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12.04.2019 | Allgemeine Meldungen

Klöckner: „Eine europäisch abgestimmte, vereinfachte Nährwertkennzeichnung wäre der beste Weg“

Den Auftrag aus dem Koalitionsvertrag nach einer vereinfachten Nährwertkennzeichnung zu erörtern war das Ziel eines Treffens, zu dem Bundesernährungsministerin Julia Klöckner den Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv), den Bundesverband der Lebensmittelwirtschaft (BLL) sowie die Ernährungsforscher des Max-Rubner-Institutes (MRI) eingeladen hatte.

Dazu hat das MRI eine von Bundesministerin Klöckner in Auftrag gegebene Bewertung bestehender Kennzeichnungssysteme vorgelegt, die darstellt, dass keines der bestehenden Systeme eine optimale Lösung für die Verbraucher bietet. Bei dem gestrigen Treffen wurde deshalb das MRI damit beauftragt, ein weiteres Modell zu entwickeln. Dieses soll – gemeinsam mit vorhandenen relevanten Systemen – in einer Verbraucherbefragung getestet werden.  

Julia Klöckner: „Ich möchte eine für die Verbraucher verständliche, erweiterte Nährwertkennzeichnung. Die gesunde Wahl soll die leichte Wahl sein.

Für die Verbraucher am besten wäre dabei, wenn es perspektivisch europaweit eine einheitliche vereinfachte Nährwertkennzeichnung auf der Vorderseite von Lebensmittelverpackungen gäbe, die wahre, klare Informationen und verlässliche Orientierung auf einen Blick bietet. Dafür trete ich ein, denn eine vereinfachte Nährwertkennzeichnung ist ein zentraler Baustein meiner Politik für eine gesunde Ernährung. Die Europäische Kommission hatte einen Bericht zu den Nährwertkennzeichnungssystemen in Europa, der Voraussetzung für eine europäische Lösung wäre, angekündigt und ihn wieder verschoben. Wir warten deshalb nicht länger auf den Brüsseler Bericht, sondern bringen den Prozess in Deutschland nun selbst voran.  

Ich freue mich, dass Ernährungswirtschaft und Verbraucherverband diesen Prozess konstruktiv begleiten. Denn umfangreiche Nährwerttabellen können zwar detailliert Informationen für den Kenner liefern, aber im Verbraucheralltag ist das für viele zu kompliziert, verwirrend und nicht praktikabel. Kaum ein Konsument studiert beim Einkauf ausführlich die Verpackungsrückseite. Dabei kann eine optisch klare und einfache Kennzeichnung auf der Vorderseite helfen.  

Die wissenschaftliche Begleitung durch das MRI hat gezeigt, dass es kein optimales System gibt, sondern dass jedes Vor- und Nachteile mit sich bringt. Beispiel Nutriscoremodell: Hier irritiert, dass ein Menü aus Pommes-Frites, Schnitzel und einem Light-Softgetränk durch den dahinterstehenden Nutriscore-Algorithmus eine positive, grüne Bewertung (B) bekäme. Auch das vom BLL vorgestellte eigene System sieht wichtige Informationen optisch vereinfacht vor, aber die schnelle Orientierung und Bewertung ist dadurch noch nicht gegeben. 

Wir haben uns daher darauf geeinigt, unsere Verbraucher mit einzubeziehen und sie mitentscheiden zu lassen, was ihnen im Alltag am meisten Orientierung geben könnte.“ 

Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) bereitet nun eine Verbraucherbefragung und einen Praxistest vor, um die Bürger zu befragen, welches der unterschiedlichen Kennzeichnungssysteme ihnen in ihrem Alltag am meisten hilft. In diesem Test werden verschiedene Kennzeichnungssysteme zur Auswahl gegeben, darunter auch ein Vorschlag, den das MRI vorlegen wird. 

Hintergrund:

Mitgliedstaaten dürfen grundsätzlich keine einzelstaatlichen Vorschriften erlassen, die über die bisherige verpflichtende Nährwertkennzeichnung hinausgehen. Wollen Mitgliedstaaten zusätzliche nationale Kennzeichnungspflichten erlassen, müssen diese den Voraussetzungen des Artikels 39 Absatz 1 der LMIV (Lebensmittel- und Futtermittelinformationsverordnung) genügen. Umfassende erweiterte Nährwertkennzeichnungssysteme wie NutriScore oder die britische Ampel sind bisher ausschließlich als Empfehlungen konzipiert, die Teilnahme ist den Unternehmen freigestellt. Eine Verpflichtung, solche Systeme verwenden zu müssen, ist nach EU-Recht derzeit nicht möglich.