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27.10.2016 | Gebäudemanagement

EU-Kommission in Luxemburg zieht in ALHO-Modulgebäude

Bis Mai 2016 arbeitete der „Motor der EU“, wie die Europäische Kommission als Exekutivorgan der EU, gerne auch genannt wird, mit rund 1.600 Mitarbeitern im Gebäude „Jean Monnet” (JMO) auf dem Plateau Kirchberg in Luxemburg. Doch die Tage des 1975 erbauten Bauwerks, dem der Wegbereiter der europäischen Einigung als Namenspate diente, sind gezählt: Aufgrund von Asbestbelastung soll es abgetragen und der Nachfolgebau „Jean Monnet II” errichtet werden. Bis zu dessen Fertigstellung nutzen 540 Mitarbeiter des Übersetzungsdienstes ein modernes Verwaltungsgebäude in ALHO Modulbauweise als Interimsbauwerk. Dieses beeindruckt allein schon durch seine Dimensionen und gilt als eines der größten Modulbauprojekte Europas. Aus 447 vorgefertigten Raummodulen ist innerhalb von zehn Monaten ein hochwertiger Gebäudekomplex mit insgesamt 15.490 Quadratmetern Bruttofläche entstanden.

Erschlossen wird das Gebäude über ein lichtdurchflutetes, alle Etagen übergreifendes Foyer, das an der Schnittstelle des Hauptgebäuderiegels mit einem der Kammriegel entsteht. (Foto: ALHO Holding GmbH)

Das beste aus drei Ländern

„JMOT- Jean-Monnet Transitoire” wird das Übergangsgebäude genannt, das nun für die kommenden zehn Jahre Arbeitsort der Kommissionsmitarbeiter sein wird. Es wurde von der ALHO Systembau S.à r.l. im Auftrag des Fonds Kirchberg auf einem Grundstück am Rande des Wohngebiets Kiem realisiert. Der Fonds Kirchberg ist eine öffentliche Einrichtung, die sich mit der Urbanisierung und dem Erschließungsmanagement des Kirchberg Plateaus der Stadt Luxemburg befasst.

Die Raummodule, aus denen sich das weitläufige Ensemble zusammensetzt, wurden in drei Werken der ALHO-Gruppe präzise nach den Vorgaben der Werkplanung vorgefertigt – im französischen Werk in Mitry-Mory, in der deutschen Raumfabrik in Friesenhagen sowie im Werk Wikon in der Schweiz. Das Bauwerk spiegelt damit auch sinnbildlich wider, wofür die EU Kommission steht: Gute europäische Zusammenarbeit.

Logistische und planerische Herausforderung

ALHO hat das gesamte Bauprojekt entwickelt, konzipiert, koordiniert und realisiert. Nicht nur erforderte die präzise Vorfabrikation der nicht nur rechteckigen, sondern auch dreieckigen und trapezförmigen Module viel Erfahrung und organisatorische Routine, auch stellte die Baustellenlogistik eine große Herausforderung dar. Die jeweils rund 12 Tonnen schweren Raumelemente mussten mittels Tieflader nachts und unter Begleitung nach Luxemburg befördert werden. Dort wurden sie der Montagereihenfolge entsprechend aufgereiht und gelagert und in mehreren Bauabschnitten zu einem dreigeschossigen Gebäudekomplex zusammengefügt.

Vor Ort wurden täglich bis zu 14 Raumelemente mit einem entsprechend ausgelegten Kran an ihren vorbestimmten Platz gehievt und miteinander verschweißt. Dann erfolgten die abschließenden Arbeiten wie der modulübergreifende Innenausbau, die haustechnischen Installationen, das Anbringen von Wärmedämmverbundsystem mit Putzfassade sowie die Abdichtung des Daches. Die Gebäudegründung wurde ebenfalls von ALHO realisiert.

„Da das Bestandsgebäude geräumt werden musste, brauchten wir sehr schnell einen Ersatz”, beschreibt der Architekt Miguel Fernandes, der auf Bauherrnseite die Planungen mitverantwortete, die Entscheidung für die flexible Bauweise. „Der Fonds Kirchberg hatte schon in den 1990er Jahren ein größeres Gebäude in Modulbauweise für den europäischen Gerichtshof errichten lassen, ALHO hingegen kannten wir von einer kleineren Bauaufgabe, die wir im Jahr 2015 innerhalb des Projekts „Quartier Stuff” miteinander verwirklichten. Besonders beeindruckte uns damals die Schnelligkeit, mit der Modulbau-Projekte umgesetzt werden können, die präzise Vorfabrikation und die hohe Gebäudequalität. Für das Interimsgebäude gab es darum keine Alternative zur Modulbauweise”.

Kunst am Bau

Den parallel ausgeschriebenen Wettbewerb um die künstlerische Gestaltung der Außenfassade gewann der luxemburgische Künstler und Grafikdesigner Paul Kirps. „Vom Hippodamischen Schema (eine antike Methode zur Erweiterung und Neugründung urbanen Raums) bis hin zu modernen Kommunikationsnetzen beschreibt die geometrische Sprache des Kunstwerks „Global Village“ die Strukturen der zeitgenössischen sozialen Realität“, so der Künstler über sein Werk. „Ähnlich einer städtischen Nachbarschaft oder einem Netzwerks von Ballungszentren, verleihen die farbenfrohen Flächen dem europäischen Viertel einen Rhythmus und schaffen visuelle Referenzpunkte vor sonst grauem Hintergrund“.

Klare und eindeutige Organisation

Die Gebäuderiegel mit einer Bruttogeschossfläche von insgesamt 15.490 Quadratmetern, schließen zwei Innenhöfe ein, verzahnen sich und bilden Durchdringungen, um schließlich in einem markanten Kopfbau zu münden. Ein Gebäude dieser Größe und Komplexität erfordert eine klare und eindeutige Organisationsstruktur: Auf drei nahezu identischen Etagen reihen sich Büros unterschiedlicher Größe aneinander, immer wieder unterbrochen von großen, stützenfreien Sitzungssälen und Besprechungsräumen, mehreren Aufzugs- , Treppen und Sanitäranlagen und gemeinsamen Zonen mit Teeküchen, Druckerräumen, Materiallagern und Archiven.

Im Erdgeschoss weitet sich der rund 143 Meter lange Hauptriegel gegen Osten zu einem rechteckigen Kopfbau auf. Hier sind Großküche, Kantine und Cafeteria mit insgesamt über 250 Sitzplätzen untergebracht. Erschlossen wird das Gebäude über ein lichtdurchflutetes, alle Etagen übergreifendes Foyer, das an der Schnittstelle des Hauptgebäuderiegels mit einem der Kammriegel entsteht. Mit seiner großflächigen, über Eck laufenden Pfosten-Riegel-Fassade öffnet es sich einladend den Besuchern nach außen. Offene Galerieebenen bieten Blickverbindungen vom Entree bis hinauf in die zweite Etage.

Moderne Technik sorgt für angenehmes Arbeitsklima

Das Gebäude verfügt über Vollklimatisierung und erreicht insgesamt die Energieklasse B nach dem Luxemburgischen „CPE“-Standard. Dies entspricht einem deutschen Niedrigenergiegebäude. Der Modulbau ist mit seinen insgesamt acht Aufzugsanlagen durchgehend barrierefrei konzipiert. Separat wurde ein Technikgebäude mit unterirdischer Technikgalerie errichtet, die alle Gebäudeteile erschließt. Die Lüftungszentrale des Hauses garantiert einen hohen Grad an Wärmerückgewinnung und befindet sich ebenso auf dem Dach wie die Paneele der thermischen Solaranlage zur Brauchwassererwärmung.

„Die Zusammenarbeit mit Alho war generell sehr positiv“, sagt Miguel Fernandes. „Mit meinem Kollegen, dem Ingenieur Jean-Frédéric Nizet, habe ich das Projekt in der Planungs- und Ausführungsphase begleitet. Das Team von ALHO hat sich dabei als sehr kompetenter und professioneller Partner erwiesen und das Bauprojekt ausgezeichnet geplant, koordiniert und umgesetzt “.

Schon während der Bauphase war das Gebäude Ziel regelmäßiger Besuche von Seiten der EU-Kommission, die dem Bauvorhaben sehr positiv gegenüberstand: „ Die EU Mitarbeiter haben sich an ihrem neuen Arbeitsplatz gut eingelebt und sind sehr zufrieden“, bestätigt Architekt Fernandes. „Wir haben für den Bau eine provisorische Baugenehmigung für zehn Jahre erhalten bis „JMO II” fertiggestellt sein wird. Nun hoffen wir, dass die EU-Kommission das Gebäude zu diesem Zeitpunkt überhaupt wieder verlassen will.“