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13.03.2017 | Energie, Stadtplanung

Förderpreise Geoinformatik 2017 für Wirtschaftsanalysen und 3D-Modelle

Eine Untersuchung über bevorzugte Standorte der Softwareindustrie in Deutschland und ein Konzept, wie man den Energiebedarf von Wohngebäuden und Städten mit Hilfe von 3D-Stadtmodellen berechnen kann, waren in diesem Jahr die Gewinnerthemen des Förderpreises Geoinformatik des Runden Tisch GIS e.V. Ausgezeichnet wurden Jan Kinne für seine Masterarbeit an der Universität Heidelberg und Dr.-Ing. Robert Kaden für seine Dissertation an der TU München.

Jan Kinne hat in seiner „Geographischen Analyse und Standortmustermodellierung der deutschen Softwareindustrie“ herausgefunden, dass sich diese Unternehmen vor allem in den Randlagen städtischer Agglomerationsgebiete ansiedeln. Es besteht demnach ein direkter Zusammenhang zwischen Siedlungsstruktur und der Verteilung von Softwareunternehmen. Auf dieser Basis konnte Kinne eine Funktion modellieren, die das lokale Auftreten von Softwareunternehmen innerhalb jedes Quadratkilometers in Deutschland vorhersagt bzw. für die Softwareindustrie attraktive Regionen nennt. Grundlage seiner Analyse war die erstmalige Geokodierung des Mannheimer Unternehmenspanels (MUP), ein Datensatz zu allen Unternehmen mit Sitz in Deutschland, der vor allem auf Daten der Kreditauskunftei Creditreform basiert. Das MUP ist eine wesentliche Quelle für die Gründungsstatistik in Deutschland und erlaubt aufgrund seiner halbjährlichen Fortschreibung seit 1982 umfangreiche historische Auswertungen der Unternehmensentwicklung in Deutschland. Kinne hat diese Möglichkeiten mit seiner Masterarbeit nun um die räumliche Komponente erweitert und einen Datensatz erzeugt, der die räumliche Struktur der deutschen Unternehmenslandschaft in bislang unerreichter Qualität abbildet. Seine an der Schnittstelle von Geoinformatik und Wirtschaftswissenschaften angesiedelte Masterarbeit wurde mit 1500 Euro Preisgeld bedacht und erwies sich auf der Münchner GI-Runde auch als Gewinner des Publikumspreises.

Dr. Robert Kaden hat in seiner vom Runden Tisch GIS mit 2500 Euro Preisgeld ausgezeichneten Dissertation Methoden entwickelt, um die Energiebedarfe von Gebäuden auf der Basis geeigneter 3D-Stadtmodelle großräumig zu berechnen. Diese Bedarfe sind in der Infrastrukturplanung von wichtiger Bedeutung, stehen aber häufig nicht zur Verfügung, weil die tatsächlichen Verbrauchswerte aufgrund von Datenschutzbestimmungen sowie der wirtschaftlichen Interessen der einzelnen Energieversorger zumeist unter Verschluss bleiben. Kaden ging davon aus, dass eine starke Korrelation zwischen einer Reihe von Gebäudeinformationen, wie der geometrischen Ausprägung der Gebäude, der bauphysikalischen Zustände sowie der Gebäudenutzung mit der Anzahl der Haushalte auf der einen Seite und den Energiebedarfen auf der anderen Seite, besteht. Vor diesem Hintergrund hat er das frei verfügbare semantische 3D-Stadtmodell von Berlin um energetische Parameter auf statistischer Basis angereichert. Semantisch meint in diesem Fall, dass etwa aufgrund des Gebäudealters und bereits bekannten Sanierungsmaßnahmen einzelnen Wand- und Fensterflächen Dämm- und Heizwerte zugeordnet werden konnten, die eine Wärmebilanzberechnung nach Energieeinsparverordnung erlauben. In einer webbasierten Anwendung ist es daher nun möglich, verschiedene Varianten von Maßnahmen dynamisch und in Echtzeit zu berechnen. Damit können für jedes Gebäude in Berlin Auswirkungen von Gebäudesanierungen auf den Energieverbrauch und die Energieeffizienz simuliert sowie die damit verbundenen Kosten abgeschätzt werden.

Insgesamt zeichneten sich die für den Förderpreis des Runden Tisches GIS in diesem Jahr eingereichten Arbeiten durch eine breite Themenfülle aus. Beispielsweise wurde untersucht, wie sich in Trinidad und Tobago aus Mobilfunkdaten die Einzugsbereiche von Krankenhäusern ableiten lassen oder wie aus handschriftlichen Kartenskizzen möglichst automatisiert „echte“ Karten entstehen können. Entsprechend umfangreich war die Arbeit der Jury, der unter Leitung von Professor Ralf Bill von der Universität Rostock diesmal die Professoren Jörg Blankenbach (RWTH Aachen), Jukka Krisp (Universität Augsburg) und Patrick Ole Noack (Hochschule Weihenstephan-Triesdorf) angehörten.