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31.10.2023 | Stadtplanung

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Intelligente Städte: EU-Unterstützung ist zu zersplittert

Das 400 Millionen Euro schwere "Leuchtturmprogramm" der EU im Bereich Forschung und Innovation sollte europäischen Städten helfen, intelligenter zu werden. Tatsächlich hat das Programm viele Städte dabei unterstützt, Ressourcen zu sparen, die Umweltverschmutzung zu verringern und städtische Dienstleistungen durch den Einsatz von Technologie zu verbessern. Dies geht aus einem neuen Bericht des Europäischen Rechnungshofs hervor.

Die finanzierten Projekte hätten in den meisten Fällen die Erwartungen erfüllt und konkrete Lösungen für intelligente Städte in Bereichen wie Luftqualität, Energieeffizienz und E-Mobilität geliefert. Andere Städte jedoch würden wohl nicht von diesen innovativen Lösungen profitieren, da das Programm kaum mit anderen EU-Initiativen abgestimmt worden sei und öffentliche und private Mittel knapp seien und nicht gebündelt würden. Es sei daher eine bessere Koordinierung erforderlich, wenn die 100 derzeit geförderten Städte in der EU bis 2030 klimaneutral werden sollen.

Im Zeitraum 2014–2020 verwaltete die Europäische Kommission verschiedene Programme zur Unterstützung von Projekten für intelligente Städte. Aus einem davon, dem als Teil des Rahmenprogramms Horizont 2020 für Forschung und Innovation aufgelegten "Leuchtturmprogramm", wurden 120 Städte in insgesamt 24 EU-Ländern unterstützt, darunter Barcelona, Dresden, Rotterdam und Wien. Das Nachfolgeprogramm für den Zeitraum 2021–2027 ist die als Teil des Rahmenprogramms Horizont Europa für Forschung und Innovation durchgeführte "Mission" für klimaneutrale und intelligente Städte. Mit ihr wird das Ziel verfolgt, 100 Städte bis 2030 klimaneutral zu machen und dafür zu sorgen, dass bis 2050 alle Städte in der EU diesem Beispiel folgen.

"Um mehr europäische Städte dabei zu unterstützen, durch Technologie intelligenter und grüner zu werden, sollte die EU Möglichkeiten, die bereits erzielten Ergebnisse auf andere Städte zu übertragen, besser nutzen", so Ildikó Gáll-Pelcz, das für den Bericht zuständige Mitglied des Europäischen Rechnungshofs. "Es ist positiv, dass aus dem Leuchtturmprogramm konkrete Lösungen hervorgegangen sind, doch die Zersplitterung hemmt eine breitere Übernahme dieser Lösungen."

Die Prüfer stellten fest, dass das "Leuchtturmprogramm" gut konzipiert war, dem Bedarf der Städte gerecht wurde und geeignet war, marktnahe Technologien aus verschiedenen Bereichen einem Praxistest zu unterziehen. Im Rahmen der geförderten Projekte seien in den teilnehmenden Städten mehrere hundert Lösungen für intelligente Städte umgesetzt worden, von denen die meisten den Energiebereich (z. B. energieeffiziente Gebäude und Beleuchtung) und sogenannte intelligente Netze betrafen. Anhand einer Stichprobe abgeschlossener Projekte stellten die Prüfer fest, dass rund zwei Drittel der erwarteten Ziele erreicht oder sogar übertroffen wurden.

Allerdings sei aus dem "Leuchtturmprogramm" keine Übertragung dieser Lösungen auf andere Städte finanziert worden. Genau diese Nachbildung von Lösungen aus früheren Forschungs- oder Innovationsinitiativen sei aber eines der Mittel, mit denen im Rahmen der "Mission" Klimaneutralität erreicht werden soll. Die "Mission" könnte so dazu beitragen, dass die Ergebnisse aus den "Leuchtturmprojekten" umfassend verwertet oder nachgeahmt werden. Dies sei jedoch nicht der Fall, da die beiden Programme nicht gut aufeinander abgestimmt seien und deshalb auch die gewonnenen Erkenntnisse nicht ausreichend genutzt würden. Die Prüfer fordern die Europäische Kommission daher auf, nicht nur die Nachahmung von Lösungen aus den "Leuchtturmprojekten" zu bewerten, sondern auch beide Programme besser zu koordinieren.

Ein Mangel an Bürgerbeteiligung oder gar Widerstand aus der Bevölkerung könne dazu führen, dass Lösungen für intelligente Städte scheitern. Die Prüfer betonen, dass sich Bürgerbeteiligung als entscheidend, häufig aber auch als schwierig erwiesen hat. Bei vielen "Leuchtturmprojekten" habe die Einbeziehung der Bürgerinnen und Bürger eine große Herausforderung dargestellt; in drei Vierteln der Fälle sei es bei der Umsetzung der geplanten Lösungen entweder zu Widerstand gekommen oder die Beteiligung sei mangelhaft gewesen. Die Prüfer fordern deshalb die Europäische Kommission auf, dafür zu sorgen, dass die Bevölkerung in künftige städtische Projekte, die die Tauglichkeit von Lösungen belegen sollen, ausreichend einbezogen wird.

Die EU-Finanzierung habe sich für die Städte als wertvoll erwiesen, aber es mangele ihnen an Sicherheit hinsichtlich der insgesamt verfügbaren EU-Gelder. Dies gelte insbesondere für die Mittel, die die Kommission im Rahmen der "Mission" zur Verfügung stellen wird. Die Prüfer fordern daher die Europäische Kommission auf, die Finanzierungkapazitäten der Städte zu bewerten und solche mit Finanzierungslücken dadurch zu unterstützen, dass Synergien mit nationalen und regionalen Finanzierungsquellen und privaten Investitionen geschaffen werden.

Hintergrund

Intelligente Städte können für Bürgerinnen und Bürger sowie für Unternehmen von Vorteil sein, indem sie ihren CO2-Fußabdruck verringern und traditionelle Verfahren und Dienste durch den Einsatz von Technologie umgestalten. So zielen intelligente Städte etwa auf die schnellere Erbringung städtischer Dienstleistungen, die Erhöhung der Sicherheit öffentlicher Räume sowie Verbesserungen in den Bereichen Verkehr, Wasser- und Abfallwirtschaft, Straßenbeleuchtung und Gebäudeheizung ab. "Leuchtturmprojekte" sind groß angelegte Demonstrationsinitiativen, die so gestaltet sein sollten, dass marktnahe Technologien aus verschiedenen Bereichen auf innovative Weise kombiniert werden, um Lösungen und Geschäftsmodelle zu erproben und nachzuahmen. Die Investitionen, die die Städte benötigen, um Klimaneutralität zu erreichen, übersteigen bei Weitem die Mittel, die die EU bereitstellen kann. Schätzungen zufolge müssten 100 europäische Städte mit durchschnittlich 100 000 Einwohnern 96 Milliarden Euro investieren, um bis 2030 klimaneutral zu werden.

Der Sonderbericht 24/2023 "Intelligente Städte: Konkrete Lösungen, doch Fragmentierung erschwert deren breitere Übernahme" ist auf der Website des Europäischen Rechnungshofs in 24 EU-Sprachen abrufbar.

Der Sonderbericht: siehe Link