Homeoffice-Pflicht widerspricht der betrieblichen Realität
In der Diskussion um eine Homeoffice-Pflicht und ein stärkeres Herunterfahren der Wirtschaft in der aktuellen Corona-Krise hat der TÜV-Verband auf die strengen Vorgaben zum Infektionsschutz für Arbeitgeber hingewiesen.
„Unternehmen und andere Arbeitgeber sollten ihren Beschäftigten Homeoffice ermöglichen, wenn es ihre berufliche Tätigkeit zulässt“, sagte Dr. Joachim Bühler, Geschäftsführer des TÜV-Verbands (VdTÜV). Eine Pflicht zum Homeoffice sei aber nicht sinnvoll. Bühler: „Eine Homeoffice-Pflicht sollte nur das allerletzte Mittel sein. Vorher sollten sämtliche Maßnahmen ausgeschöpft werden, um das Risiko von Neuinfektionen am Arbeitsplatz zu senken.“ Der geltende Arbeitsschutzstandard habe sich als wirksames Instrument bei der Bekämpfung der Pandemie erwiesen. Zusätzliche Maßnahmen zu Abstandsregeln und Hygiene bei der Belüftung und Klimatisierung von Räumen und der Einsatz mobiler Luftreiniger könnten das Schutzniveau erhöhen.
„Arbeitgeber sollten sich strikt an die Corona-Arbeitsschutzstandards halten und streng auf deren Einhaltung achten“, sagte Bühler. „Bei der professionellen Umsetzung der Maßnahmen in der Praxis kann externes Fachpersonal für Arbeits- und Gesundheitsschutz wichtige Hilfestellung leisten.“ Sei das gewährleistet, sollte ein eingeschränkter Arbeitsbetrieb möglich sein. Bühler: „Viele Tätigkeiten können nur vor Ort ausgeführt werden, zum Beispiel in der Produktion oder weil Beschäftigten im Homeoffice der Zugang zu bestimmten Unterlagen oder IT-Anwendungen fehlt. Und wer mit dem Auto, Fahrrad oder zu Fuß zur Arbeit geht und dort in einem Einzelbüro sitzt, sollte die Möglichkeit dazu haben.“
Grundlage für den Infektionsschutz in Betrieben ist der Sars-Cov-2-Arbeitsschutzstandard des Bundesarbeitsministeriums, der durch eine kürzlich aktualisierte Arbeitsschutzregel konkretisiert wird. Sie enthält umfangreiche Vorgaben für Hygienemaßnahmen, Abstandregeln und technische Einrichtungen. Darüber hinaus berücksichtigt sie konkrete betriebliche Abläufe wie beispielsweise Meetings, Dienstreisen oder Pausengestaltung. „Bei der Umsetzung des Infektionsschutzes sind die Unternehmen nicht auf sich allein gestellt“, sagte Bühler. Der Arbeitsschutzstandard sehe vor, dass sich Arbeitgeber von ihren Betriebsärzt:innen und Fachleuten für Arbeitssicherheit beraten lassen. Darüber hinaus können sie externe Unterstützung in Anspruch nehmen. Expert:innen für Arbeits- und Gesundheitsschutz von Prüforganisationen wie dem TÜV begleiten Arbeitgeber bei der Umsetzung und arbeiten alle wichtigen Punkte anhand einer Checkliste ab. Grundlage ist ein eigenes VdTÜV-Merkblatt, das praktische Hinweise für die Durchführung liefert. Bühler: „Unternehmen sollten ihre Maßnahmen für den Infektionsschutz regelmäßig überprüfen und bei Bedarf Verbesserungen einführen.“
Die Arbeitsschutzregel wurde zuletzt im Dezember 2020 aktualisiert. Schwerpunkt der Neuerungen ist die Lüftung und Klimatisierung von Räumen, die starken Einfluss auf die Konzentration und Verbreitung von Covid-19-Aerosolen in der Raumluft hat. So sind Empfehlungen enthalten, wie Betriebe die CO2-Konzentration in der Raumluft messen und anhand der gemessenen Konzentration die Lüftungshäufigkeit ermitteln können. Lüftungs- und Klimaanlagen sollten möglichst viel Frischluft zuführen und nicht im Umluftbetrieb arbeiten, weil dann die bestehende Raumluft nur umgewälzt wird. „Es liegt in der Verantwortung der Arbeitgeber und der Betreiber von Bürogebäuden, dass Lüftungs- und Klimaanlagen für die aktuelle Corona-Lage richtig eingerichtet und gewartet werden“, sagte Bühler. Die Anlagen sollten regelmäßig gereinigt und Filter erneuert werden. Ergänzend zur Belüftung können Arbeitgeber mobile Luftreiniger mit hochwertigen Filtern einsetzen. Die Geräte können die Virenkonzentration in der Raumluft deutlich reduzieren.
Das VdTÜV-Merkblatt für die Überprüfung der Umsetzung der SARS-CoV-2-Arbeitsschutzregel ist kostenlos abrufbar unter: 1. Link
Weitere Informationen unter: 2. Link