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26.01.2022 | Verkehrsmanagement

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Social Mobility - Im „Schwarm“ den Verkehr umweltfreundlich gestalten

Um den Klimawandel aufzuhalten, bedarf es auch einer Verkehrswende: Anstatt dass sich Pendler morgens zu den Stoßzeiten in ihr eigenes Auto setzen, gilt es vielmehr, auf andere Verkehrsmittel oder Mitfahrgelegenheiten umzusteigen und somit den Verkehr zu reduzieren und zu entzerren. Jedoch ist es schwierig, Menschen zum Umdenken bei ihren Mobilitätsgewohnheiten zu bewegen.

Dazu ist - zusätzlich zu speziellen Anreizen - eine auf die jeweilige Zielgruppe abgestimmte Strategie vonnöten. Mit guten Mobilitäts-Apps, die für verschiedene Nutzer:innen ideale und umweltfreundliche Fahrtzeiten, Routen und Verkehrsmittel vorschlagen, lässt sich das Verhalten nachhaltig und im Sinne des Allgemeinwohls gestalten.

Das neue Schlagwort, unter das sich die Mobilitätsplattform highQ MobilitySuite mit ihrem Mobilitätslotsen, der mytraQ App, gestellt hat, heißt Social Mobility.

Diese Art der gemeinwohlkonformen Mobilität soll Verkehrsteilnehmer:innen motivieren, ihr Mobilitätsverhalten zum Nutzen des Gemeinwohls und der Umwelt zu verändern. Denn die Verkehrswende kann nicht nur durch ein paar Individuen umgesetzt werden, sondern es ist wichtig, dass die Gemeinschaft mitzieht und die Ziele Verkehrswende und Klimaschutz als Schwarm verfolgt. Dafür ist ein Umdenken notwendig: Für den Einzelnen mag der Weg zur Arbeit mit dem Auto zwar der bequemste sein. Doch wenn jeder allein mit seinem Auto fährt, ist das Verkehrsaufkommen und damit die Feinstaub- und Lärmbelastung oft messbar zu hoch. Im Interesse des Gemeinwohls ist es daher, den Verkehr umzulenken und zeitlich sowie durch unterschiedliche Verkehrsmittel zu entzerren – Ziel ist es, Einzelne dafür zu motivieren, in Fahrgemeinschaften oder mit alternativen Angeboten wie etwa dem Bus oder dem Fahrrad den Fahrtweg zurückzulegen.  

Nachhaltige Alternativen schaffen und Gewohnheiten ändern

Der Mensch und seine Gewohnheiten sind deshalb die größten Hürden, die Mobilitäts-Apps zu nehmen haben. Daher ist es wichtig, mit einer durchdachten Lösung gezielt Anreize zu schaffen. Belohnen statt Bestrafen lautet die Prämisse, mit der Nutzer:innen zum Umdenken und Umsteigen motiviert werden können. Die Softwarelösung kann dann von Kommunen, Verkehrsverbünden oder Unternehmen genutzt werden, um ihre Einwohner:innen, Fahrgäste oder Mitarbeiter:innen gezielt anzusprechen und vorhandene Mobilitätsprobleme zu lösen.

Eine spezifische Ansprache ist deshalb so wichtig, weil die einzelnen Gruppen verschiedene Interessen haben und auch ihr Verkehrsverhalten sich unterscheidet. Wer in der Stadt lebt und arbeitet, hat andere Mobilitätsmöglichkeiten als die Landbevölkerung, die oftmals weitere Wege zurücklegen muss und schlechter an den öffentlichen Personennahverkehr (ÖPV) angebunden ist. Für diese Gruppe gilt es, DAP-Angebote (Delivered At Place) bereitzustellen, also zum Beispiel Mitfahrgelegenheiten, Carsharing oder Taxis. Das Auto ist aus diesem Grund in Lösungen, die die Mobilität steuern sollen, als gleichberechtigtes Verkehrsmittel einzubinden. Gleichzeitig gilt es, den motorisierten Individualverkehr zu reduzieren, um dem Gemeinwohl zu entsprechen.  

Ideale Routen, Verkehrsmittel und Fahrzeiten

Wer einen weiten Weg zur Arbeit hat, kann mitunter nicht darauf verzichten, für den Weg das Auto zu nutzen – doch muss es ja nicht immer das eigene sein. Unternehmen, die außerhalb in schlecht an den ÖPV angebundenen Gewerbegebieten liegen, können ihre Angestellten durch Anreize dazu motivieren, Fahrgemeinschaften zu bilden: Wer Mitfahrgelegenheiten schafft, bekommt im Gegenzug einen Parkplatz in der ersten Reihe. Auch kann sich das Mobilitätsverhalten zeitlich steuern lassen: Abteilung A beginnt um 7:30 Uhr, Abteilung B um 8 Uhr, Abteilung C um 8:30 Uhr. So lassen sich Staus reduzieren oder gar ganz vermeiden.

Ebenso können sich Fahrradfahrer auf für sie optimalen Routen navigieren lassen – nicht mitten durch den Autoverkehr, sondern auf sicheren Radwegen. Und auch für Pendler, die mit Bus und Bahn unterwegs sind, schlagen gemeinwohlorientierte Mobilitäts-Apps ideale Fahrtzeiten vor – zum Beispiel nicht zeitgleich mit den Schülern, um die Busse nicht noch zusätzlich zu füllen.

Idealerweise sind solche Verkehrs-Apps offen, also mit standardisierten Schnittstellen, ausgestaltet. Dann können nämlich Angebote externer Partner angebunden werden: ÖPV, Carsharing, Fahrradverleih, Taxi, Parkhaus. Beinhaltet die Lösung eine Messengerfunktion, können sich einzelne Nutzer:innen auch zu Mitfahrgelegenheiten verabreden. Möchte jemand von A nach B, schlägt die App dann die ideale und umweltfreundlichste Route vor und kombiniert gegebenenfalls verschiedene Verkehrsmittel miteinander. Der gesamte Buchungs- und Bezahlvorgang lässt sich ebenfalls direkt über die App abwickeln: Im Bus, Parkhaus, Taxi oder an der Radstation checkt der User mit dem Smartphone ein und wieder aus und muss darüber hinaus nicht mit der App interagieren. Am Ende der Fahrt berechnet die App dann den besten Preis. Je nach Ausgestaltung erfolgt die Bezahlung per Paypal, per Rechnung am Monatsende oder per Abzug vom aufgeladenen Guthaben.  

Verschiedene Anreize für den Umstieg

Der Parkplatz in der ersten Reihe für Mitfahrgelegenheiten ist aber nur einer von denkbar vielen Anreizen, die Unternehmen oder Kommunen den App-Nutzern bieten können. Eine hochwertige Lösung kann mit sogenannten Zeitmeilen arbeiten, die die User sammeln, wenn sie die vorgeschlagenen Routen und Verkehrsmittel nutzen. Sie erhalten dann Punkte, die sie gegen Prämien einlösen können. Möglich ist aber auch, das Mobilitätsverhalten über gesellschaftliche Anerkennung zu steuern und zum Beispiel die Mitarbeitenden mit dem geringsten CO2-Fußabdruck im Verkehr zum Mitarbeiter oder zur Mitarbeiterin des Monats zu küren. Auch Gesundheitsprämien eignen sich, wie zum Beispiel Fitnessgutscheine für diejenigen, die besonders viel zu Fuß oder mit dem Fahrrad unterwegs waren. Eine andere Möglichkeit ist, dass diejenigen, die eine gewisse Punktzahl durch die Nutzung von ÖPV gesammelt haben, diese gegen Freifahrtscheine eintauschen können. Denkbar ist auch, Prämien für ganze Abteilungen zur Verfügung zu stellen: Das Team mit den meisten auf dem Fahrrad zurückgelegten Kilometern erhält dann beispielsweise eine neue Kaffeemaschine.

Bei solchen Anreizen schwingen auch immer der Spaßfaktor und der Wettbewerb mit: Sich mit anderen zu messen, steigert oftmals die eigene Motivation und kann schon Anreiz genug sein, beim Umstieg auf umweltfreundliche Mobilität mitzumachen. Wenn die Nutzer zum Beispiel digital Blätter sammeln können, die sie in der App an einen Baum hängen, kann die Kommune dann, wenn er voll ist, tatsächlich einen Baum pflanzen.

Challenge und Gamification lassen sich gut in einem Dashboard vereinen, das den einzelnen Nutzern zum Beispiel anzeigt, wie viele Kilometer sie mit welchem Verkehrsmittel zurückgelegt haben. Falls sie auf das Fahrrad umgestiegen sind, kann gemessen werden, wie viele Kalorien sie dabei verbrannt haben und wie gut sie im Vergleich zu anderen dastehen. Solche Dashboards sind auch für ganze Unternehmen oder Kommunen denkbar und können im Internet veröffentlicht oder im Foyer platziert werden. Je nach Zielgruppe können sie nüchtern gestaltet sein und die reinen Fakten anzeigen. Möglich wäre aber auch, die verbrannten Kalorien in Eiskugeln umzurechnen, um den Spaßfaktor nochmals zu erhöhen.  

DSGVO und GAIA-X bieten Sicherheit im Umgang mit Daten

Für die Akzeptanz bei den Nutzern und auch bei den Partnern, die in die Mobilitäts-App eingebunden werden sollen, ist der Datenschutz ein wichtiges Kriterium. DSGVO-Konformität (Datenschutz-Grundverordnung) und die technische Ausrichtung an den Grundlinien des europäischen Projekts GAIA-X bieten hier Sicherheit. Daten müssen zwar erhoben werden, sollten aber auf das Notwendigste reduziert werden. Ob der User die vorgeschlagenen Routen und Verkehrsmittel nutzt, lässt sich wahrscheinlichkeitsbasiert ermitteln und muss nicht speziell auf den Einzelnen gemünzt werden. Der genaue Standort und die Identität sind für die Ermittlung also irrelevant. Vielmehr sollte die App anhand von Wahrscheinlichkeiten feststellen können, ob der User den Vorschlägen folgt: Anhand der Bewegungsgeschwindigkeit und des ungefähren Standorts ist dann ersichtlich, ob der anonyme Nutzer zu Fuß geht, Fahrrad fährt oder im Bus sitzt.

Welche persönlichen Daten Nutzer teilen, ist ihnen selbst überlassen. Für Mitfahrgelegenheiten ist es mitunter sinnvoll, zumindest das Geschlecht und Alter preiszugeben, um passende Mitfahrer:innen zu finden. Alle Daten sollten aber lokal auf dem Endgerät des Nutzers und nicht im Hintergrundsystem gespeichert werden. 

Fazit

Soll die Verkehrswende gelingen, ist es wichtig, dass die ganze Gemeinschaft mitzieht. Mobilitäts-Apps wie mytraQ können einen wertvollen Beitrag leisten, um das Mobilitätsverhalten Einzelner und ganzer Gruppen gezielt zu steuern. Für die Umsetzung der Verkehrswende ist es dabei wichtig, dass die Lösung gemeinwohlkonform ist: Nicht der optimale Weg für den einzelnen Nutzer steht im Fokus, sondern die Auswirkungen seiner Verkehrsteilnahme für die ganze Gemeinschaft. Social Mobility verlangt daher, mitunter die eigenen Interessen denen des Schwarms unterzuordnen. Letztlich profitieren dann aber wieder alle von weniger Stau, Lärm und Feinstaub.