Public Manager
07.09.2021 | Stadtplanung

Fachkräftemangel gefährdet kommunale Handlungsfähigkeit

Netzwerk Junge Bürgermeister*innen fordert: Ausbildungs- und Studierendenzahlen deutlich erhöhen

In den deutschen Städten und Gemeinden bleiben immer mehr Stellen unbesetzt, die Funktionsfähigkeit unserer Kommunen ist gefährdet. Darauf weist das parteiübergreifende Netzwerk Junge Bürgermeister*innen hin. So fordert der Sprecher des Netzwerks, Heidenheims Oberbürgermeister Michael Salomo in der aktuellen Ausgabe von WirKommunalen, dem Magazin der Jungen Bürgermeister*innen, eine signifikante Erhöhung der Ausbildungs- und Studierendenzahlen in den relevanten Berufsgruppen, vornehmlich in den relevanten Studiengängen Public Management und Digitales Verwaltungsmanagement.

Infokampagne Staatstragend

Zudem muss der öffentliche Dienst deutlich attraktiver gemacht werden, um junge Menschen zu gewinnen und zu binden. „Eine Kariere im öffentlichen Dienst darf nicht nur mit dem Argument eines ‚sicheren Arbeitsplatzes‘ beworben werden.“ so Salomo. Eine Möglichkeit sei eine breitangelegte Infokampagne der zuständigen Innenministerien. „Sei staatstragend! – ist eine mögliche Überschrift“ schlägt Henning Witzel vor, der das Hautstadtbüros der Jungen Bürgermeister*innen leitet. Junge Bürgermeisterinnen und Bürgermeister können hier Vorbilder, Wegbereiter und Mutmacher sein. „Ich bin sicher, dass wir einige jungen Rathauschef*innen finden, die bereit sind bei einer solchen Kampagne mitzuarbeiten“ so Witzel weiter.

Keine Entspannung erkennbar

Ergebnis einer Online Diskussion des Netzwerks zum Thema Fachkräftemangel am 1. September war: Die Situation ist landauf und landab ähnlich, bis hinein in die kleineren Kommunalverwaltungen. So berichtet Matthias Beer, Bürgermeister der Marktgemeinde Beratzhausen in Bayern, dass er kurzfristig vier von dreizehn Planstellen in seiner Verwaltung neu besetzen muss. Bürgermeisterin Petra Beckmann-Frelock aus Arpensen (Niedersachsen) bekräftigt den Fachkräftemangel, der alle Kommunen in ihrem Landkreis betrifft. Toni Köppen, Bürgermeister in Bad Segeberg ergänzt „Aktuell liegt die Problematik vor allem im Bereich Tiefbau, Hochbau aber auch bei Pädagogen“. Und stellt weiter fest: „Momentan ist keine Entspannung erkennbar.“ Viele Kommunen müssen auf Quereinsteiger zurückgreifen, um Stellen überhaupt besetzen zu können, berichtet Bürgermeister Volker Weber aus dem saarländischen Marpingen. Um Mitarbeiter neu gewinnen zu können, müssen Kommunen auch neue Wege gehen. „Dies erfordert in der Privatwirtschaft längst etablierte Angebote, z. B. im Gesundheitsmanagement oder digitalen Arbeiten“, betont Martin Aßmuth, Bürgermeister aus dem badischen Hofstetten, der vor seiner Karriere als Bürgermeister lange in leitender Funktion im Personalmanagement gearbeitet hat.

Damit Verwaltung, egal ob auf kommunaler, Landes- oder Bundesebene, gut und vor allem zum Wohle unserer Mitmenschen funktionieren kann, ist eine angemessene Personalausstattung unabdingbar. Verwaltungsverfahren werden überdies zunehmend komplexer und langwieriger. Hierfür werden kompetente und qualifizierte Mitarbeitende benötigt, die in wenigen Jahren nicht mehr vorhanden sind, bzw. erst ausgebildet werden müssen.

Die Wirtschaftsberatung PWC geht in ihrem Whitepaper für den öffentlichen Sektor von 816.000 fehlenden Stellen bis 2030 aus, jede neunte Stelle soll dauerhaft nicht besetzt werden können. Verwaltungsfachkräfte oder ähnliche Fachkräfte werden mit einem Engpass von 231.000 Personen die größte Gruppe darstellen. McKinsey rechnet in einer Studie mit einer Personallücke von über 730.000. In den kommenden neun Jahren wird mehr als jeder dritte Beschäftigte im öffentlichen Dienst in den Ruhestand gehen. 400.000 Beschäftigte fehlen auf der mittleren Führungsebene.

Forderungen des Netzwerks an die nächste Bundesregierung“, Michael Salomo, OB Heidenheim: WirKommunalen 2/2021 Seite 8-9 

„Recruting im ÖD“, Martin Aßmuth, Bürgermeister Hofstetten, WirKommunalen 2/2021 Seite 22-23

WirKommunalen 2/2021 erscheint am 13. September 2021.

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