Public Manager
20.11.2021 | Digitalisierung, E-Government

Kein Spitzenreiter in Sicht – Digitalisierung der Verwaltung bundesweit noch ausbaufähig

Ob bei der Anmeldung einer Wohnung, eines Gewerbes oder einer Geburtsurkunde – Bürger müssen in der Regel bei jedem Behördengang lange Wartezeiten einplanen und das oft nur, um einen Antrag abzugeben. Dabei könnte dies wesentlich schneller und bequemer gehen, wenn Bürger Anträge digital einreichen könnten.

Viele Ämter und Behörden in ganz Deutschland sind noch nicht so weit, selbst eine Online-Terminvorgabe ist eher die Ausnahme. Entsprechend hoch ist der Nachholbedarf: 58 Prozent der befragten Bürger in einer aktuellen Citrix-Studie wünschen sich mehr digitalen Services von staatlichen Einrichtungen. Dabei scheint der Wohnort eine entscheidende Rolle zu spielen, denn ein genauerer Blick auf die Ergebnisse der Studie offenbart, dass es zwischen den einzelnen Bundesländern durchaus Unterschiede gibt. Michael Hlevnjak, Director Public Sector Germany von Citrix, hat sich die Zahlen genauer angeschaut.

Mehr als zwei Drittel der Bürger wünschen sich eine Möglichkeit, Anträge digital einzureichen (68 Prozent) und Termine online vereinbaren zu können (67 Prozent) – also Vorgänge, die heute in vielen Lebensbereichen üblich sind. Dennoch haben deutsche Behörden und Ämter landesweit noch immer oft Optimierungspotenzial bei der Einführung.

Verbesserungsbedarf im Osten wie im Westen

Die Anforderungen, die Befragten an Behörden, mit denen sie in Berührung kommen, stellen sind hoch: Nur jeder Zehnte (8 Prozent) findet, dass sie digital gut aufgestellt sind. In den drei Ländern Brandenburg, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen-Anhalt beträgt dieser Wert sogar nur 3 Prozent. Immerhin attestiert die Mehrheit in den meisten Bundesländern den Ämtern zumindest teilweise einen ausreichenden Digitalisierungsgrad. Es gibt dabei jedoch drei Ausnahmen: In Brandenburg (44 Prozent), Nordrhein-Westfalen (40 Prozent) und Berlin (42 Prozent) erreicht stattdessen die Antwortmöglichkeit „nein“ jeweils den höchsten Wert.

Ein vergleichsweise hohes Maß an Zufriedenheit mit dem derzeitigen Digitalisierungsgrad zeigen die Saarländer: Jeder fünfte von ihnen (21 Prozent) findet, dass Behörden digital gut aufgestellt sind und sogar 30 Prozent erwarten von staatlicher Seite genau den derzeit gebotenen Umfang an digitalen Services. Ganz anders sieht dies in Rheinland-Pfalz, Thüringen und Mecklenburg-Vorpommern aus. Hier wünschen sich jeweils etwa zwei Drittel der Befragten (63, 66 und 67 Prozent) ein besseres Angebot digitaler Dienstleistungen. Auch in allen weiteren Bundesländern bestätigen jeweils mindestens die Hälfte der Befragten diesen Wunsch, einzig Sachsen-Anhalt liegt mit 47 Prozent leicht darunter.

Die Länder haben umfassende Investitionen getätigt

Der Wunsch der Bürger nach mehr digitalen Services und gesetzliche Vorgaben wie das Onlinezugangsgesetz sind Antrieb für die Verantwortlichen, das Thema E-Government voranzubringen. Das Landratsamt Rastatt in Baden-Württemberg setzt deshalb beispielsweise bereits seit einiger Zeit auf Citrix-Lösungen, um ein nahezu papierloses Arbeiten sicher und unabhängig von Standort und Endgerät zu ermöglichen. Damit haben die Mitarbeiter jederzeit Zugriff auf alle benötigten Informationen, können dadurch Anträge schneller bearbeiten und den Kundeservice verbessern. Gleichzeitig hat die IT-Abteilung einen vollständigen Überblick über die Performance und Verfügbarkeit der gesamten digitalen Arbeitsumgebung.

Vielerorts wurde in den letzten zwölf Monaten vor allem investiert, um das Tagesgeschäft trotz COVID-19-Pandemie aufrecht zu halten. Dies war insbesondere in den westdeutschen Bundesländern der Fall, neben Rheinland-Pfalz (57 Prozent) auch in Baden-Württemberg (40 Prozent), Nordrhein-Westfalen (42 Prozent) und Bremen (44 Prozent). Im Fokus standen dabei insgesamt besonders Hard- und Software für remote Work, genau wie der Ausbau der IT-Infrastruktur.

Engagement bei der digitalen Transformation konstant weiterführen

Hochspannend ist auch der Blick darauf, wer die IT-Entscheidungen in deutschen Behörden und Ämtern trifft. So liegt die Entscheidungsgewalt in Brandenburg und Thüringen überdurchschnittlich oft (18 gegenüber 8 Prozent insgesamt) einzig bei der IT-Abteilung. In anderen Bundesländern zeichnet sich jedoch ein gegenteiliges Bild ab: Unter den befragten IT-Entscheidern gibt mehr als jeder Zehnte in Hessen, Rheinland-Pfalz (beide 13 Prozent) und Schleswig-Holstein (14 Prozent) an, dass die IT-Abteilung nicht einmal konsultiert wird.

Damit Verantwortliche die digitale Transformation weiter beschleunigen können, brauchen sie unbedingt die Expertise aus ihren IT-Abteilungen. Andernfalls kann es passieren, dass Investitionen sich nicht auszahlen, Lösungen eingekauft und implementiert werden, die den Bedürfnissen der Mitarbeiter nicht ganz entsprechen, und die Unzufriedenheit der Bürger bestehen bleibt. Wenn Verantwortliche ihre IT mit einbeziehen und die Wünsche der Bürger sukzessive abarbeiten, steht der Digitalisierung des öffentlichen Sektors nichts im Wege.