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02.02.2023 | Stadtplanung, Verkehrsmanagement

Mobilität im Smart City Index 2022: Tiefe Kluft zwischen größeren und kleineren Städten

Nur 11 der 81 deutschen Großstädte (mindestens 100.000 Einwohner:innen) können sich schon heute als „Smart Cities“ bezeichnen, wenn es um ihre Mobilität geht: Sie erreichen mehr als 80 von 100 möglichen Punkten. Das zeigt eine Analyse der Wirtschaftsprüfungs- und Beratungsgesellschaft PwC, die dafür die Zahlen des Bitkom Smart City Index 2022 zum Thema Mobilität ausgewertet hat.

Das Spitzenfeld mit mehr als 90 Punkten belegen vier Städte: München, Berlin und Hamburg auf den Plätzen vier bis zwei – auf dem ersten Rang landet Nürnberg, obwohl die Frankenmetropole mit rund 510.000 Einwohner:innen im Hinblick auf ihre Größe nur Rang 14 belegt.

Insgesamt zeigt sich: Der Nachholbedarf ist bei den kleineren Großstädten deutlich höher als bei Städten mit einer Bevölkerung über 500.00 Menschen. „Um den Rückstand im Mobilitätsbereich aufzuholen, müssen Städte vor allem folgende Maßnahmen ergreifen: Erstens sollten sie die Mobilitätsbedarfe transparent machen und verstehen, um - zweitens - darauf aufbauend bestehende Angebote zu optimieren und nutzergerecht zu verknüpfen. Das ist eine wichtige Voraussetzung für die Transformation zu einer smarten Mobilität“, sagt Maximilian Rohs, Experte im Bereich Infrastructure & Mobility bei PwC Deutschland.

Anwendungsfälle für smartes Parken und Verkehrsmanagement

Eine große und immer weiter steigende Bedeutung kommt im Bereich smarter Mobilität dem Thema intelligenter Parksysteme zu – denn der Parksuchverkehr stellt in allen Städten ein großes Problem dar. Bereits über 60 % der Großstädte haben „Smart-Parking“-Maßnahmen umgesetzt, zumindest in Form von Pilotprojekten. Dazu zählen eine technologiegestützte Parkplatzsuche mit Hilfe von Sensoren, Datenplattformen, vernetzten Displays oder intelligenter Bildererfassung über öffentliche Kameras. Aber auch digitale Reservierungs- sowie Zahlungsprozesse sind Teil des smarten Parkens.

Damit der positive Effekt eines zurückgehenden Parksuchverkehrs aber nicht dazu führt, dass die Pkw-Nutzung attraktiver wird und zusätzlicher Verkehr entsteht, müssen zeitgleich Maßnahmen zur Einschränkung bzw. Steuerung des Pkw-Verkehrs umgesetzt werden. Dazu gehört unter anderem ein smartes Verkehrsmanagement, mit dem die Verantwortlichen steuernd in den Verkehr eingreifen können. In fast 30 % der Städte geschieht dies unter anderem bereits über digitale Verkehrsschilder.

Ein schwieriges Gebiet bleibt bisher allerdings die Letzte-Meile-Logistik. Die Anfahrt beim Transport der Ware zur Tür der Kund:innen beeinträchtigt oft den Verkehrsfluss und treibt die Emissionen nach oben. Fast die Hälfte der Städte reagiert auf dieses Problem bereits mit Mikrodepots – teilweise aber nur im Rahmen von Pilotprojekten. Damit fällt der Reifegrad in diesem Teilbereich vielerorts gering aus, vor allem in Städten mit weniger als 200.000 Menschen.

Multimodale Mobilitätsangebote als Erfolgsfaktor

Die Kluft zwischen Großstädten mit mehr als 500.000 Einwohner:innen und solchen mit weniger als 200.000 zeigt sich auch im Bereich der ÖPNV-Lösungen, Sharing-Angebote und Multimodalität. So werden beispielsweise erst in weniger als 15 % der Städte mit einer Bevölkerung unter 200.000 Ride-Pooling-Angebote (organisierte, flexible Angebote zur gemeinsamen Beförderung von Personen mit ähnlichen Zielen) bereitgestellt. Trotz solcher Unterschiede herrscht bei den grundlegenden Angeboten aber Einigkeit: Der Ticketkauf per App sowie die Bereitstellung von Echtzeitinformationen sind in allen Städten möglich.

Neben dem ÖPNV spielen für die nachhaltige Transformation des Mobilitätsbereichs Sharing-Angebote eine wichtige Rolle. In fast allen Städten ist ein Carsharing-Angebot verfügbar – in den meisten Fällen sogar mit Elektroautos in der Flotte. Während die meisten dazu ergänzend auch E-Tretroller- und Bikesharing anbieten, findet man entsprechende Angebote für E-Roller nur in weniger als der Hälfte der Städte. Insgesamt gilt: "Qualitativ hochwertige Mobilitätsangebote sind die Voraussetzung für einen Umstieg vom motorisierten Individualverkehr und unterstützen damit eine klimagerechte Stadtentwicklung. Besonders gefordert sind deshalb die kommunalen Verkehrsunternehmen. Ihre Aufgabe, aber auch Chance, ist es, sich zu umfassenden Mobilitätsdienstleistern weiterzuentwickeln“, sagt Gabriel Flore, Experte im Bereich Infrastructure & Mobility bei PwC Deutschland.

Smarte Mobilität erfordert enge Zusammenarbeit aller Akteure

Insgesamt zeigt sich, dass in Deutschland noch viel getan werden muss, damit die Städte im Mobilitätsbereich smart und damit klimafreundlich werden. Dass der Wandel des Mobilitätssektors aber auch in kurzer Zeit möglich ist, zeigt Nürnberg, das mit 94,2 von 100 möglichen Punkten den ersten Platz belegt und sich damit innerhalb eines Jahres von Rang sieben an die Spitze in Sachen smarte Mobilität gearbeitet hat. Hier haben sich Angebote wie freies WLAN im ÖPNV oder der Einsatz intelligenter Ampeln ausgezahlt und auch die seit dem Sommer 2021 aktive NürnbergMOBIL-App, die alle Fortbewegungsmöglichkeiten in der Region in einer Anwendung bündelt.

Zusammenfassend bringt Mobilitätsexperte Gabriel Flore es auf diesen Punkt: „Integrierte Mobilitäts- und Digitalisierungsstrategien, die alle relevanten Akteure einbeziehen, bilden die Grundvoraussetzung für eine smarte Mobilität und die digitale Transformation in den Städten. Denn nur ein abgestimmtes und kluges Zusammenspiel in verschiedenen Handlungsfeldern führt zu einer echten Mobilitätswende.“