Public Manager
03.02.2020 | Nutzfahrzeuge - Elektro-Mobilität, Stadtplanung, Transport

Wo der Roboter-Tankwart elektrischen Strom nachlädt

Im Januar 2020 startete die vierte Runde des BMWi-Technologieprogramms „IKT für Elektromobilität“. Unter der Überschrift „intelligente Anwendungen für Mobilität, Logistik und Energie“ entwickeln und erproben insgesamt acht Förderprojekte mit Gesamtkosten von mehr als 28 Millionen und einem Fördervolumen von knapp 17 Millionen Euro IKT-basierte Systemlösungen der (gewerblichen) Elektromobilität.

Copyright: Foto Hornischer GbR

Die Förderprojekte sollen anhand beispielhafter Anwendungen Potenziale und Wirtschaftlichkeit von gewerblichen Elektromobilitäts-Lösungen aufzeigen. Daher reicht die Spanne der Forschungsthemen von neuartigen Logistikkonzepten, drohnenbasierter Last-Mile-Logistik bis zu innovativen Lade-Lösungen. Und vom Einsatz autarker mobiler Laderoboter und der Errichtung bedarfsgerechter Ladeinfrastrukturen für Mieter und Gewerbe im Quartier bis hin zu digitalen Analysewerkzeugen für den leichteren Umstieg auf E-Busse. Die Ergebnisse aus den Forschungsprojekten sollen dazu beitragen, die Transformation des Transport- und Logistiksektors hin zu fossil-freien Antrieben zu beschleunigen.

Christian Liebich, Projektverantwortlicher im Bundeswirtschaftsministerium für das Technologieprogramm, nennt zwei Gründe dafür, dass der Bund das Programm fortführt: „Aus den bisherigen Erfahrungen des IKT EM gibt es noch eine ganze Reihe nicht oder zu wenig erforschter Ansätze in der gewerblichen Elektromobilität. Außerdem spüren wir, dass in sämtlichen Gewerbe-Sektoren sowohl das Interesse also auch die Nachfrage nach elektrisch betriebenen Fahrzeugen deutlich ansteigt. Und mit den bisherigen Ergebnissen des Technologieprogramms sind wir überaus zufrieden – deshalb lag die Programmfortführung praktisch auf der Hand.“

Auf dem Gebiet „Flotten / Laden“ haben sich drei Projekte angesiedelt, darunter das neue Projekt „ChargePal“, das ein robotergestütztes Lade- und Energiemanagement im privaten und öffentlichen Parkraum entwickelt. Mobile Laderoboter mit integrierten Hochleistungsbatterien sollen künftig mehrere Elektroautos nacheinander wie Tankwarte bedienen, ohne dass diese direkt neben Ladesäulen parken. Das Ziel dabei ist eine effizientere Nutzung der Ladeinfrastruktur. 

Ein Konzept zur Elektrifizierung gewerblicher Logistik- und Lieferverkehre mit digitaler Buchungsplattform, dem intelligenten (smarten) Laden und bestmöglicher sektorenübergreifender Vernetzung entsteht im Projekt „eBaseCamp“. Hier entwickeln die Konsortialpartner den Prototypen eines Ladeparks für elektrische Lieferfahrzeuge. Er soll so attraktiv sein, dass er Kleinunternehmern den Umstieg auf die Elektromobilität erheblich erleichtert. Als Nutzergruppe haben die Entwickler die steigende Zahl von Kurier-, Express- und Paketdienstleistern im Auge, aber auch Handwerker und andere Gewerbetreibende. 

Im Projekt „d-E-mand“ dagegen wollen die Forscher in einer Pilotanwendung zeigen, wie sich der Ladebedarf von Elektrofahrzeugen unter unterschiedlichen Bedingungen zuverlässig ermitteln lässt. Derzeit gilt es als unwahrscheinlich, dass die heutige Ladeinfrastruktur mit Millionen von Elektrofahrzeugen Schritt halten kann. Zwar befindet sich das Netz im Aufbau, doch reicht die stationäre Ladeinfrastruktur insbesondere bei Belastungsspitzen oft nicht, um den Bedarf zu decken. Extreme Belastungen, etwa bei Ferienbeginn oder bei Großveranstaltungen, machen eine datenbasierte Bedarfsprognose, Planung und flexible Ladedienstleistungen unabdingbar für die optimale Versorgung aller Elektroanwendungen. Auf diesem Gebiet ergeben sich zudem wichtige neue Geschäftsfelder für kleine und mittlere Unternehmen sowie Start-ups – sowohl bei den Umgebungsdaten, den Bedarfsvorhersagen und dem Umgang mit Lastspitzen.

Das Projekt „OmniE“ hat sich die System- und Flottenanalyse für Elektrobusse auf die Fahnen geschrieben. Ziel des Konsortiums ist es, ein herstellerunabhängiges Analysewerkzeug auf der Basis von Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) zu entwickeln. Es soll ÖPNV-Betreibern aufzeigen, wie hoch das Einsparpotenzial von Diesel-Bussen durch Elektrobusse ist, welche neuen Kostenstrukturen entstehen, wie viel CO2 mit Elektrobussen gespart werden kann, wie eine Ladeinfrastruktur gestaltet werden muss und wie diese Ladepunkte mit erneuerbaren Energien versorgt werden können. Verwertungsziel des Gesamtprojektes ist es, ÖPNV-Unternehmen deutschlandweit mit OmniE ein digitales Analysewerkzeug anzubieten, das den Umstieg auf Batterieelektromobilität erleichtert und beschleunigt. Gleichzeitig sollen die jeweils umweltfreundlichste Flottenkonzeption ermöglicht und Fehlinvestitionen vermieden werden. 

Clevere Logistik-Lösungen mit Mehrfach- und Mischnutzungen

Dem Themenkreis der Logistik widmen sich zwei Projekte. Das Projekt „SMART MULTI-USE LOGISTIK (SML)“ denkt die Medien- und Paketlogistik kooperativ zusammen und will wirtschaftliche und CO2-sparende Anwendungsbeispiele für diesen Wirtschaftssektor anbieten. Im Mittelpunkt dabei steht ein neuer Ansatz der Mehrfach- und Mischnutzung von Fahrzeugen. Dabei kommen Ergebnisse aus einem Vorgängerprojekt SDL zum Tragen. SML verbindet diese Erfahrungen zu einem Multi-Use-Szenario, bei dem der Zeitungs- und Postzustellung mit Kurier-, Express- und Paketdiensten sowie mit der Arzneimittelbelieferung verbunden wird. Entscheidend dabei ist der Aufbau einer kooperativen Logistikplattform, die eine dynamische Tourenplanung mit allen angebundenen Logistikunternehmen realisiert, um die Lieferfahrzeuge optimal auszulasten und die Kosten für die Elektrofahrzeuge zu senken. 
Ebenfalls um „die letzte Meile“ bis zur Haustür eines Kunden und um die Mehrfachnutzung von elektrisch betriebenen Fahrzeugen geht es beim Projekt „mobil-e-Hub“. Je stärker der Lieferverkehr auf dieser letzten Meile wächst, desto sinnvoller ist es, vorhandene Trans-portmedien in die Belieferung einzubeziehen. So möchte das Konsortium etwa das vorhandene Busnetz nutzen, um Lieferpakete im laufenden Busverkehr von Drohnen zuzuliefern. Die Drohne steuert einen Bus an und setzt das Lieferpaket auf dem Bus ab. An der dem Empfänger nächsten Bushaltestelle nimmt eine weitere Drohne das Paket wieder auf steu-ert es zum Kunden. Die Forscher wollen dabei vor allem Sicherheits- und Zulassungsaspekte berücksichtigen. Auch die Drohnensteuerung unter dem Einsatz der optischen Erkennung und deren Einbettung in eine entsprechende Softwareumgebung stehen im Mittelpunkt des Forschungsprojekts. Den zweiten Schwerpunkt bildet die spezielle Transportbox. Das Kon-sortium nutzt hier spezifisches Wissen rund um Drohnensteuerung, Transportverpackungen und Softwareentwicklung, das im „Internet of Things“ (IoT) eine wichtige Rolle spielt.

Völlig neue Fahrzeuge für eine neue Mobilität

Vor dem Hintergrund der Mobilitätswende sind auch auf dem Gebiet der Fahrzeuge selbst Innovationen zu erwarten. Das Projekt „U-Shift – MAD Concept“ beispielsweise deutet mit seinem Namen schon auf die ungewohnte Form eines neuen Fahrzeugs hin. In Planung ist ein modulares, u-förmiges und elektrisch betriebenes Fahrzeug, das sowohl Personen als auch Güter befördern kann und rund um die Uhr im Einsatz ist. Dieses Fahrzeug steuert automatisiert über das sogenannte Managed Automated Driving (MAD) durch den Verkehr, immer geleitet von einer Verkehrsleitzentrale und einer Infrastruktur-Sensorik. Die Projektteilnehmer wollen dieses Mobilitätssystem im Sinne der Automatisierung verfeinern und dabei auch die Wirtschaftlichkeit und die Zulassungsfähigkeit im Auge behalten. 

Der sogenannte Mieterstrom, die E-Mobilität im Stadtviertel und „kluge“ Stromnetzsysteme bilden bei der Weiterentwicklung der Energie- und Mobilitätswende einen starken Pfeiler. Bereits im vorangegangenen Projekt „WINNER“ hat das Konsortium die Zukunftsfähigkeit dieses Themas erkannt – und mit einem Nachfolgeprojekt „WINNER Reloaded“ überzeugen können. Nicht nur Eigenheim-Besitzer, sondern auch Mieter sollten in ihrem Stadtviertel auf das eigene oder auch auf das mit Nachbarn oder Gewerbetreibenden geteilte Elektrofahrzeug zurückgreifen können. Im besten Fall produzieren Stadtviertel, etwa mit Photovoltaik-Anlagen auf dem Dach der Mietimmobilie, eigenen Strom – für die benötigte Energie im Haus oder auch für die elektromobile Fortbewegung. Da die Mehrheit der Deutschen Mieter sind, öffnen sich mit den Einsatzmöglichkeiten regenerativer Energien im Quartier große Betätigungsfelder für die Immobilienwirtschaft. Für die Mieter in den Ballungsräumen könnten sich daraus eine Menge energie-, schadstoff- und geräuscharmer Mobilitätsformen gleich vor der eigenen Haustür ergeben. Auch die Politik setzt mittlerweile auf dieses wichtige Feld und bereitet ein neues Wohneigentumsgesetz (WEG) vor. Bei „WINNER Reloaded“ sollen Datenmenge und –qualität erhöht werden, um die Elektromobiliät in den urbanen Stadtvierteln einerseits wirtschaftlich und andererseits kundenfreundlich voranzutreiben. 
 
Weitere Informationen zu „IKT für Elektromobilität“: siehe Link

Über das Technologieprogramm IKT für Elektromobilität

Im Technologieprogramm „IKT für Elektromobilität: Einbindung von gewerblichen Elektrofahrzeugen in Logistik-, Energie und Mobilitätsinfrastrukturen“ fördert das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) von 2016 - 2022 derzeit 21 Pilotprojekte mit ganzheitlichen Lösungskonzepten und beispielhaften Systemlösungen, die Technologien, Dienstleistungen und Geschäftsmodelle integrativ berücksichtigen. Im Mittelpunkt der Forschungsarbeiten stehen auf Informations- und Kommunikationstechnologien (IKT) basierende Innovationen bei Fahrzeugtechnik, wirtschaftlichen Flotten- und Logistikkonzepten, Lade-, Kommunikations- und Plattformtechnologien sowie die Einbindung von Elektrofahrzeugen in intelligente Energie- und Verkehrsnetze.