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04.04.2019 | Beschaffungspraxis

EMI: Industrieproduktion hat Talfahrt im März beschleunigt

Die fetten Jahre scheinen vorerst vorbei zu sein: Im März ist der EMI zum 3. Mal in Folge gesunken. (Foto: pixabay.com)

Am Ende des ersten Quartals ist das Verarbeitende Gewerbe in Deutschland noch tiefer in die Schrumpfungszone gerutscht. Wie die jüngsten Umfrageergebnisse zum IHS Markit/BME-Einkaufsmanager-Index (EMI) zeigen, gingen Produktion, Neuaufträge und Exportorder abermals stärker zurück. Darüber hinaus wirkten sich die schleppende Nachfrage sowie der unsichere Geschäftsausblick auf die Einstellungspolitik der Unternehmen aus. Denn erstmals seit drei Jahren wurde bei der Beschäftigung ein leichter Rückgang verzeichnet. Der saisonbereinigte EMI gab im März erneut deutlich nach und notierte bei 44,1 Punkten nach 47,6 im Februar. Dies markiert den niedrigsten Wert seit Juli 2012 als der Euroraum unter Staatsschuldenkrise und drohender Rezession litt. 

„Nachdem der EMI bereits den dritten Monat in Folge unter die magische 50-Punkte-Schwelle gerutscht ist, müssen wir uns auf den beginnenden Abschwung einstellen, betonte Dr. Silvius Grobosch, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME) am Donnerstag in Eschborn. „Positiv stimmt uns, dass die durchschnittlichen Einkaufspreise im März kaum angestiegen sind. Sinkende Industriemetallpreise scheinen hier zur Kostensenkung wesentlich beigetragen zu haben“, fügte Grobosch hinzu. 

„Laut EMI hat sich die Stimmung in der deutschen Industrie zuletzt noch einmal verschlechtert. Gemessen an historischen Erfahrungen sollte damit der Tiefpunkt erreicht sein“, kommentierte Dr. Gertrud R. Traud, Chefvolkswirtin der Helaba Landesbank Hessen-Thüringen, am Donnerstag auf BME-Anfrage die aktuellen EMI-Daten. Die Chancen für eine baldige Erholung seien hoch. Traud: „Zwar scheinen die Briten noch unentschlossen über die Art und Weise des Brexits, aber einen ungeregelten Austritt aus der Europäischen Union wollen sie offensichtlich auf jeden Fall vermeiden.“ Die Handelsgespräche zwischen den USA und China zeigten in die richtige Richtung. Die expansiven Maßnahmen aus Geld- und Fiskalpolitik in der Volksrepublik trügen bereits erste Früchte bei dortigen Konjunkturindikatoren. Die Notenbanken dies- und jenseits des Atlantiks hätten signalisiert, von Zinserhöhungen Abstand zu nehmen. „Einem baldigen Aufschwung steht somit kaum noch etwas entgegen. Die Aktienmärkte antizipieren dieses Szenario bereits schon“, teilte die Helaba-Bankdirektorin dem BME abschließend mit. 

„Trotz der schlechten Zahlen ist dies kein freier Fall; die Binnenwirtschaft bleibt weiter stark und auch in der Industrie sollten die Daten im kommenden Monat wieder besser ausfallen“, sagte Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank, am Donnerstag dem BME.  

„Die Herausforderungen für die Industrie werden größer. Die weltweite Verunsicherung hat in den vergangenen Wochen – gerade mit Blick auf den Brexit – noch einmal zugenommen. Umso dringender werden Verbesserungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen hierzulande. Um wieder Rückenwind zu bekommen, sollten wir uns noch intensiver Themen wie dem Ausbau der digitalen Infrastruktur, steigenden Energiepreisen sowie einer Unternehmenssteuerreform zuwenden“, teilte Ilja Nothnagel, Mitglied der DIHK-Hauptgeschäftsführung, am Donnerstag dem BME mit. 

Zur jüngsten Entwicklung des EMI-Teilindex Einkaufspreise sagte Dr. Heinz-Jürgen Büchner, Managing Director Industrials, Automotive & Services der IKB Deutsche Industriebank AG, am Donnerstag dem BME: „Obwohl sich die Zeichen für eine konjunkturelle Abschwächung mehren, tendierten die Rohstoffpreise zuletzt fester. Bei Rohöl belastet die Krise in Venezuela, während sich die Förderung im Iran stabilisiert hat. Die Eisenerzpreise haben sich nach dem Dammbruch in Brasilien auf dem erreichten Niveau seitwärts bewegt. Die Schrottpreise zogen infolge knappen Angebots an. Dadurch entsteht Druck auf die Rohstahlpreise, der mittelfristig Preisanhebungen zur Folge haben dürfte.“ 

Die Entwicklung der EMI-Teilindizes im Überblick:

Industrieproduktion: Im März ist die Leistung des Verarbeitenden Gewerbes erneut geschrumpft. Der Rückgang fiel so deutlich aus wie seit Juli 2012 nicht mehr. Alle drei von der Umfrage erfassten Teilbereiche verzeichneten niedrigere Produktionsraten. Dabei schnitten die Hersteller von Vorleistungsgütern am schlechtesten ab, gefolgt von den Produzenten von Konsumgütern. 

Auftragseingang insgesamt/Export: Das Abwärtstempo beim Auftragseingang hat sich sowohl bei Großunternehmen als auch bei Klein- und Mittelbetrieben abermals verschärft. So rutschte der Teilindex noch weiter unter die Wachstumsschwelle von 50,0 Punkten und notierte auf dem tiefsten Stand seit April 2009. Die Produzenten von Vorleistungsgütern und Konsumgütern verzeichneten besonders starke Abnahmen ihrer Neuaufträge. Dies lag vor allem an der anhaltenden Unsicherheit in der Branche, die sich auf die Umsätze auswirkte sowie an der nach wie vor schleppenden Nachfrage in der Automobilindustrie.

Der Rückgang des Gesamt-Auftragseingangs spiegelte zumindest teilweise die erneute Schrumpfung der Auslandsnachfrage wider. Damit wurde im März das siebte Minus beim Export hintereinander verzeichnet, welches zudem so stark ausfiel wie seit fast einem Jahrzehnt nicht mehr. Überall dort, wo eine Schrumpfung verzeichnet wurde (fast ein Drittel der Umfrageteilnehmer), wurde dies niedrigeren Umsätzen in Großbritannien, Kontinentaleuropa und Asien zugeschrieben.  

Beschäftigung: Der saisonbereinigte Teilindex stürzte im März regelrecht ab und zeigte erstmals seit drei Jahren ein Minus an. Es war der größte Rückgang im Vormonatsvergleich seit Umfragebeginn im Jahre 1996. Auch wenn der Personalabbau nur sehr marginal ausfiel, steht er doch in starkem Gegensatz zu den soliden Zuwachsraten der vergangenen Monate. Leichte Stellenreduzierungen bei den Herstellern von Konsum- und Vorleistungsgütern überkompensierten ein minimales Wachstum im Investitionsgüterbereich. 

Einkaufs-/Verkaufspreise: Die durchschnittlichen Einkaufspreise stiegen im März kaum an. Bereits zum fünften Mal hintereinander schwächte sich die Inflationsrate ab und fiel so gering aus wie seit über zweieinhalb Jahren nicht mehr. Ein Teil der Befragten gab an für einige Elektronikteile und rohölbasierte Produkte mehr bezahlt zu haben. Zur Reduzierung der Kosten führten jedoch vor allem die billigeren Metallpreise und hier insbesondere Stahl.

Die Inflationsrate der Angebotspreise in der Industrie fiel im März auf ein 28-Monatstief, was zum einen am geringeren Kostendruck sowie an der nachlassenden Preismacht der Unternehmen lag. Beim Blick auf die Teilbereiche zeigen sich unterschiedliche Entwicklungen. Einem kräftigen Anstieg der Verkaufspreise im Konsumgüterbereich stehen eine nur geringe Anhebung im Investitionsgüterbereich sowie eine deutliche Senkung der Preise im Vorleistungsgüterbereich gegenüber. 

Jahresausblick: Der Pessimismus der Einkaufsmanager hinsichtlich der Produktionsaussichten binnen Jahresfrist hat sich im März erneut vergrößert. So fiel der Teilindex noch tiefer in den Negativbereich auf den tiefsten Stand seit November 2012. Nach wie vor sorgen vor allem der Konjunkturabschwung, die Unsicherheiten beim Brexit und den zukünftigen Handelsbeziehungen sowie die anhaltenden Probleme im Automobilsektor für Kopfzerbrechen in den Führungsetagen der Industrieunternehmen.  

Über den EMI: Der IHS Markit/BME-Einkaufsmanager-Index (EMI) gibt einen allgemeinen Überblick über die konjunkturelle Lage in der deutschen Industrie. Der Index erscheint seit 1996 unter Schirmherrschaft des BME. Er wird vom Anbieter von Unternehmens-, Finanz- und Wirtschaftsinformationen IHS Markit mit Hauptsitz in London erstellt und beruht auf der Befragung von 500 Einkaufsleitern/Geschäftsführern der verarbeitenden Industrie in Deutschland (nach Branche, Größe, Region repräsentativ für die deutsche Wirtschaft ausgewählt). Der EMI orientiert sich am Vorbild des US-Purchasing Manager´s Index (Markit U.S.-PMI).