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23.05.2023 | Energie

Aktuelle Studie zeigt: Wasserstoffkraftwerke sichern künftig Stromversorgung in Süddeutschland

Nachdem TenneT, Gasunie Deutschland und Thyssengas die Studie „Quo vadis Elektrolyse?“ im September 2021 veröffentlicht haben, stellen die Partner nun zusammen mit dem bayerischen Fernleitungsnetzbetreiber bayernets die Folgestudie „Quo vadis Wasserstoffkraftwerke?“ vor.

Während die Ergebnisse der ersten Studie auf die systemdienliche Lokalisierung der Wasserstoffproduktion abzielten, liegt der Fokus der Folgestudie auf der Verortung und dem Einsatz des grünen Wasserstoffs zur Stromerzeugung. Neben dem Ausbau erneuerbarer Energien und dem damit einhergehenden Netzausbau sind auf dem Weg zur Klimaneutralität 2045 zwingend auch gesicherte Erzeugungskapazität notwendig, mit denen Dunkelflauten, Erzeugungsschwankungen und Verbrauchspeaks aufgefangen werden können. Um den vorgezogenen Kohleausstieg 2030 zu ermöglichen und langfristig Systemsicherheit bei überwiegend volatiler Stromerzeugung zu gewährleisten, eignen sich flexibel steuerbare Gaskraftwerke, die perspektivisch mit grünem Wasserstoff betrieben werden können. Mit ihnen kann TenneT Engpässe in ihrem Übertragungsnetz managen und kostenintensive Netzeingriffe – sogenannte Redispatchmaßnahmen – in ihrer Regelzone mindern.

Die größte Wirkung entfalten neue flexible Kraftwerke zur effektiven Bereitstellung von Redispatchleistung in Süddeutschland. Im Gegensatz zum bereits jetzt mit Strom aus Windkraft reich ausgestatteten Norden, können zusätzliche und verbrauchsnahe Kraftwerkskapazitäten in Süddeutschland einen maßgeblichen Beitrag zum Engpassmanagement leisten. Hierfür muss das aktuell geplante Wasserstoffnetz frühzeitig und zielgerichtet bis nach Süddeutschland ausgebaut werden.

Tim Meyerjürgens, COO von TenneT, sagt: „Unsere Ergebnisse unterstreichen einmal mehr, dass wir Gas- und Strominfrastrukturen sowie Nord- und Süddeutschland integrativ denken müssen. Die Elektrolyse muss dort erfolgen, wo die Erneuerbaren in ausreichendem Maße zur Verfügung stehen. Das ist vornehmlich an den Küsten der Fall und nur sehr bedingt in Süddeutschland. Neben dem Ausbau des Übertragungs- und Verteilnetzes müssen wir unsere Gasinfrastruktur soweit möglich umrüsten und parallel eine Wasserstoffinfrastruktur aufbauen. Große Elektrolyseure an der Küste liefern dann Moleküle nach Süddeutschland, um die Industrie mit Wasserstoff zu versorgen. Gleichzeitig sehen wir großes Potential für Wasserstoffkraftwerke in Süddeutschland, die uns in Zeiten von Stromflauten gesicherte Kraftwerksleistung bereitstellen. So können wir auch mittel- und langfristig teure Netzeingriffe minimieren, die Versorgungssicherheit gewährleisten und den Industriestandort Deutschland nachhaltig wettbewerbsfähig gestalten.“

Dr. Matthias Jenn, Geschäftsführer der bayernets GmbH, betont: „Die Studie zeigt, dass der Aufbau eines bundesweiten Wasserstofftransportnetzes für den von uns allen gewollten Erfolg der Energiewende von grundlegender Bedeutung ist. Für diesen Erfolg benötigen wir insbesondere in Süddeutschland ausreichende Erzeugungskapazitäten aus Gas- und perspektivisch Wasserstoffkraftwerken. Anders wird es uns nicht gelingen, die nuklearen und fossilen Erzeugungskapazitäten zu ersetzen sowie die volatile Stromerzeugung aus Sonne und Wind auszugleichen. Auch ist Wasserstoff das ideale Medium, um Energie in großen Mengen aus dem Norden Deutschlands nach Süden zu transportieren sowie über lange Zeiträume zu speichern. Aus diesem Grund muss das vom Gesetzgeber jüngst angestoßene Wasserstoffkernnetz, das wir sehr begrüßen, alle potentiellen Standorte für Wasserstoffkraftwerke in Süddeutschland anbinden.“

Jens Schumann, Geschäftsführer Gasunie Deutschland, hebt hervor: „Als Fernleitungsnetzbetreiber haben wir den Anspruch, den Markthochlauf der Wasserstoffwirtschaft in Deutschland durch den Einsatz der notwendigen Infrastruktur zu ermöglichen. In unserer Rolle als market facilitator haben wir uns auch an dieser Quo Vadis Studie gern beteiligt und freuen uns, die Ergebnisse heute in die Diskussion einzubringen. Auch wenn es noch ein langer Weg zu einer integrierten und optimierten Gesamtsystemplanung für Strom und Gas ist, halte ich es für zwingend, das Thema jetzt anzugehen. Elektrolyseure im Norden, Wasserstoffkraftwerke im Süden, verbunden durch ein überregionales Wasserstofftransportnetz – die Studienlage ist eindeutig.“

Dr. Thomas Gößmann, Vorsitzender der Geschäftsleitung, Thyssengas GmbH ergänzt: „Die Studie zeigt, wie wichtig jetzt der schnelle Hochlauf der Wasserstoff-Infrastruktur für ein integriertes Energiesystem ist. Dabei stehen eine sichere Energieversorgung und gleichzeitig die effiziente, kostengünstige Transformation der Energienetze im Mittelpunkt. Das Gasnetz spielt bei der Transformation eine zentrale Rolle. Die bereits vorhandenen Erdgasleitungen lassen sich vergleichsweise kostengünstig auf Wasserstoff umrüsten und durch ergänzende Neubauten zu einem H2-Netz verbinden. Das ist volkswirtschaftlich effizient und lässt Wasserstoff als Energieträger seine volle Stärke entfalten: zur Dekarbonisierung in nahezu allen Sektoren, aber auch als Transport- und Speichermedium."

Zusammenfassung der Sudienergebnisse „Quo vadis Wasserstoffkraftwerke?“

Die Studie „Quo vadis Wasserstoffkraftwerke?“ zeigt mehrere gute Potentialregionen für die Entstehung von Wasserstoffkraftwerken entlang des geplanten Wasserstoffnetzes in Süddeutschland. Vorteile werden durch die Einbeziehung der Gasnetze vor allem entlang des Netzes von bayernets festgestellt, aber auch etwas weiter entfernt vom geplanten Wasserstoffnetz werden noch vorteilhafte Potentiale nachgewiesen. Die Auswahl dieser Standorte geht mit zusätzlichen Investitionen auf Gasnetzseite einher, um Kraftwerke an das Wasserstoffnetz anzuschließen. Aus der Sicht eines möglichst effizienten und kostenoptimalen Betriebs des deutschen Stromnetzes sollten Standorte innerhalb des TenneT-Netzgebiets im Südosten von Bayern frühzeitig in den Fokus geraten. Eine frühzeitige Anbindung von Südbayern an das geplante Wasserstoffnetz kann hierbei einen signifikanten Beitrag zur Versorgungssicherheit leisten. Weiterhin sollten auch Bestandskraftwerke beachtet werden, die durch eine Umrüstung auf die Nutzung eines alternativen (grünen) Energieträgers zur Dekarbonisierung des elektrischen Energiesystems beitragen können.

Daher besteht der dringende Bedarf einer strom- und gasnetzübergreifenden Infrastrukturplanung, um alle Potentiale zeitnah auszuschöpfen und die Synergieeffekte effizient nutzen zu können. Für einen schnellen Markthochlauf von Wasserstofftechnologien ist es essentiell, dass dieser schnell und zielgerichtet im Bundesgebiet verteilt werden kann. Hier ist explizit auf einen schnellen Ausbau der Gasinfrastruktur bis nach Südbayern zu verweisen. Nicht nur zur Versorgung von potentiellen zukünftigen Wasserstoffkraftwerken, sondern auch zur Versorgung der Industrie, die ihre fossilen Prozesse nach und nach Umstellen muss.