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22.10.2018 | Digitalisierung, Stadtplanung

Ramboll-Befragung unter ÖPNV-Entscheidern unterstreicht Digitalisierungsbedarf der Branche

Bei der Digitalisierung des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) in Deutschland hapert es noch gewaltig. Der Handlungsbedarf wird zwar gesehen und als besonders wichtig bezeichnet – das geben 75 Prozent der von Ramboll und dem Deutschen Verkehrsforum befragten Entscheider aus der ÖPNV-Branche an. Aber die Hürden bei der Umsetzung von Digitalisierungsprojekten sind groß:

Knapp zwei Drittel der Befragten (60 Prozent) beklagen einen Mangel an Umsetzungskompetenz und verfügbarem qualifizierten Personal. Zudem gibt jeder fünfte Entscheider (20 Prozent) an, dass im eigenen Unternehmen noch keine konkreten Digitalisierungsprojekte geplant sind. 15 Prozent haben sich noch gar nicht mit den Folgen der Digitalisierung auf das eigene Geschäftsmodell beschäftigt.

Die Unternehmen des öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV) blicken verhalten optimistisch in die Zukunft, wenn es um die Umsetzung der digitalen Transformation geht. Das geht aus einer qualitativen Online-Befragung hervor, die das Ingenieurs-, Planungs- und Managementberatungsunternehmen Ramboll gemeinsam mit dem Deutschen Verkehrsforum (DVF) unter ausgewählten ÖPNV-Entscheidern durchgeführt hat. Herausgekommen ist ein aktuelles Stimmungsbild der Branche. Es umfasst nicht nur die Bewertung von Mobilitäts-trends und deren Brisanz für die Geschäftsentwicklung der Unternehmen, sondern geht auch der Frage nach, wie gut die Unternehmen des ÖPNV für diese Trends gewappnet sind.

Klare Strategien für die Digitalisierung des ÖPNV fehlen

Drei Viertel der Befragten bewerten zwar die Digitalisierung als ein Topthema für den künftigen Erfolg ihres Unternehmens. Und auch die große Mehrheit der Entscheider (ebenfalls 75 Prozent) geht davon aus, dass die Digitalisierung zu weitreichenden Veränderungen im ÖPNV führen wird. Doch bei der Umsetzung von entsprechenden Projekten hapert es noch gewaltig. Keiner der Befragten sieht den ÖPNV bei der Digitalisierung der Mobilität als führend an. Im Gegenteil: 63 Prozent geben an, der ÖPNV hinke anderen Branchen deutlich hinterher. Auch wenn grundsätzlich die Chancen der Digitalisierung für das eigene Geschäft gesehen werden (ebenfalls 63 Prozent) und knapp die Hälfte der befragten Unternehmen (45 Prozent) bereits die Digitalisierung auf der Projektebene aktiv vorantreibt, fehlt es häufig noch an einer klaren Vision und Strategie.

Dazu passt auch, dass 20 Prozent der befragten Entscheider angeben, bislang noch keine Digitalisierungsprojekte geplant oder umgesetzt zu haben. Weitere 15 Prozent haben sich noch gar nicht mit den Folgen der Digitalisierung auf das eigene Geschäftsmodell beschäftigt. „Die Unternehmen des öffentlichen Personennahverkehrs erkennen zwar zunehmend, dass sie digitaler werden müssen, um auch in Zukunft für ihre Kunden attraktiv zu bleiben und gegen neue, innovative Marktwettbewerber zu bestehen", so Tolga Erdogan, Technologie- und Digitalisierungsexperte bei Ramboll. „Aber mit der Umsetzung tun sich viele noch schwer – auf Grund der notwendigen kulturellen Veränderungen innerhalb der Organisation und auch weil oft die nötigen Kompetenzen und Fachkräfte fehlen."

Vernetzung der Verkehrsträger ist zentral für den künftigen Erfolg

Auch das Thema „Vernetzung" gewinnt für die ÖPNV-Branche zunehmend an Bedeutung. 81 Prozent der befragten Entscheider sind davon überzeugt, dass eine intelligente Vernetzung verschiedener Verkehrsträger die Attraktivität des ÖPNV für die Fahrgäste erhöht und damit den eigenen Erfolg steigert. 71 Prozent sehen zudem erhebliches Potenzial zur Verbesserung der Verkehrsleistung, wenn herkömmliche ÖPNV- und neue Sharing beziehungsweise Pooling- Modelle ineinandergreifen.

Der Einsatz automatisierter Fahrzeuge beschäftigt ebenfalls die Unternehmen. Denn dadurch lässt sich das Bedürfnis der Kunden nach individueller Mobilität besser erfüllen. Gut zwei Drittel der Befragten (68 Prozent) ist der Meinung, dass autonome Fahrzeuge innerhalb der nächsten zehn Jahre bis 15 Jahre zunehmend personengeführte Fahrzeuge ersetzen und einen signifikanten Anteil im ÖPNV erreichen werden. Allerdings sind auch hier noch einige Hürden zu überwinden: An vorderster Stelle sehen die Befragten dabei die mangelnde Rechtssicherheit (76 Prozent), gefolgt vom noch nicht ausreichenden Entwicklungsstand der Technologie sowie dem fehlenden Vertrauen der Fahrgäste (insgesamt 56 Prozent).

Marktteilnehmer und Politik müssen an einem Strang ziehen

Um hier Abhilfe zu schaffen, Innovationen zu beschleunigen und generell das Potential der Digitalisierung und Vernetzung für den ÖPNV zu heben, ist eine engere Zusammenarbeit aller beteiligten Akteure nötig. „Politik, traditionelle Anbieter und neue innovative Player müssen an einem Strang ziehen, wenn es darum geht, den ÖPNV durch neue Technologien zukunftsfähig und für die Kunden langfristig attraktiv zu machen", so Tolga Erdogan. „Dazu gehört die Schaffung der rechtlichen Rahmenbedingungen für den flächendeckenden Einsatz automatisierter Fahrzeuge durch die Politik genauso wie beispielsweise ein schneller, bundesweit einheitlicher und verkehrsträgerübergreifender digitaler Zugang zu den verschiedenen Angeboten auf dem Markt. Sonst driften Angebot und Kundenwunsch immer weit auseinander und der ÖPNV hat am Ende das Nachsehen." Das ausführliche Stimmungsbild finden Sie online (siehe 1. Link).