Public Manager
16.11.2018 | Brandschutz

Die Zukunft des Brandschutzes

Aktuell verzeichnen wir in allen Lebensbereichen eine rasante Entwicklung mit immer neuen Technologien der Elektronik, Elektromobilität und Haustechnik, die aus der Ferne via Mobiltelefon steuerbar ist. Doch der Brandschutz hinkt diesbezüglich noch hinterher. „Das wird sich ändern müssen“, ist Brandschutz-Experte Thomas Hübler von der Materialprüfanstalt (MPA) Dresden überzeugt.

Automatische Löschanlagen: Zukunft des Brandschutzes bald auch im privaten Bereich? (Bildquelle: „Vladyslav Lehir, shutterstock.com“)

Handfeuerlöscher im Haushalt sind in jedem Fall eine sinnvolle Investition in die eigene Sicherheit. Eine Verpflichtung zur Vorhaltung von Feuerlöschern existiert jedoch ausschließlich im Gewerbe. Daher ist die Verbreitung von Feuerlöschern im Privatbereich längst nicht auf dem Stand, der für gewerbliche Bereiche vorgeschrieben ist – ein großes Manko. Und vor allem: Was passiert während der Abwesenheit der Bewohner? Für Hauseigentümer empfiehlt sich der Gedanke an den Einbau einer automatischen Hauslöschanlage. Der erweiterte Personen- und Sachwertschutz durch eine solche Anlage ist im gewerblichen Bereich nicht nur gesetzlich, sondern oftmals auch von der Versicherungswirtschaft gefordert. Das ist künftig ob des immens gestiegenen Wertes von Immobilien auch im Privatbereich durchaus vorstellbar.

Ein weiteres Argument für den Einbau einer Hauslöschanlage ist die abnehmende Verfügbarkeit einsatzbereiter Freiwilliger Feuerwehren. Die Gründe hierfür liegen in der demografischen Entwicklung, der Bevölkerungswanderung hin zu den Ballungszentren und in fehlenden Einsatzkräften. Damit werden sich in Zukunft Anmarschzeiten und Aktionsradien verändern. Einer frühzeitigen Branddetektion und effektiven Brandbekämpfung kommt somit eine wesentlich größere Bedeutung zu. Denkbar ist, dass das aktuelle System des abwehrenden Brandschutzes, dass sich durch eine hohe Verfügbarkeit in der Fläche auszeichnet, nicht mehr selbstverständlich sein wird. Vorbeugen sollte man daher bereits jetzt durch technische Maßnahmen. Andere Länder sind uns hier bereits weit voraus. So gehören Haussprinkleranlagen in den USA schon länger zum gängigen Repertoire des Brandschutzes.

An der MPA Dresden wurden bereits einige Systeme vorgestellt und hinsichtlich ihrer Effektivität bei der Brandbekämpfung getestet. So gibt es bereits technische Lösungen zum Einbau von Kleinstlöschanlagen in elektrische Systeme, wie Fernsehgeräte oder Computer. Im Falle des Versagens elektronischer Bauteile können diese Anlagen bei Auslösung die Stromzufuhr unterbrechen, kleine Mengen Löschgas gezielt auf Leiterplatten oder ähnliche Bauteile aufbringen und so Entstehungsbrände frühzeitig bekämpfen.

Andere Systeme arbeiten mit einer besonderen Aerosoltechnik, bei der durch chemische Reaktion feine Löschmittelpartikel erzeugt und ausgestoßen werden, welche die freien Radikale im Brandprozess binden und das Feuer löschen. Mit solchen Systemen lassen sich bereits heute Transportbehälter, Serverschränke und ganze Räume absichern und im Brandfall löschen. Vorteile der Aerosoltechnik liegen unter anderem im geringen Platzbedarf der Einbauten, weitgehend rückstandsfreiem Löschen, der Skalierbarkeit für unterschiedliche Raumgrößen und Raumstrukturen sowie den überschaubaren Anschaffungs- und Wartungskosten. Verbunden mit der zugehörigen Melde- und Alarmierungstechnik entsteht so ein effizientes System, das Menschen und Einrichtung schützt.

Technisch wesentlich aufwendiger und damit auch teurer sind Gaslösch- oder Sprinklersysteme. In Firmen ist der Einbau dieser Systeme gängige Praxis und Bestandteil der Baugenehmigung und Betriebserlaubnis. Oft wird die Vorhaltung automatischer Löschanlagen auch von den Schadensversicherern in Verbindung mit der Reduzierung von Versicherungsprämien gefordert. Höhere Immobilienpreise, technische Aufrüstung und Vernetzung der Gebäudeinstallationen sowie die damit verbundenen höheren Schadenssummen könnten durchaus dazu führen, dass Versicherungen auch im Privatbereich umdenken.

Denkbare Szenarien für den Einsatz von Hauslöschanlagen sind:

  • Systeme für die Nutzung alternativer Energien, hier besonders die Sicherung von Energiespeichern.
  • die zusätzliche Absicherung von Ladestationen für E-Bikes, Elektrofahrzeuge etc.
  • Heizungs- und Klimasysteme bis hin zu kleinen Blockheizkraftwerken (Brennstoffzellen), die mittlerweile im privaten Sektor Einzug gehalten haben.
  • Lagerbereiche für Brennstoffe aus erneuerbaren Quellen (z.B. Pellets).

Automatische Löschsysteme einfachster Art können zum Beispiel Feuerlöscher mit eingebautem Sprinklerkopf sein. Hier erfolgt das Erkennen und Löschen wie bei herkömmlichen Sprinklersystemen mit wässrigem Löschmittel oder Löschpulver. Solche Systeme sind schon heute in Sportbooten zur Absicherung von Motorräumen im Einsatz bzw. werden in Bussen zum Löschen von Motorbränden eingesetzt.

Alles in allem ist ein breites Anwendungsspektrum für den privaten Sektor erkennbar, dem perspektivisch eine zunehmende Bedeutung für die Einführung automatischer Löschsysteme zukommen wird. Die MPA Dresden wird diesen Prozess nicht nur beobachten, sondern fachlich entsprechend begleiten. Für Brandversuche verschiedener Größenordnungen werden daher am Standort in Freiberg mehrere Versuchsanlagen betrieben. Für Versuche unter freiem Himmel – zum Beispiel an Fahrzeugen, Tanks oder Transformatoren – steht ein Brandplatz mit 600 Quadratmetern Grundfläche zur Verfügung. Brandereignisse in geschlossenen Räumen, wie die Entzündung einer Fritteuse, können dagegen in der Brandhalle untersucht werden. Auf einer Grundfläche von 200 Quadratmetern und einer Deckenhöhe von maximal 8,40 Metern kann mit Brandobjekten vom Mobiltelefon bis zur Blocklagerung mehrerer Europaletten geprüft werden.

Da Neuentwicklungen im Bereich der Löschanlagen oft nicht unter den Anwendungsbereich gängiger Normen fallen, müssen für den Leistungsnachweis häufig spezielle Prüfprogramme ausgearbeitet und durchgeführt werden. Dem Hersteller stehen hierfür die erfahrenen Prüfingenieure des Bereiches Feuerlöschgeräte und Feuerlöschmittel beratend zur Seite. Bereits im Herbst 2018 stehen erneut Versuche mit Kleinlöschanlagen an.