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12.07.2018 | Energie, Versorgungsnetze

Forschung zu Offshore-Windkraft: Wohin der Wind weht

Mit Satelliten-Radarbildern untersuchen Wissenschaftler des Helmholtz-Zentrums Geesthacht (HZG) in der Deutschen Bucht, wie Windkraft-Anlagen die umliegenden Windverhältnisse verändern und zum Teil abschwächen. Diese Effekte wurden mit der Radartechnik bis zu 70 Kilometer hinter den Anlagen nachgewiesen. Ergebnisse, die beim Bau von zukünftigen Anlagen von Bedeutung sein können.

(Foto: Fabian Schmidt/Fotolia)

Radaraufnahme des Satelliten Sentinel- 1 (ESA) über dem Windpark Alpha Ventus aus dem Jahr 2015. Die hellen Punkte in der Vergrößerung sind die einzelnen Windturbinen des Windparks. Dunkle Bereiche deuten auf eine glatte Meeresoberfläche hin. Eine raue See, mit entsprechend mehr Wind und Seegang, ist als heller Bereich zu erkennen. (Quelle: B. Djath & J. Schulz-Stellenfleth/HZG)

Schon heute drehen sich mehr als 1.000 Windräder über der Deutschen Nord- und Ostsee. Bis zum Jahr 2030 soll die Kapazität der Offshore-Parks nach Plänen der Bundesregierung auf insgesamt 15 Gigawatt ausgebaut werden. Im Projekt „Wind Park Fernfeld–WIPAFF“ werten HZG-Küstenforscher daher Satelliten-Radarbilder der Deutschen Nordsee aus, die zukünftig bei der Standortsuche für neue Anlagen genutzt werden können.

Dazu Dr. Johannes Schulz-Stellenfleth, Küstenforscher am Helmholtz-Zentrum Geesthacht und einer der Autoren der Studie, die im Journal of Renewable and Sustainable Energy veröffentlicht wird: „Mehr als 2.500 Windräder sollen bis 2030 durch den weiteren Ausbau in deutschen Gewässern stehen. Damit diese sich nicht gegenseitig den Wind wegnehmen, analysieren wir Satellitenbilder und können damit Modellsimulationen der veränderten Windverhältnisse verbessern.“

Windverhältnisse der Nordsee

Bei ihrer Arbeit nutzen die Geesthachter Küstenforscher Radarbilder der Erdbeobachtungssatelliten Sentinel-1 und TerraSar-X. Die Rauigkeit der Meeresoberfläche der Nordsee wird mit dem Radar erfasst. Da Wellen in der Nordsee vor allem durch Wind entstehen, lassen die Bilder Rückschlüsse auf die Windverhältnisse zu. Noch bis zu 70 Kilometer hinter den Anlagen der Offshore-Windparks konnten die Wissenschaftler großräumige Windschatten, sogenannte „Wakes“, erkennen. In diesen Bereichen herrschten geringere Windgeschwindigkeiten als in ungestörten Bereichen und entsprechend weniger Energieausbeute. Sie entstehen, weil die vorderen Windräder als Hindernis den Wind abbremsen.

Die besten Positionen für Windfarmen

Durch Vergleiche mit meteorologischen Messungen auf der Forschungsplattform FINO-1, die 50 Kilometer vor der Insel Borkum in direkter Nähe zu dem Windpark Alpha Ventus liegt, konnte weiterhin gezeigt werden, dass die Länge der „Wakes“ von der Stabilität in der Atmosphäre abhängt. Wenn man z.B. relativ warmes Wasser und kalte Luft darüber vorfindet, entsteht eine Situation ähnlich wie in einem Kochtopf. Es bildet sich starke Turbulenz, die „Wakes“ werden relativ schnell „weggemischt“ und sind dementsprechend kürzer.

Nicht überall führten die Windkraftanlagen jedoch zu einer Abschwächung der Rauigkeit auf dem Wasser. Innerhalb der ersten zehn Kilometer hinter den Windenergieanlagen ließen starke Radarsignale sogar auf eine erhöhte Rauigkeit schließen.

„Wir denken, dass dieser verstärkende Effekt durch die mechanisch erzeugte Turbulenz direkt hinter den Turbinen entsteht. Diese neuen Erkenntnisse können helfen, bei zukünftigen Planungen die besten Positionen für Windfarmen zu finden“, erläutert Dr. Johannes Schulz-Stellenfleth.

Das Forschungsprojekt „Wind Park Fernfeld – WIPAFF“ wird durch das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie gefördert. Zu den Verbundpartnern zählen neben dem HZG das Karlsruher Institut für Technologie (KIT), die Technische Universität Braunschweig, UL International GmbH und die Eberhard Karls Universität Tübingen.

Die Veröffentlichung: 10, 043301 (2018); doi: 10.1063/1.5020437 (siehe Link)