Regelungen für potentielle Schadensgebiete reichen aber nicht aus. Dies setzt bei den Symptomen, aber nicht bei den Ursachen an. Unbeachtet und ungeregelt bleiben die Fehler der Bodennutzung in den Gebieten, die Auslöser des Schadens sind. Da die Ursachen zunehmender Hochwässer und Überflutungen nicht angegangen werden, ist damit zu rechnen, dass die Schäden trotz des Hochwasserschutzgesetzes weiter stark zunehmen werden.

Das Bundesumweltministerium veröffentlichte Mitte Oktober den Entwurf für ein „Gesetz zur Verbesserung des Hochwasserschutzes und des Schutzes vor Starkregenereignissen sowie zur Beschleunigung von Verfahren des Hochwasserschutzes (Hochwasserschutzgesetz III)“. Das Gesetz kann zweifellos in Teilen zu einer Verbesserung der Situation entlang von Flüssen beitragen. Es hat aber zwei wesentliche Schwachpunkte:

Erstens ist es in der Fläche unwirksam, obwohl die Zunahme hoch erosiver Regenereignisse dazu führt, dass Sturzfluten überall zunehmen. Es ist bekannt, dass sich die erosionsauslösenden Starkregen seit den 1960er-Jahren verdoppelt haben. Den Folgen dieser kleinräumigen Ereignisse kann mit den Konzepten des Referentenentwurfs nicht begegnet werden. Der Referentenentwurf bleibt daher in der Fläche unwirksam und verbessert nur den Schutz von wenigen Prozent der Landesfläche.

Zweitens geht der Referentenentwurf von der Vorstellung aus, dass einzig der Geschädigte schuld ist an seinem Schaden. Die Verursacher des Hochwassers und der Überflutungen werden dagegen nicht adressiert. Die großen Ereignisse der jüngsten Vergangenheit, wie das Ahrtalereignis oder das Simbachereignis, haben jedoch gezeigt, dass selbst jahrhundertealte Häuser betroffen sein können. Die Ursache der Schäden kann keinesfalls ausschließlich in einer Bebauung am falschen Ort gesehen werden, auch wenn in der jüngeren Vergangenheit in dieser Hinsicht viele Fehler gemacht wurden und immer noch gemacht werden.

Ausgeblendet wird der Verursacherbereich. Zum einen bleibt der erhöhte Abfluss durch Versiegelung, zunehmende Bodenverdichtung und mangelhafte Bodenbewirtschaftung ungeregelt. Der tägliche Flächen- und Bodenverbrauch beträgt etwa 60 Hektar. Diese Flächen werden überbaut, in Straßen, Gewerbegebiete und Siedlungen umgewandelt oder durch die Baumaßnahme geschädigt. Die Gewichte landwirtschaftlicher Maschinen haben sich allein zwischen 1960 und 1970 schon verdoppelt und steigen seitdem steil an. Durch beide Entwicklungen wird die Wasseraufnahmefähigkeit der Böden großflächig herabgesetzt.

Zum anderen wird nichts gegen die zunehmende Kanalisierung der Landschaft getan. Allein Wegseitengräben schaffen ein Entwässerungsnetz das vielfach länger ist als das natürliche Gewässernetz. Das künstliche Gewässernetz wird hydraulisch effizient gestaltet, um Wasser rasch abzuleiten. Diese für den Ableitenden erwünschte Eigenschaft hat aber immer zur Folge, dass Überflutung und Hochwasser zunehmen, weil eine gegebene Wassermenge in kürzerer Zeit beim Unterlieger ankommt. Halbiert sich die Zeit, verdoppelt sich der Hochwasserscheitel. Das Wasser muss vielmehr länger in der Landschaft und im Boden verbleiben, bevor es den Vorfluter erreicht.

Eine wirksame Hochwasserbekämpfung braucht daher speicherfähige und durchlässige Böden und eine hydraulisch raue Landschaft. Je weiter oben in einem Einzugsgebiet angesetzt wird, umso mehr Fläche wird geschützt. Und umso weichere Maßnahmen reichen aus, solange das Wasser noch nicht kanalisiert ist.

Der Referentenentwurf ist ein Schritt in die richtige Richtung in der Wasserwirtschaft. Er ist aber in dieser Form nicht nachhaltig und wesentliche Inhalte zu den Potenzialen des Wasserrückhalts in der Fläche fehlen. Der Bundesverband Boden fordert die Wasserpeicherfähigkeit von Boden und Landschaft zu schützen und wiederherzustellen.