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13.10.2020 | Stadtplanung

Kulturerbe und Lebensqualität in Klein- und Mittelstädten

Das baukulturelle Erbe historischer Klein- und Mittelstädte trägt maßgeblich zu ihrer Attraktivität und Lebensqualität bei. Voraussetzung ist, dass die Städte dieses Potenzial auch in geeigneter Weise aktivieren und nutzen. Dies sind Ergebnisse des Projektes REVIVAL! – Revitalisierung historischer Städte in Niederschlesien und Sachsen.

Am 9. Oktober leitete die digitale Abschlusskonferenz mit dem Titel „Kulturerbe als Baustein städtischer Lebensqualität“ die letzte Forschungsphase des Projektes ein. Dabei wurden einem Fachpublikum auch erste Projektergebnisse präsentiert.

Mit ihren historischen, häufig erfolgreich sanierten Stadtkernen verfügen viele Klein- und Mittelstädte entlang der deutsch-polnischen Grenze über ein Pfund, mit dem sich wuchern lässt. Dieses baukulturelle Erbe macht die Städte nicht nur attraktiv und trägt zur Lebensqualität bei. Es wirkt darüber hinaus identitätsstiftend, ist wichtig für die Ortsbindung und trägt zum sozialen Zusammenhalt bei. Als „weicher“ Standortfaktor sind gut erhaltene historische Stadtkerne auch in wirtschaftlicher Hinsicht relevant, wenn es darum geht, potenzielle Zuzügler*innen und Unternehmen in die Kommunen zu locken.

Die Untersuchungen im Projekt REVIVAL! – Revitalisierung historischer Städte in Niederschlesien und Sachsen lassen keinen Zweifel am Potenzial des baukulturellen Erbes für Klein- und Mittelstädte im ländlichen Raum. Deutlich wurde im Projekt aber auch, dass die Kommunen dieses Potenzial durch eine gezielte Stadt- und Regionalplanung aktivieren müssen, damit es wirksam zur Attraktivität und Lebensqualität der Stadt beitragen kann. „Die Existenz historischer Gebäude oder immaterieller Kulturgüter wie besonderer handwerklicher Traditionen machen eine Kleinstadt nicht automatisch attraktiver. Die Kommunen müssen stattdessen genau überlegen, wie sie ihre kulturellen Besonderheiten auch sichtbar und nutzbar machen“, erläutert Prof. Dr. Robert Knippschild vom Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung (IÖR), der das deutsch-polnische Forschungsprojekt leitet.

Im Projekt REVIVAL! haben zehn Partnerstädte – vier auf deutscher, sechs auf polnischer Seite – mögliche Wege einer solchen Aktivierung in der Praxis erprobt. Jede Stadt hat dafür eine Pilotmaßnahme entwickelt und umgesetzt, die helfen soll, das Besondere ihrer historischen Innenstadt herauszustellen und für die Bewohner*innen und Gäste der Stadt erlebbar zu machen. Unter der Überschrift „Lebendige Innenstadt“ haben die Kommunen ihre Pilotmaßnahmen bei Aktionstagen in ihren Stadtzentren präsentiert. „Obwohl die Bedingungen durch die Corona-Bestimmungen in beiden Ländern deutlich erschwert waren, haben alle zehn Partnerstädte tolle Aktionen auf die Beine gestellt und konnten ihre Pilotmaßnahmen umsetzen und sichtbar machen“, berichtet Robert Knippschild.

So hat etwa das polnische Żary einen mittelalterlichen Wachturm restauriert und dort eine erste Ausstellung gezeigt. Görlitz macht aus einer Not eine Tugend: Leere Schaufenster in der Innenstadt wurden mit Inhalten gestaltet und geben nun als „Walk of Görliwood“ Auskunft über die zahlreichen nationalen und internationalen Filmproduktionen in der Stadt. Bautzen, Reichenbach und Zittau haben das Projekt REVIVAL! genutzt, um mit Studien zu erkunden, wie sich öffentliche Räume in ihren Innenstädten attraktiver gestalten oder mehr Handwerksbetriebe in der Innenstadt ansiedeln lassen. Das für seine Keramik bekannte Bolesławiec in Polen stellte diese auch in den Mittelpunkt seiner Pilotmaßnahme. Im Projekt REVIVAL! sind zwei neue Sitzgelegenheiten aus Keramik entstanden, die nun die Bewohner*innen und Gäste der Stadt auf diese Tradition aufmerksam machen.

Von den Erfahrungen der Partnerstädte bei der Planung und Umsetzung ihrer Pilotmaßnahmen sollen künftig auch andere Städte lernen können. Bis Ende des Jahres werden die Erkenntnisse aus dem Projekt REVIVAL! in einer Broschüre zusammengeführt. Sie wird Empfehlungen enthalten, wie Klein- und Mittelstädte das baukulturelle Erbe ihrer Innenstädte besser erschließen und für die Stadtentwicklung nutzen können. Die praktischen Erfahrungen aus den Partnerstädten fließen als Beispiele in die Broschüre ein.

Informationen zum Projekt: siehe Link