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23.12.2019 | Nutzfahrzeuge - Elektro-Mobilität

HyFab-Projekt: Brennstoffzellen für Fahrzeuge seriennah produzieren: ZSW etabliert Forschungsfabrik

Die Wasserstoff- und Brennstoffzellentechnologie für Fahrzeuge hat in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht. Mit ersten kommerziellen Modellen kommt man längst geräuscharm und emissionsfrei durch die Republik. Ob sich Brennstoffzellen-PKW am Markt durchsetzen, entscheidet jetzt nicht zuletzt der Preis, der für diese Fahrzeuge verlangt wird.

Übergabe des HyFab-Förderbescheids. V. l. n. r. Prof. Dr. Frithjof Staiß (ZSW), Umweltminister Franz Untersteller, Dr. Ludwig Jörissen (ZSW). Foto: Umweltministerium Baden-Württemberg

Eine Industrialisierung der Produktion ist nötig, denn sie befördert den kostengünstigeren Einsatz von Brennstoffzellen und bietet so ein enormes Potenzial zur CO2-Reduzierung im Verkehr sowie für die nationale Wertschöpfung. Mit dem Projekt „HyFab - Forschungsfabrik für Brennstoffzellen“ wollen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler vom Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) in Kooperation mit dem Fraunhofer-Institut für Solare Energiesysteme ISE in Freiburg und weiteren Akteuren aus Industrie und Forschung automatisierte Fertigungs- und Qualitätssicherungsverfahren für Brennstoffzellen entwickeln und erproben. Die Forschungsinfrastruktur am ZSW in Ulm soll hierfür deutlich ausgebaut werden. Das Umweltministerium des Landes Baden-Württemberg fördert das Vorhaben an den Standorten Ulm und Freiburg mit insgesamt 7,9 Millionen Euro.

„Die Mobilität von morgen muss klimaneutral und möglichst emissionsfrei sein“, sagt der baden-württembergische Umweltminister Franz Untersteller. „Um die Verkehrswende ernsthaft und wirksam angehen zu können, brauchen wir Mut und dürfen nicht ausschließlich auf batterieelektrische Fahrzeuge setzen. Wir wollen mit dem Forschungsprojekt „HyFab“ Brennstoffzellenprodukte serientauglich und damit günstiger machen. Und so bundesweit Vorreiter werden.“

„Emissionsfreie Brennstoffzellen-Antriebe sind eine der umwelt- und klimafreundlichsten Lösungen im Verkehr. Die Technologie ist reif für den Markt. Und Probleme, die allererste Brennstoffzellenfahrzeuge noch aufwiesen, werden heute beherrscht“, sagt Dr. Ludwig Jörissen, Leiter der Brennstoffzellen-Forschung am ZSW. „Es ist jetzt Zeit, großserientaugliche Fertigungsverfahren zu erforschen, so dass Brennstoffzellen in nennenswerten Stückzahlen auf die Straße kommen. Langfristig können mit regenerativem Wasserstoff betriebene Brennstoffzellenfahrzeuge das Feld übernehmen, das der Diesel gerade verlässt.“

Mit dem Projekt „HyFab-Baden-Württemberg - Forschungsfabrik für Brennstoffzellen und Wasserstoff“ soll die Herstellung von Automobil-Brennstoffzellen in großen Stückzahlen, gemeinsam mit der Automobil- und Zulieferindustrie sowie Forschungspartnern, vorangetrieben und damit Arbeitsplätze im Land gesichert werden. Der Fokus liegt auf der Entwicklung von Verfahren zur automatisierten Fertigung und Qualitätssicherung für Brennstoffzellen-Stacks (engl. Stapel), die die Qualitäts- und Kostenziele für die industrielle Massenfertigung erfüllen. Das Vorhaben an den Standorten Ulm und Freiburg wird durch das Ministerium für Umwelt, Klima und Energiewirtschaft Baden-Württemberg mit insgesamt 7,9 Millionen Euro über eine Laufzeit von drei Jahren gefördert. Für die neuen Anlagen und Teststände soll der Ulmer Geschäftsbereich des ZSW ausgebaut werden. Hierfür wurde eine Förderung beim Wirtschaftsministerium in Höhe von 10,6 Millionen Euro beantragt. Seitens des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur sowie des Bundesministeriums für Wirtschaft und Energie wurde ebenfalls eine finanzielle Förderung in Aussicht gestellt.

Hochleistungsbrennstoffzellen sind komplexe Konstruktionen: hunderte von Einzelzellen, bestehend aus 10 Mikrometer dünnen Membranen, müssen mit Bipolarplatten mit knapp 1 Millimeter Bauhöhe und filigranen Gasverteilerstrukturen plus den Gasdiffusionslagen aus porösem Kohlefaservlies aufeinander abgestimmt und zu einem Stapel zusammengefügt werden. In den für Serienautomobile großen Stückzahlen ist dies nur vollautomatisiert realisierbar. Die notwendige Fertigungstechnologie ist weltweit noch in einem frühen Stadium. Mit HyFab entwickeln und erproben die Projektpartner entsprechende Verfahren. Exemplarische Themen am ZSW sind die Qualitätssicherung von Komponenten, vollautomatische Fügetechniken und Herstellprozesse für Zellen sowie Fabrikabnahmetests und großserientaugliche Inbetriebnahmeprozeduren für Brennstoffzellen-Stacks.

Antriebstechnologie der Zukunft

Brennstoffzellenfahrzeuge (FCEV) werden über einen Elektromotor angetrieben, aber ihre Technik unterscheidet sich deutlich von rein batterieelektrischen Fahrzeugen. In der Brennstoffzelle reagiert Wasserstoff mit Sauerstoff aus der Luft zu Wasser und erzeugt dabei elektrische Energie und Wärme. Der Strom wird von einem Elektromotor genutzt, eine zusätzliche Batterie unterstützt das Brennstoffzellensystem während der Beschleunigung und beim regenerativen Bremsen. Der Vorteil von Brennstoffzellenfahrzeugen liegt im emissionsfreien Fahren, großer Reichweite bei geringerem Gewicht als Batterien und schneller Betankung. Sie eignen sich deshalb auch für Busse, den Schwerlastverkehr sowie für Züge und Schiffe.

Kommerzielle, serienreife Brennstoffzellen-Fahrzeuge, PKW und LKW, bieten in Deutschland derzeit zwei asiatische Hersteller an (Toyota seit 2014 und Hyundai seit 2013). Mercedes Benz fährt seit 2018 den GLC F-CELL als Versuchsflotte. Weitere Hersteller haben erste Flotten für Mitte der 2020er Jahre angekündigt. Darüber hinaus sind an mehreren Orten Busse sowie erste Nahverkehrszüge bereits im Linienverkehr mit Wasserstoff unterwegs. Nach den internationalen Roadmaps sind für China bis zum Jahr 2030 über eine Million Brennstoffzellen-Fahrzeuge geplant, Korea stellt 700.000 Brennstoffzellen-Fahrzeuge für 2025 in Aussicht. Bis 2030 sollen 800.000 Brennstoffzellenautos auf japanischen Straßen rollen.

Mit dem beschlossenen Komplettausstieg aus fossilen Energieträgern bis 2050 muss die gesamte Energieversorgung auf fluktuierenden, erneuerbaren Strom umgestellt werden. Das erfordert eine kostengünstige Energiespeicherung, die am besten mit Wasserstoff realisiert werden kann.