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29.06.2018 | Stadtplanung

Viele Mittelzentren sind starke Einzelhandelsmagnete - GfK-Studie zur Einzelhandelszentralität

Da oftmals nicht am Wohnort eingekauft wird, profitieren Standorte mit einem starken Handelsangebot von einem weiteren Kaufkraftzufluss. Viele bayerische Mittelstädte wie Passau oder Würzburg generieren das Doppelte der lokalen Einzelhandelskaufkraft an Umsatz. Der Spitzenreiter in der GfK-Studie zur Einzelhandelszentralität ist im Jahr 2018 im Vergleich der deutschen Kreise allerdings erstmalig der Stadtkreis Trier.

Die Deutschen haben im Jahr 2018 durchschnittlich 5.825 Euro pro Kopf für ihre Einzelhandelsausgaben zur Verfügung. Die Einzelhandelskaufkraft variiert regional von 7.622 Euro im Hochtaunuskreis bis 4.862 Euro im Stadtkreis Gelsenkirchen. Davon fließt nicht alles in den stationären Handel, sondern auch einiges in den E-Commerce und Distanzhandel. Zudem kaufen die Menschen oftmals nicht am Wohnort ein.  

Die Studie „GfK Einzelhandelszentralität“ zeigt, welche Regionen dank Kaufkraftzuflüssen von überdurchschnittlichen stationären Einzelhandelsumsätzen profitieren beziehungsweise wo Kaufkraftabflüsse zu verzeichnen sind. Vergleicht man die Einzelhandelskaufkraft mit regionalen Einzelhandelsumsätzen, ergibt sich die Kennziffer Einzelhandelszentralität, die die Anziehungskraft des regionalen Einzelhandels misst. Werte über 100 stehen für einen Kaufkraftzufluss, Werte unter 100 für einen Kaufkraftabfluss. Im Jahr 2018 stehen 150 deutsche Kreise mit Kaufkraftzufluss insgesamt 251 Kreisen mit Kaufkraftabfluss entgegen. Allerdings liegt es in der Natur des Einzelhandels, dass überwiegend Stadtkreise Zuflüsse verzeichnen, denn hier ballt sich der Einzelhandel und hat eine hohe Anziehungskraft auf die im Umland lebenden Konsumenten. 

Trier liegt erstmals im Ranking vorne  

Die Top 10 Kreise des Zentralitäts-Rankings sind die gleichen wie im Vorjahr. Nur der Stadtkreis Trier tauscht mit dem Stadtkreis Passau die Plätze und wird mit einer Zentralität von 210,1 bundesweiter Spitzenreiter.

Von den übrigen städtischen Kreisen in den Top 10 liegen sieben in Bayern. Städte wie Passau und Straubing sind Versorgungszentren für das ländlich geprägte Umfeld, wo wenig Einzelhandelsangebote zu finden sind. Bei mittlerer Einwohnergröße haben sie ein großes Einzugsgebiet, in dem relativ viel Kaufkraft steckt, was dann meist in die nahegelegene Stadt fließt.  

Mit einer Zentralität von 55,5 ist der Landkreis Würzburg Schlusslicht unter allen 401 deutschen Kreisen, während der Stadtkreis Würzburg auf Rang drei liegt. Hier wird der Anziehungseffekt einer Stadt auf ihr Umland besonders deutlich. 

Der stationäre Einzelhandel kann trotz wachsender Bedeutung des E-Commerce in vielen Produktgruppen punkten, wenn es ihm gelingt, den Verbrauchern nahe zu sein und einprägsame Einkaufserlebnisse zu schaffen. 

Wo das Potenzial wohnt – wenig Überraschungen bei der Einzelhandelskaufkraft 

Die Information, wo das Potenzial sitzt, bevor es ausgegeben wird, ist für Einzelhändler allerdings ebenfalls sehr relevant. Die Einzelhandelskaufkraft weist das durchschnittliche Einzelhandels-Ausgabepotenzial am Wohnort der Menschen aus. Damit planen etwa Supermärkte ihre Standorte wohnortnah und Hersteller oder Onlinehändler wissen, wo es sich lohnt, Werbung zu schalten.  

Wenige Punkte Unterschied im Kaufkraftindex je Einwohner wirken sich – je nach Einwohnerzahl des jeweiligen Gebiets – in der Gesamtsumme des Nachfragepotenzials in Euro dramatisch auf die regionalen Absatzchancen eines Händlers aus. Daher ist auch die Einzelhandelskaufkraft für Einzelhändler eine wichtige Messgröße. 

Über die Studie 

Die „Sogwirkung" einer Stadt als Einkaufsort kann dadurch gemessen werden, dass man die Nachfrage der Einwohner am Wohnort (GfK Einzelhandelskaufkraft) den Umsätzen im Einzelhandel (GfK Einzelhandelsumsatz) gegenüberstellt. Daraus ergibt sich die GfK Einzelhandelszentralität. Eine Zentralität größer 100 bedeutet einen Kaufkraftzufluss, unter 100 einen Kaufkraftabfluss. 

Für die Berechnung der Einzelhandelskaufkraft werden die Ausgaben für die Warengruppen Nahrungs- und Genussmittel, Körper- und Gesundheitspflege, Kleidung, Schuhe, langlebige Güter, Bildung und Unterhaltung (z.B. TV, Radio, Bücher, Fotobedarf, Zeitschriften, Spielwaren, Sportartikel) sowie persönliche Ausstattung (Uhren, Schmuck, etc.) berücksichtigt.

Die regionalisierten Daten zur Einzelhandelszentralität liegen für viele europäische Länder vor und sind jeweils bis zur feinsten administrativen (mind. 10.000 Einwohner) und postalischen Ebene als Prognose für das laufende Jahr verfügbar. Es handelt sich bei der Kaufkraft und den Umsatzdaten um nominale Angaben – d.h. ohne Berücksichtigung von Inflationsentwicklungen und regional verschiedenen Preisniveaus oder unterjährigen Wechselkurseffekten.  

Mit der GfK Einzelhandelszentralität erhalten Einzelhändler eine objektive Messgröße dafür, welcher Region, welcher Stadt oder welcher Postleitzahl innerhalb einer Stadt es gelingt, mit dem vorhandenen Einzelhandelsangebot besonders viel Kaufkraft anzuziehen und zu binden. Sie ist somit für die Standortplanung und -bewertung unverzichtbar. Die Einzelhandelszentralität sollte bei Expansionsentscheidungen jedoch im Zusammenhang mit den Einwohnerzahlen, dem GfK Einzelhandelsumsatz und der GfK Einzelhandelskaufkraft betrachtet werden. Alle drei Kennziffern sind sind standardmäßig in der Studie „GfK Einzelhandelszentralität“ enthalten.