Public Manager
08.08.2019 | Gebäudemanagement, Nachhaltigkeit, Stadtplanung

Die Ökobilanz immer im Blick

Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte | Wohnstadt legt neuesten Nachhaltigkeitsbericht vor / In 2018 viele Weichen gestellt

Ein wesentlicher Baustein der Nachhaltigkeitsstrategie ist die klimafreundliche Mobilität. Die eigene Fahrzeugflotte der Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte | Wohnstadt wurde weitestgehend auf Elektro-Antrieb und Gas umgestellt. V.l.n.r. Swetlana Pogoster, die verantwortliche Bereichsleiterin, Nachhaltigkeitsmanager Gregor Steiger und der Leitende Geschäftsführer Dr. Thomas Hain. (Foto: NHW/Olaf Hermann)

Platz eins unter den Wohnungsunternehmen im Ranking der Nachhaltigkeitsberichte 2018. Das DGNB-Zertifikat in Gold der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen für die energetische und soziale Quartiersentwicklung in Frankfurt-Niederrad. Zwei Auszeichnungen, die zeigen, dass das Engagement der Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte | Wohnstadt in Sachen Nachhaltigkeit branchenweit Anerkennung erfährt. Aktuelle Kennzahlen, Ziele sowie strategische Entwicklungen und Aktivitäten präsentiert die Unternehmensgruppe in ihrem fünften Nachhaltigkeitsbericht „Zukunft mit Aussicht".

„Wir wollen gemäß unserer Nachhaltigkeitsstrategie nachhaltiges Handeln in allen Tätigkeitsbereichen verankern“, sagt der Leitende Geschäftsführer Dr. Thomas Hain. „Unserem Ziel, bezahlbares und klimagerechtes Wohnen als Grundsteine für eine funktionierende und zukunftsfähige Gesellschaft zu ermöglichen, sind wir 2018 wieder ein großes Stück nähergekommen.“ 

CO2-Einsparung durch Modernisierung

Der größte Hebel für mehr Klimaschutz ist die Reduktion des Energieverbrauchs bei der Wärme- und Warmwasserversorgung der Wohnungen durch energetische Modernisierungen. Bestes Beispiel ist die Adolf-Miersch-Siedlung in Frankfurt-Niederrad, deren Modernisierung 2018 abgeschlossen wurde. Im Vergleich zu vorher sank der Energiebedarf um 68 Prozent von 3,3 auf 1,1 Millionen Kilowattstunden pro Jahr und die CO2-Emissionen um 76 Prozent von 800 auf 200 Tonnen. Ähnlich positiv fällt die Bilanz für die Leo-Gans-Straße und die Max-Eyth-Straße in Frankfurt-Fechenheim aus. Durch Fassadendämmung, Fensteraustausch und Heizungsmodernisierung sank der Energiebedarf von rund 5,9 Millionen Kilowattstunden pro Jahr auf rund 2,1 Millionen Kilowattstunden, der CO2-Ausstoß von 1.700 auf 600 Tonnen. „Mit der in einem Jahr eingesparten Energie kann man mit einem Elektroauto 39 Mal zum Mond und zurück fahren“, verdeutlichte Nachhaltigkeitsbeauftragter Felix Lüter. „Außerdem vermeiden wir so viel CO2, wie ein 109 Fußballfelder großer Wald jedes Jahr aufnehmen kann.“ 

Hohe Auszeichnung: Gold-Zertifikat für Frankfurter Quartier

Auch bei der Planung von Neubauten achtet die Unternehmensgruppe auf hohe energetische Standards. 100 Prozent der 2018 eingereichten Bauanträge erfüllen den Standard KfW Effizienzhaus 55. Von 2011 bis 2018 waren 90 Prozent aller Neubauten besser als der gesetzlich vorgegebene energetische Neubaustandard. 29 Prozent entsprechen dem KfW70 Standard, 45 Prozent dem KfW55 Standard oder besser. Auch bei der Beschaffung von Materialien und Bauprodukten spielen Nachhaltigkeitskriterien eine wichtige Rolle. Um das Thema Nachhaltiges Bauen weiter zu stärken, haben sich zwölf Mitarbeiter in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Nachhaltiges Bauen zum DGNB-Consultant weiterbilden lassen. 2018 haben sie die erste Gold-Zertifizierung der Unternehmensgruppe für das Quartier in der Melibocusstraße in Frankfurt-Niederrad erreicht. Bewertet wurden unter anderem Barrierefreiheit, Lebenszykluskosten, Verbrauchsdaten und Biodiversität. Die Unternehmensgruppe hat damit eines der ersten Quartiere überhaupt mit einem hohen Anteil an Wohngebäuden in Gold zertifizieren lassen. Dieses Zertifikat wird auch für das Neubauquartier Schönhof-Viertel in Frankfurt angestrebt. Eine große Rolle bei der Entwicklung, Planung und Errichtung sowie dem Betrieb von Gebäuden, Freiflächen und Anlagen spielt der Natur- und Artenschutz. 2018 wurden 228 Nistplätze für Mauersegler und 30 Nisthöhlen für Fledermäuse bereitgestellt. Zudem wird künftig vor jeder Modernisierungsmaßnahme geprüft, ob sich Freiflächen für das Anlegen von Insektenblühwiesen eignen. 

15 Forderungen für soziale, ökologische und ethische Standards

Die Unternehmensgruppe will potenzielle Umweltbelastungen oder unmenschliche Arbeitsbedingungen vermeiden. „Wir haben uns daher dazu verpflichtet, beim Einkauf neben Wirtschaftlichkeit und Qualität insbesondere darauf zu achten, dass eine ökologische Verträglichkeit und Sozialstandards berücksichtigt werden“, erläutert Hain. Mit dem im Berichtsjahr entwickelten Verhaltenskodex für Dienstleister und Lieferanten werden in 15 Forderungen die Erwartungen an die sozialen, ethischen und ökologischen Standards der Geschäftspartner klar und transparent festgelegt. Diese verpflichten sich zum Beispiel dazu, Arbeitnehmerrechte und Sicherheitsstandards einzuhalten, angemessene Löhne zu zahlen, keinerlei Diskriminierung zu tolerieren, Materialien möglichst sparsam einzusetzen sowie umweltbelastende Abfälle, Abwässer und Emissionen zu vermeiden. Der Kodex wurde bewusst so gestaltet, dass auch kleinere Handwerksbetriebe die Anforderungen erfüllen beziehungsweise in die Umsetzung hineinwachsen können. 

Stadtentwicklung: Auch hier muss die Ökobilanz stimmen

Auch bei der Entwicklung von Städten und Quartieren denkt die Unternehmensgruppe ganzheitlich. Beispiel Kelsterbach: Hier hat der Fachbereich Integrierte Stadtentwicklung der ProjektStadt ein Vorhaben gesteuert, das 2018 mit dem Zuschlag an einen Investor vorläufig abgeschlossen wurde. Die Ausschreibung für die Konzeptvergabe berücksichtigt auf Wunsch der Kommune auch die Ökobilanz. Neben mindestens 30 Prozent gefördertem Wohnraum, 30 Prozent frei vermietbaren Wohnungen sowie 40 Prozent Eigentumswohnungen sieht sie die Verwendung von umweltfreundlichen Baustoffen sowie eine regenerative Energieerzeugung vor. Der Investor muss bei der Planung zudem alternative Mobilitätsformen einbeziehen. Ein weiteres Projekt läuft im Darmstädter Stadtteil Mollerstadt. Hier hat die ProjektStadt Klimaschutz- und Klimafolgemaßnahmen geplant und umgesetzt. Seit Mitte 2017 ist sie mit der energetischen Sanierung beauftragt. 

Erste Weichen für nachhaltige Mobilität sind gestellt

Mit ersten Ladestationen und E-Autos im Carsharing-Angebot sind in Pilotsiedlungen die Weichen für nachhaltige Mobilität der Mieter gestellt worden. Die Mitarbeiter können seit dem Berichtsjahr für ihre Dienstfahrten Elektro- oder Erdgasautos sowie seit Frühjahr 2019 Pedelecs und Lastenräder nutzen. Mit der neuen Flotte kann die Unternehmensgruppe die Treibhausgasemissionen des Fahrzeugpools um bis zu 40 Prozent senken. Das entspricht einem Einsparungspotenzial von jährlich bis zu 22 Tonnen CO2 – also etwa den Emissionen eines Pkw mit einer Jahresleistung von rund 385.000 Kilometern. Damit kann die Erde von Frankfurt aus etwa 15 Mal umrundet werden. Das Engagement wird mit einer Förderbewilligung aus dem Bundespilotprogramm „mobil gewinnt“ unterstützt. 

Strategische Ausrichtung

Die Unternehmensgruppe will dazu beitragen, das im Pariser Abkommen fixierte Zwei-Grad-Ziel zu erreichen, sprich: den Anstieg der Erderwärmung auf unter zwei Grad zu begrenzen. Ein Grundstein wurde 2018 mit der Ausarbeitung einer unternehmensspezifischen Klimastrategie gelegt, die das Szenario bis 2050 skizziert. Konkret bedeutet das, dass im Neubau ab 2019 alle geplanten Wohnungen des Anlagevermögens mindestens 45 Prozent besser sind, als das Referenzgebäude nach geltender Energiesparverordnung (KfW-Standard EEH55). Für Modernisierungen gilt: Ebenfalls ab 2019 sollen alle Wohneinheiten, die vollmodernisiert werden, einen Primärenergiebedarf von maximal 75 kWh/qm im Jahr aufweisen. Das Ergebnis wäre ca. 40 Prozent besser als der gesetzliche Neubaustandard. Bei Teilmodernisierungen soll der Wert bei höchstens 100 kWh/qm liegen. Durch die Vorgaben kann eine Senkung der Emissionen um 50 bis 80 Prozent erwirkt werden. Gleichzeitig werden Modernisierungen sozialverträglich durchgeführt, indem nur maximal sechs Prozent der Kosten auf die Mieter umgelegt werden. Die Unternehmensgruppe verpflichtet sich außerdem, bei allen Quartieren, die modernisiert werden, den wirtschaftlichen Einsatz regenerativer Energien sowie Maßnahmen zur nachhaltigen Mobilität zu prüfen. Weitere Einsparpotenziale lassen sich durch die Erhöhung des Anteils regenerativer Energieversorgung in der Haustechnik erzielen. 

170 Indikatoren als Grundlage

Die Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte | Wohnstadt veröffentlicht seit 2014 jährlich einen Nachhaltigkeitsbericht. Sie folgt den internationalen Anforderungen nach der Global Reporting Initiative (GRI), dem branchenspezifischen Standard des GdW, und berücksichtigt die Anforderungen des Deutschen Nachhaltigkeitskodex (DNK). Der Bericht wird auf Grundlage von jährlich erhobenen rund 170 Nachhaltigkeitsindikatoren erstellt.