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12.03.2020 | Allgemeine Meldungen, Gesundheitswesen und Hygiene

Coronavirus: „Politik muss klare Bedingungen schaffen!“

Deutscher Expertenrat Besuchersicherheit (DEB) plädiert für eindeutige behördliche Anordnungen statt vager Empfehlungen - Fachliche Gefährdungsanalyse soll „1.000-Personen-Grenze“ ersetzen

Vom Brieftaubenverein bis zum Fußball-Bundesligisten – landesweit sind Verantwortliche verunsichert, wie sie mit anstehenden Veranstaltungen umzugehen haben. Der Deutsche Expertenrat Besuchersicherheit (DEB) fordert die Politik daher auf, klare, verständliche Maßnahmen zu treffen.
 
Der Zustand, dass von Bundesgesundheitsminister Jens Spahn lediglich Empfehlungen ausgesprochen werden, dürfe nicht anhalten. So fiel es ihm selbst schwer, den Bundesparteitag seiner eigenen Partei zu verteidigen, der jene erst kurz zuvor formulierte Grenze von 1.000 Personen überschreite. Diese Problematik hat sich in den vergangenen Tagen auch auf unteren staatlichen Ebenen wiederholt gezeigt. Die letztlich zuständigen örtlichen Gesundheitsbehörden haben diese Handlungsweise fortgesetzt und selbstabsichernd nur Empfehlungen ausgesprochen, statt wie nun Verbote gemäß §28 des Infektionsschutzgesetzes zu erteilen.
 
Klare Anweisungen der Träger hoheitlicher Aufgaben sind hier notwendig. Diese schaffen gleiche Wettbewerbsvoraussetzungen für alle Betroffenen und klare Verhältnisse hinsichtlich des Schadensausfalls. Wenn die Politik Menschenansammlungen unterbinden möchte, muss sie auch dafür zahlen bzw. die versicherungstechnische Grundlage schaffen. 
 
Eine weitere Forderung des DEB bezieht sich auf den von der Politik geschaffenen Fokus auf „Veranstaltungen“. Im Bauordnungsrecht wird aus guten Gründen zwischen Versammlungsstätten und Bauten für religiöse oder bildende Zwecke differenziert. Betreffend der Verbreitung einer virusbedingten Atemwegserkrankung ist die Gefährdungsanalyse jedoch nicht steif auf Veranstaltungen in diesem Sinne, respektive Veranstaltungen wirtschaftlicher, geselliger, kultureller, künstlerischer, politischer, sportlicher oder unterhaltender Art, zu legen. Bei religiösen Zusammenkünften kommen gleichwohl wie in Shoppingzentren oder Einkaufsstraßen viele Menschen zusammen.
 
Deshalb muss sich die Denkweise im Rahmen der Gesamtstrategie ändern. Bislang beschränkt sich die öffentliche Debatte auf Messen, Sportereignisse oder Musikkonzerte. Die wirtschaftlichen Folgen für die Verantwortlichen werden wenig beachtet. Dabei ist die Ausbreitung einer durch Tröpfchen übertragenden Epidemie nicht zu stoppen, wenn nur partiell in verschiedenen Bereichen hiergegen vorgegangen wird. Auch andere Zusammenkünfte von Menschen sind auf die Ausbreitungs- bzw. Infektionsgefahr und Notwendigkeit zu hinterfragen. Hierbei sollte nicht die „1.000-Personen-Grenze“ Maß aller Dinge sein, sondern jeweils die den Kriterien des Robert-Koch-Instituts folgende Gefährdungsanalyse. Eine Ansammlung von 999 Menschen ist nicht zwingend sicher.  
 
Über den Deutschen Expertenrat Besuchersicherheit (DEB)

Um die Sicherheit der Besucher bei Veranstaltungen aller Art geht es dem gemeinnützigen Verein „Deutscher Expertenrat Besuchersicherheit (DEB)“, der im März 2019 in Berlin gegründet wurde. Vom Eventveranstalter unterschiedlicher Größenordnungen über die Feuerwehr bis hin zum Sanitätswesen – aus nahezu allen Bereichen kommen die Mitglieder des DEB. Neben den ordentlichen Mitgliedern können auch Betreiber von Eventlocations, Theater, Museen, Universitäten und Bildungseinrichtungen als Fördermitglieder beitreten. Gleiches gilt für Vereine, Verbände, Hochschulen, Bildungs- und Forschungseinrichtungen als assoziierte Mitglieder. Unter anderem haben sich bereits der Deutsche Hochschulverband (DHV), das Deutsche Institut für vorbeugenden Brandschutz (DIvB), der Bundesverband für den Schutz Kritischer Infrastrukturen (BSKI) und der TÜV NORD Akademie dem DEB als assoziierte Mitglieder angeschlossen.
 
So ist der DEB breit aufgestellt und agiert neutral, branchenübergreifend und unabhängig. Um die Besuchersicherheit zu verbessern, sollen Wissenschaft und Forschung genauso gefördert werden wie der Austausch, die Anwendung und die Bildung. Der DEB beschäftigt sich mit aktuellen und grundsätzlichen Problemstellungen aus der Veranstaltungsbranche. Zudem setzt sich der DEB für eine beschleunigte Verbreitung neuer Forschungsergebnisse und damit verbunden für eine Erhöhung der Anwendungen ein