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31.01.2023 | Gesundheitswesen und Hygiene, Krankenhaus

Holetschek warnt vor Vernachlässigung der Krankenhäuser auf dem Land durch Berliner Reform

Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek hat die Bundesregierung vor einer Vernachlässigung der Krankenhaus-Versorgung auf dem Land gewarnt. Holetschek sagte am Montag in München nach einer Videoschalte der Gesundheitsministerkonferenz (GMK):

Gesundheitsminister Klaus Holetschek (© Bayerisches Staatsministerium für Gesundheit und Pflege)

„Die Krankenhausreform der Berliner Ampel-Koalition darf nicht zulasten der stationären Versorgung auf dem Land gehen. Für die Bürgerinnen und Bürger ist eine wohnortnahe Krankenhaus-Versorgung ebenso wichtig wie die Qualität und qualifiziertes Personal. Die Krankenhausreform muss einen Dreiklang bilden aus Qualität, Personal und Erreichbarkeit.“

Der Minister fügte hinzu: „Niemandem ist in einem Notfall damit gedient, wenn das nächste Krankenhaus zwar top ausgestattet ist, aber leider 120 Kilometer entfernt.“ Damit wandte sich Holetschek auch gegen Äußerungen des GMK-Vorsitzenden Manne Lucha aus Baden-Württemberg, der die Entfernung der Krankenhäuser zuvor als nebensächlich heruntergespielt hatte.

Holetschek betonte: „Bayern wird nicht zulassen, dass die wohnortnahe Versorgung durch Berliner Pläne untergraben wird. Vielmehr wird Bayern in den kommenden fünf Jahren 100 Millionen Euro investieren, um gezielt Krankenhäuser im ländlichen Raum zu unterstützen. Wir nehmen also 20 Millionen Euro pro Jahr in die Hand, mit denen wir kleineren Häusern in der Fläche helfen, den steigenden Investitions- und Wettbewerbsdruck abzufedern, der auch durch die Berliner Reformpläne befeuert werden dürfte. Ich denke dabei sowohl an bauliche Maßnahmen zur Verbesserung der Notfallversorgung in der Klinik als auch an Investitionen in sektorenübergreifende Angebote.“

BERLIN MUSS PHARMADIALOG WIEDERBELEBEN

Holetschek rief die Bundesregierung in der GMK darüber hinaus zu mehr Dialog über die Arzneimittelversorgung auf. Der Minister betonte: „Bayern fordert die Bundesregierung auf, ihren leider vernachlässigten Pharmadialog wiederzubeleben. Die jüngsten Lieferengpässe bei Fiebersäften für Kinder oder Antibiotika waren mehr als nur ein Warnschuss. Sie haben gezeigt, dass das bestehende System in bestimmten Fällen eine stabile Arzneimittelversorgung nicht immer sicherstellen kann. Um das schnellstmöglich abzustellen, muss der Bundesgesundheitsminister alle Akteure an einen Tisch holen.“

Bayerns Gesundheitsminister kritisierte: „Leider ist es bis jetzt nicht gelungen, einen solchen Dialog wiederzubeleben, weil Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach darin offenbar keinen Sinn sieht, wie heute in der Diskussion deutlich geworden ist. Das bedauere ich zutiefst. Wer nicht offen ist für formalisierten Austausch mit allen beteiligten Akteuren, der muss sich die Frage gefallen lassen, ob er die richtigen Instrumente für die immensen gesundheitspolitischen Herausforderungen der Post-Corona-Zeit in der Hand hält. Wir werden weiter darauf dringen, einen strukturierten Dialog auf Bundesebene zu etablieren, wie wir ihn in Bayern bereits erfolgreich und regelmäßig führen. Wir haben uns in der GMK bereiterklärt, gemeinsam mit anderen Ländern nochmals einen Anlauf für einen neuen Appell aller Länder an den Bund zu nehmen.“

Der Minister erläuterte: „Bayern ist gut damit gefahren, in der aktuellen Krise auf Gespräche und Vernetzung zu setzen. Erst heute Morgen haben wir uns mit Unternehmen und Verbänden zu Krebsmedikamenten ausgetauscht. Wir haben Ende November eine Pharma-Taskforce gegründet, die Vertreter von Ärzten, Apotheken, Pharma-Unternehmen und Großhandel sowie den Krankenkassen versammelt. Gemeinsam haben wir allein vor Weihnachten drei Mal getagt und ein Paket an Sofortmaßnahmen entwickelt, mit denen wir schnell auf die akuten Lieferengpässe reagieren und die Situation punktuell etwas entspannen konnten.“

Die Taskforce hatte sich unter anderem darauf verständigt, dass Ärzte bestimmte Wirkstoffe verschreiben und nicht konkrete Arzneimittel. Das soll den Apotheken die Abgabe von alternativen, auch teureren Arzneimitteln ermöglichen, wenn bestimmte Medikamente nicht verfügbar sind. Die Krankenkassen haben bis zum 25. Januar auf Wirtschaftlichkeits- und Abrechnungsprüfungen bei der Abgabe bestimmter Mittel verzichtet. Die pharmazeutischen Großhändler hatten sich bereiterklärt, vor allem über die Feiertage ein besonderes Augenmerk auf die Belieferung von Notfallapotheken zu legen. Die Überwachungsbehörden hatten vorübergehend die Beprobung von Rezepturen in den Apotheken ausgesetzt.

Holetschek sagte: „Das langfristige Ziel unserer Pharma-Taskforce ist, Vorschläge für eine nachhaltig stabile Arzneimittelversorgung zu machen. Über die Ergebnisse werden wir in unserem bayerischen Pharmagipfel beraten, der für dieses Frühjahr geplant ist. Wir werden unsere Vorschläge aber auch auf Bundesebene einbringen. Ein eigener, breit angelegter Pharmadialog des Bundes wäre dafür das ideale Forum.“

CORONA-TESTVERORDNUNG DES BUNDES

Mit Blick auf die Corona-Pandemie lenkte Holetschek in der GMK zudem den Blick auf die Testverordnung des Bundes. Der Minister betonte: „Jetzt scheint schon festzustehen, dass der Bund die Testverordnung nach dem 28. Februar nicht verlängern wird. Daher muss der Bund jetzt auch klarstellen, wie es mit den bundesrechtlichen Testpflichten zum Beispiel für Besucher von Bewohnern in Alten- und Pflegeheimen weitergeht. Denn wenn keine kostenfreien Tests mehr erhältlich sind, kann es nicht sein, dass ein Besuch nur mit einem nicht mehr kostenfrei erhältlichen Testnachweis möglich ist. Dies ist unbillig und würde in letzter Konsequenz zu faktischen Besuchsverboten führen.“