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06.12.2022 | Energie

Anhörung zu Energiepreisbremsen-Gesetzentwürfen: Verbesserungsbedarf in mehreren Punkten

Anlässlich zweier Anhörungstermine im Ausschuss Klimaschutz und Energie des Deutschen Bundestags zu den Gesetzentwürfen der Bundesregierung zur Gas-, Wärme- und Strompreisbremse sagt Ingbert Liebing, Hauptgeschäftsführer des Verbands kommunaler Unternehmen (VKU), der als Experte in die Ausschussanhörungen eingeladen war:

Grafik: VKU

„Stadtwerke und kommunale Energieversorger unterstützen die Bemühungen um eine schnell wirksame finanzielle Entlastung der Kundinnen und Kunden angesichts stark gestiegener Energiekosten bei Gas, Wärme und Strom. Mit Blick auf den Erfolg der Entlastungspakete gibt es in mehreren Punkten der bisherigen Gesetzentwürfe aber deutlichen Verbesserungsbedarf: 

Vermiedene Netznutzungsentgelte beibehalten

Die aktuell noch vorgesehene komplette Abschaffung der Entgelte für dezentrale Energieerzeugung und -einspeisung, die so genannten vermiedenen Netznutzungsentgelte (vNNE) ist ein eklatanter Vertrauensbruch und gefährdet Investitionen in Energiewende-Projekte. Fällt dieser Erlösbestandteil weg, gerät die Wirtschaftlichkeit zahlreicher dezentraler KWK-Anlagen ins Wanken. Verlässliche Rahmenbedingungen sind das Fundament, auf dem künftige Entscheidungen für Investitionen in den notwendigen Zubau von H2-ready KWK-Anlagen und den Ausbau der Wärmenetze gebaut werden müssen.

Das Argument einer relevanten Entlastung der Verbraucher ist dagegen Augenwischerei und führt in die Irre: Für die Verbraucher insgesamt ist die Entlastung marginal, für die Betreiber der Schaden dagegen immens. Zusammen mit ihren örtlichen Kunden werden sie durch höhere Betriebskosten belastet. Die bislang vermiedenen Netznutzungsentgelte fallen dafür teilweise an anderer Stelle trotzdem an und mindern damit sogar den angeblichen Entlastungseffekt für alle. 

Ausnahmen bei Erlösabschöpfung berücksichtigen

Das Konzept, nicht Gewinne, sondern Erlöse, und dann noch meist fiktive statt reale Erlöse, abzuschöpfen, ist ein Irrweg. Wir fordern, eine Reihe von Technologien, die von extremen Kostensteigerungen betroffen sind, von der Erlösabschöpfung komplett auszunehmen: Dazu zählt die Verstromung von Biomasse, Altholz, Abfall, Klärschlamm beziehungsweise Klärgas, Grubengas und veredelten Braunkohle-Produkten. Dies gilt insbesondere, wenn es sich um KWK-Anlagen handelt. 

Betreiber solcher Anlagen müssen aufgrund von zu niedrig angesetzten Referenzkosten und Sicherheitszuschlägen selbst dann eine Abschöpfung befürchten, wenn gar keine außergewöhnlich hohen Gewinne entstehen. Um das Investitionsklima nicht weiter zu strapazieren, ist eine strikte Befristung für die Erlösabschöpfung notwendig. 

Informationsfristen für Preisbremsen vereinheitlichen

Im Zusammenhang mit der individuellen Information der Kundinnen und Kunden zu den Energiepreisbremsen fordert der VKU eine einheitliche Frist bis zum 1. März 2023 vorzusehen. Eine korrekte Umsetzung der Entlastung ist wichtiger als eine frühe Information. Gleiches gilt für die Fixierung der Grundpreise, bei denen bereits vollzogene Erhöhungen Bestandschutz brauchen. Eine Rückabwicklung hat mit Missbrauchsverhinderung nichts zu tun und löst nur unvertretbaren Aufwand aus. Zumindest aber sollten einheitlich alle Bestandsverträge vor dem 25. November 2022 nicht berührt sein. 

Bürokratie durch Obergrenzen für abweichende Entlastungsregelungen vermeiden

Obergrenzen und Antragsverfahren für abweichende Entlastungsregelungen sollten unbedingt vermieden werden. Sie beinhalten jeweils neue Geschäftsprozesse, die zusätzlich organisiert werden müssen. Auch die Überlegung, soziale Differenzierungsdaten bei den Versorgern vorzuhalten, ist nicht praktikabel und würden den Prozess gefährden. Zeitplan und Differenzierung der Regelungen sind bereits jetzt sehr anspruchsvoll. Weitere Vorgaben erhöhen den Aufwand und die Fehleranfälligkeit und gefährden den vorgesehenen Zeitplan. 

Auch tragen wir Abwendungsvereinbarungen mit, um Versorgungsunterbrechungen aufgrund von Zahlungsrückständen zu vermeiden. Allerdings halten wir dazu einheitliche Regelungen in den verschiedenen energierechtlichen Bestimmungen für notwendig. Im Übrigen warnen wir eindringlich vor erneuten Sperrmoratorien. Sie sind unsozial, weil sie betroffene Haushalte in die Überschuldung stürzen. Genau das wird mit den Vereinbarungen vermieden. Außerdem sollten die auch von der Gaskommission geforderten Direktzahlungen zur Unterstützung privater Haushalte endlich in Angriff genommen werden. 

Regeln gegen Missbrauch der Preisbremsen sind ausreichend

Die Regelungen der Energiepreisbremsen gegen Missbrauch sind sehr streng und gehen über die bisherige kartellrechtliche Kontrolle hinaus. Sie sind ausreichend und zielführend. Angesichts der dafür aufgewandten Steuermilliarden ist das nachvollziehbar. Auch wir haben ein Interesse daran, dass schwarze Schafe Lage und Gesetze nicht ausnutzen. Für pauschale Vorwürfe an die Versorger, sie würden „Abzocke“ betreiben, gibt es aber keinen Grund. Sie leisten im Moment Unglaubliches, um politische Beschlüsse und Gesetze binnen kürzester Frist umzusetzen.