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20.03.2023 | Energie

Die Wärmewende am Oberrhein mit Tiefer Geothermie vorantreiben

Die Energiewende im Wärmesektor kommt nicht recht voran. In Baden-Württemberg wird der Wärmebedarf erst zu einem Sechstel auf Basis erneuerbarer Energien gedeckt. Diesen Anteil vergrößern könnten künftig Wärmenetze, die aus Tiefer Geothermie gespeist werden. Darauf weist die Plattform Erneuerbare Energien Baden-Württemberg (Plattform EE BW) hin.

Die geplante Tiefengeothermieanlage in Graben-Neudorf im Landkreis Karlsruhe könnte Strom und Wärme liefern. Visualisierung: SCG Architekten

Im Südwesten ist das Potenzial insbesondere am Oberrhein groß. Mehrere Energieversorger und Unternehmen planen aktuell die Nutzung der Erdwärme. Etwa im Kreis Karlsruhe: In Graben-Neudorf soll 2025 ein Geothermiekraftwerk in Betrieb gehen; mit der gewonnenen Energie können rund 20.000 Haushalte in der Kommune und den umliegenden Gemeinden mit klimafreundlicher Wärme versorgt werden. Doch die Technologie erhitzt auch die Gemüter: Ein Bürgerentscheid im nebenan gelegenen Waghäusel klärt nun am 26. März 2023, ob die Kommune städtische Grundstücke zur Nutzung für die tiefe Geothermie zur Verfügung stellen kann. Franz Pöter, Geschäftsführer der Plattform EE BW, empfiehlt, dies zu bejahen. „Die Vorteile der tiefen Geothermie sind immens – mehr Versorgungssicherheit, eine kostenstabile Wärmeversorgung, die Wertschöpfung vor Ort und viel Klimaschutz.“

Die klimaneutrale Wärmeversorgung liegt noch in weiter Ferne. 2022 lagen die bundesweiten Kohlendioxidemissionen erneut über den gesetzlichen Zielwerten. Das zeigen Zahlen des Umweltbundesamts. Auch Baden-Württemberg hat Aufholbedarf: Zum größten Teil heizen Gebäudeeigentümer noch immer auf Basis von Gas oder Heizöl. Lediglich 16 Prozent des gesamten Wärmeverbrauchs stammt aus erneuerbaren Energien. Um die Klimaschutzziele im Südwesten zu erreichen, braucht es hier einen deutlichen Fortschritt.

Wärmereservoir im Untergrund

Neben Wärmepumpen, Holzheizungen und Biogas kann auch die Tiefe Geothermie zur Wärmewende beitragen. Sie liefert Energie aus dem Inneren der Erde, die Wärmereservoirs liegen drei bis vier Kilometer tief. So lassen sich erneuerbare Wärme und Strom gewinnen. Bislang spielt die Tiefe Geothermie im Südwesten noch eine geringe Rolle. Energieversorger und Unternehmen wollen dies nun ändern. Besonders gut sind die geologischen Voraussetzungen in Baden-Württemberg zwischen Mannheim und Lörrach, auch in Oberschwaben gibt es Potenzial. Mehrere Unternehmen haben am Oberrhein Projekte begonnen. Es gibt erste Planungen, Erkundungsbohrungen, Bauprojekte und bereits im Betrieb befindliche Anlagen.

Die Technologie eröffnet die Chance, die Wärmewende am Oberrhein erfolgreich zu gestalten. „Bislang sind es die Kohlekraftwerke in Mannheim und Karlsruhe, die die Region mit Fernwärme versorgen. Mit der tiefen Geothermie besteht die Möglichkeit, die Versorgungsnetze mit regenerativer Wärme speisen zu können und darüber hinaus auch weitere Gemeinden aus diesen Wärmequellen zu versorgen“, so Pöter. „Aus den Plänen müssen nun konkrete Projekte werden. Die Nutzung der Tiefen Geothermie sollte, wo es geologisch möglich ist, immer mit in Betracht gezogen werden.“

Bürgerbegehren behindern Projekte

Die überwiegende Mehrheit der Politik auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene, die Wissenschaft sowie die Umwelt- und Naturschutzverbände erkennen den Wert der tiefen Geothermie und ihr hohes Potenzial für den Transformationsprozess am Oberrhein an. Auch bürgerliche Klimaschutzbündnisse, Bürgerenergiegenossenschaften oder Fridays for Future sind für die Nutzung der Technologie. Trotz der großen Zustimmung strengen kleine Bürgerinitiativen jedoch immer wieder Bürgerbegehren an, die zum Beispiel die Bereitstellung von Grundstücken für Geothermie-Projekte durch die Kommunen verhindern sollen. Ein aktuelles Beispiel ist Waghäusel. Endet der Bürgerentscheid mit einem „nein“, droht der Stadt der Verlust von Mitsprache- und Beteiligungsmöglichkeiten. Auch die Region, die die Wärmeplanung bereits weit vorangetrieben hat, könnte auf ihrem Weg zur Dekarbonisierung zurückgeworfen werden.

„Wir spüren deutlich, dass in der Bevölkerung, den kommunalen Gremien und auch bei den Behörden mehr Zustimmung für Erneuerbare-Energien-Projekte gibt. Die Energiekrise hat das Umdenken beschleunigt, das Interesse an den erneuerbaren Energien ist groß“, berichtet Franz Pöter. Er ergänzt: Bei Bürgerentscheiden oder auch bei Informationsveranstaltungen ist es wichtig, dass sich die Befürworter aktiv beteiligen.