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11.04.2017 | Nutzfahrzeuge - Elektro-Mobilität

Qualitätscheck für Wasserstoff-Tankstellen

ZSW entwickelt Abnahmesystem zur Sicherung der Betankungs- und Wasserstoffqualität

Wasserstoff-Tankstellen für Brennstoffzellenautos müssen wie konventionelle Zapfsäulen vor der Inbetriebnahme abgenommen werden. Auch danach sind regelmäßig Qualitätschecks nötig. Damit die Einhaltung internationaler Standards zum Tanken von gasförmigem Wasserstoff künftig von unabhängiger Stelle getestet werden kann, hat das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) ein mobiles Abnahmesystem entwickelt. Das Gerät misst Druck und Temperatur beim Tankvorgang, prüft die Infrarot-Kommunikation zwischen Fahrzeug und Tankstation und ermittelt die getankte Wasserstoffmenge. Parallel erfolgen Probeentnahmen mit anschließender Analyse des Wasserstoffs auf Verunreinigungen. Das Ziel der Aktivitäten ist, den Ausbau der Wasserstoff-Infrastruktur für eine klimafreundliche Mobilität voranzubringen.

Weitere Informationen zum neuen mobilen Messsystem und zur Wasserstoff-Brennnstoffzellentechnologie werden vom 24. bis 28. April am ZSW-Stand H71 auf der Hannover Messe vorgestellt.
Wasserstoff ist regenerativ in großen Mengen herstellbar und aufgrund des hohen Energieinhaltes ein idealer Kraftstoff für Brennstoffzellen-Fahrzeuge. Der Tankvorgang mit bei 700 Bar gespeichertem Druckgas dauert nur rund drei Minuten, um damit 400 bis 700 Kilometer weit fahren zu können. Brennstoffzellenfahrzeuge werden derzeit in den Markt eingeführt. Parallel dazu erfolgt weltweit der Aufbau von Wasserstoff-Tankstellen. Gegenwärtig werden bundesweit rund 50 Zapfstationen installiert. Bis 2018/2019 soll die Zahl auf 100 steigen. Das Ziel bis 2023 sind 400 Stationen.

Konventionelle Tankstellen für flüssige Kraftstoffe werden von Eichämtern bezüglich korrekter Mengenabgaben überprüft. Zur Qualität der Brennstoffe existiert eine etablierte Analytik. Für den künftigen Kraftstoff Wasserstoff (H2), der als Gas mit hohem Druck in die Brennstoffzellenfahrzeuge abgefüllt wird, sind diese Anforderungen noch recht neu: Für H2-Stationen gelten die gesetzlichen Regelungen zum sicheren Umgang mit Gasen. Sogenannte Betankungsprotokolle nach Industrienorm regeln die wasserstoffbedingten Anforderungen an den Tankvorgang. Beispielsweise den Temperaturbereich beim Umfüllen und Verdichten des Gases, die Mengenmessung oder die Überprüfung der Dichtheit des Zapfvorgangs. Dies muss bei der Abnahme nachgewiesen und in regelmäßigen Abständen überprüft werden.

Die Tests dazu sind im 2014 veröffentlichten technischen Industriestandard SAE J2601 festgehalten. Er soll die Regelungen zu Betankungsvorgängen mit Wasserstoff weltweit harmonisieren.
Mit dem neuen, mobilen Abnahmesystem für Wasserstoff-Stationen des ZSW können die Forscher die Einhaltung der Druck- und Temperaturgrenzwerte und der Infrarot-Kommunikation zwischen Fahrzeug und Tankstelle entsprechend der SAE J2601 überprüfen sowie getankte Wasserstoffmengen mittels integerierter Waage und einem hochgenauen Durchflusssensor messen.

Kleinste Verunreinigungen im Gas aufspüren

Bei der Wasserstoff-Herstellung, dem Transport zur Tankstelle und beim Verdichten des Gases können Verunreinigungen, beispielsweise durch Kohlenmonoxid, auftreten, die die Brennstoffzellen schädigen. Die Grenzwerte, die Verunreinigungen nicht überschreiten dürfen, sind in den Industrienormen SAE J2719 bzw. der ISO14687-2 definiert. Das mobile Abnahmesystem des ZSW entnimmt während und nach der Betankung Wasserstoff-Proben, die von den Ulmer Forschern auf ihre Qualität im Labor überprüft werden. Mehrere Probenentnahme- und Analyseaufträge bezüglich der Leitwerte der SAE J2719/ ISO14687-2 für Verunreinigungen wurden bereits erfolgreich bearbeitet.

Online-Monitoring zur kostengünstigen Überwachung

Das ZSW arbeitet auch an Onlinemonitoring-Konzepten zur schnelleren Bewertung der Wasserstoffqualität. In elektrochemischen Schlüsselversuchen wurde jüngst die Tauglichkeit eines neuen Wasserstoff-qualitätssensors nachgewiesen, der hochsensibel auf die Schadanteile im Wasserstoff reagiert. Ziel der Wissenschaftler ist es, die Überwachung der Wasserstoffqualität an Tank- und Abfüllstellen einfacher und kostengünstiger zu gestalten.
Die vom Umweltministerium Baden-Württemberg geförderte Begleitforschung am ZSW zur Wasserstoff- und Betankungsqualität ist ein weiterer Baustein zur Unterstützung der Markteinführung klimafreundlicher Brennstoffzellen-Autos.

Das Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW) gehört zu den führenden Instituten für angewandte Forschung auf den Gebieten Photovoltaik, regenerative Kraftstoffe, Batterietechnik und Brennstoffzellen sowie Energiesystemanalyse. An den drei ZSW-Standorten Stuttgart, Ulm und Widderstall sind derzeit rund 230 Wissenschaftler, Ingenieure und Techniker beschäftigt. Hinzu kommen 90 wissenschaftliche und studentische Hilfskräfte.