EMI: Geringerer Kostendruck lässt Zuversicht der deutschen Industrie im Januar wachsen
Auch zu Jahresbeginn litt die deutsche Industrie unter den rückläufigen Auftragseingängen. Das schlug sich in einem weiteren – wenn auch nur mäßigen – Rückgang der Produktion nieder, teilte der US-amerikanische Finanzdienstleister S&P Global mit. Dennoch blickten die Hersteller wieder optimistisch in die Zukunft, wofür vor allem die rasante Abschwächung der Inflation im Einkauf sowie der nachlassende Druck auf die Lieferketten verantwortlich war.
Der saisonbereinigte S&P Global/BME-Einkaufsmanager-Index (EMI) notierte im Januar bei 47,3 Punkten und damit minimal über dem Wert des Vormonats (47,1). Trotz des dritten Anstiegs in Folge blieb der Hauptindex wieder unter der Wachstumsschwelle von 50 Punkten.
„Der EMI-Januar-Wert ist ein Lichtstreif am Horizont. Er macht uns trotz hoher Inflation und anhaltender geopolitischer Risiken Mut, obwohl die Erwartungen der Industrieunternehmen noch deutlich gedämpft sind“, betonte Dr. Helena Melnikov, Hauptgeschäftsführerin des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME), am Montag in Eschborn. Erfreulich sei, dass die Lieferengpässe zuletzt leicht zurückgegangen sind. Zur Entspannung im Verarbeitenden Gewerbe trügen auch die seit vier Monaten sinkenden Einkaufspreise bei.
„Die guten Nachrichten deuten sich an: Der Kostendruck lässt sukzessive nach und die Nachfrage kommt ganz langsam auch wieder in Schwung“, kommentierte Dr. Gertrud R. Traud, Chefvolkswirtin der Helaba Landesbank Hessen-Thüringen, am Montag auf BME-Anfrage die aktuellen EMI-Daten. Im Laufe dieses Jahres sei mit einer Konjunkturerholung zu rechnen. „Die Aktienmärkte haben dies bereits in den ersten Wochen des Jahres antizipiert“, fügte die Helaba-Bankdirektorin in ihrem Statement für den BME hinzu.
„Die Stimmung unter den Einkäufern ist zwar angestiegen, aber sie verweist weiterhin auf eine schwache wirtschaftliche Entwicklung. Trotzdem scheint die Stimmung in der deutschen Wirtschaft die Talsohle durchschritten zu haben“, sagte Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank, am Montag dem BME.
Zur jüngsten Entwicklung des EMI-Teilindex Einkaufspreise gab Dennis Rheinsberg, Direktor - Energy & Industrials der IKB Deutsche Industriebank AG, am Montag dem BME folgende Einschätzung: „Im Gegensatz zur Entwicklung der Einkaufspreise zogen die Preise wichtiger Industriemetalle im Januar bereits wieder an. Überwiegend niedrige Lagerbestände an den Börsen und ein verbesserter Konjunkturausblick sprechen für weiter moderat steigende Notierungen. Entlastend wirken weiterhin die auch im Januar gesunkenen Gas- und Strompreise, wenngleich die Effekte bei vielen Verbrauchern aufgrund fester Lieferverträge nur zeitverzögert ankommen dürften.“
Die Entwicklung der EMI-Teilindizes im Überblick:
Produktion: Auch zu Beginn des neuen Jahres ging die Industrieproduktion leicht zurück. Dies signalisiert der saisonbereinigte Teilindex, der gegenüber Dezember unverändert blieb und damit abermals knapp unter der Referenzlinie von 50,0 Punkten notierte. Am stärksten wurde die Fertigung im Vorleistungsgüterbereich gedrosselt, wo es zahlreiche Berichte über eine anhaltend schwache Nachfrage gab.
Auftragseingang: Der seit April 2022 anhaltende Rückgang der Neuaufträge setzte sich auch im Januar fort. Die Umfrageteilnehmer zählten eine Reihe von Faktoren auf, die zum erneuten Minus beitrugen, darunter hohe Lagerbestände bei den Kunden, exorbitante Preise und ein erhöhtes Maß an Unsicherheit hinsichtlich der wirtschaftlichen und geopolitischen Entwicklungen. Obwohl sich die Schrumpfungsrate den dritten Monat in Folge und auf den besten Wert seit Mai vergangenen Jahres verbesserte, fiel sie kräftig und deutlich stärker aus als die der Produktion.
Auftragseingang Export: Beim Auslandsgeschäft wurden ebenfalls wieder Einbußen verzeichnet, was in vielen Fällen der rückläufigen Nachfrage aus China zugeschrieben wurde. Die Kontraktionsrate entfernte sich zwar weiter vom Tiefpunkt im Oktober 2022 auf den höchsten Wert seit einem halben Jahr, blieb aber im historischen Vergleich immer noch kräftig.
Geschäftsaussichten: Erstmals seit Beginn des Krieges in der Ukraine fielen die Geschäftsaussichten in der Industrie wieder optimistisch aus. Damit hat sich die Stimmung seit dem Tief von Oktober 2022, als die Ängste und Sorgen über eine mögliche Energiekrise ihren Höhepunkt erreichten, bemerkenswert schnell aufgehellt. Dennoch, von der großen Zuversicht, die bis kurz vor Beginn der russischen Invasion gemessen wurde, sind wir noch weit entfernt. Denn viele Unternehmen haben nach wie vor Bedenken angesichts der hohen Inflation und der enttäuschenden Investitionsbereitschaft.
Beschäftigung: Viele Hersteller setzten ihre Bemühungen, offene Stellen zu besetzen und die Produktionskapazitäten zu erhöhen, auch zu Beginn des neuen Jahres fort. Vor allem im Investitionsgüterbereich wurde zusätzliches Personal eingestellt. Allerdings schwächte sich das Tempo zum siebenten Mal in den vergangenen acht Monaten ab, sodass das Wachstum insgesamt moderat und so geringfügig wie seit fast zwei Jahren nicht mehr war.
Einkaufspreise: Bei den Einkaufspreisen setzte sich auch im Januar die Talfahrt fort. Nach der vierten Abschwächung in Folge fiel die Inflationsrate auf den niedrigsten Stand seit Oktober 2020 und lag damit sogar unter dem Durchschnittswert, der bis zum Beginn der Pandemie gemessen wurde. Laut Umfrageteilnehmern ist dafür in erster Linie die Abkühlung der weltweiten Nachfrage sowie die Verbilligung einiger Rohstoffe – allen voran Stahl – verantwortlich.
Verkaufspreise: Die Verkaufspreise entwickelten sich entgegen dem Trend bei den Kosten und wurden kräftiger angehoben als im Vormonat. Obwohl sie immer noch zu den langsamsten gehörte, blieb die Teuerungsrate hoch und stärker als jemals zuvor in der Geschichte dieser Datenreihe vor April 2021. Am deutlichsten fiel der Anstieg im Investitionsgüterbereich aus.