Kompetenzzentrum Wärmenetze der KEA: Neue Entwicklungen helfen dem klimafreundlichen Strukturwandel
Haushalte, die an ein Wärmenetz angeschlossen sind, müssen sich nicht um ihre Heizungsanlage kümmern und profitieren in vielen Fällen von günstigen Wärmekosten. Die höhere Energieeffizienz durch die mögliche Nutzung von Abwärme und erneuerbarer Energien schont außerdem das Klima.
Technische Fortschritte können die leitungsgebundene Wärmeversorgung jetzt weiter voranbringen, berichtet das Kompetenzzentrum Wärmenetze der KEA Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg. Dreifach gedämmte Stahl-Doppelrohre etwa, die erst kürzlich auf den Markt gekommen sind, reduzieren die Wärmeverluste gegenüber konventionellen Rohren auf die Hälfte und sparen Betriebskosten. Bessere Steuerungs- und Regelungstechniken sowie eine größere Temperaturspreizung minimieren die Netzverluste zusätzlich. Das kommt den angeschlossenen Haushalten und den Betreibern neuer Wärmenetze zugute. Eine bessere Förderung seit diesem Jahr senkt im Süd-westen zudem die Investitionskosten.
Wärmenetze können erneuerbare Energien, energieeffiziente Kraft-Wärme-Kopplung und Abwärme kostengünstig integrieren. Sie sind daher besonders geeignet, die Energiewende auch im Wärmesektor umzusetzen. Den Beteiligten bieten sie viele Vorteile: „Hauseigentümer müssen sich nicht um ihre Heizungsanlage kümmern, sind weniger abhängig von Preissteigerungen bei fossilen Energieträgern und zahlen, wenn richtig geplant wird, geringere Wärmepreise“, so Helmut Böhnisch, Leiter des Kompetenzzentrums Wärmenetze. „Kommunen erhöhen ihre Versorgungssicherheit und halten die Wertschöpfung im Ort, für Energieversorger ist die langfristige Kundenbindung interessant.“
Technische Verbesserungen reduzieren Wärmeverluste und Kosten
Jüngste technische Fortschritte könnten die Wärmenetze künftig attraktiver machen und den Anteil der Fernwärme am Endenergieverbrauch der deutschen Haushalte von bisher sechs Prozent steigern. Mit dreifach gedämmten Stahl-Doppelrohren beispielsweise, die seit kurzem von den Herstellern angeboten werden, lassen sich gegenüber Stahl-Einzelrohren mit Standarddämmung 54 Prozent Wärmeverluste einsparen. Die Energie- und Kosteneinsparung erfolgt langfristig, da Wärmenetze aus Stahlrohren eine Lebensdauer von 40 oder sogar 50 Jahren aufweisen.
Auch bei der Steuerungs- und Regelungstechnik hat sich zuletzt einiges getan. So lässt sich der hydraulisch bisher als schwierig eingeschätzte Betrieb von Wärmenetzen mit mehreren Einspeisepunkten oder mit dezentralen Pufferspeichern durch Einsatz moderner Regelungstechnik mittlerweile gut beherrschen. Dadurch ist es möglich, die Rohrleitungsquerschnitte zu reduzieren. Das spart Material, senkt die Netzverluste und verringert die Kosten.
Ein Forschungsprojekt, das die Hochschule München in Kooperation mit den Stadtwerken München durchgeführt hat, brachte ebenfalls gute Ergebnisse. Dort konnte die Rücklauftemperatur von Hausstationen in Mehrfamilienhäusern sehr deutlich reduziert werden. Im Rahmen des Projekts wurden Anlagen zur Trinkwarmwasserbereitung in Mehrfamilienhäusern optimiert. Die von der Hochschule entwickelten Anlagen schaffen es trotz Zirkulation, Rücklauftemperaturen im Bereich zwischen 16 und 30 Grad Celsius zu erreichen. Bislang waren oft 50 bis 60 Grad üblich. Ist die Differenz zwischen Vorlauf- und Rücklauftemperatur, die sogenannte Temperaturspreizung, größer, kann mit weniger Pumpstrom mehr Energie transportiert werden und sowohl die Netzverluste als auch die Kosten sinken.
Förderung ist gestiegen, regionale Initiativen gründen sich
Die staatliche Förderung erleichtert die Finanzierung von Wärmenetzen enorm: Der Bund bietet zinsgünstige Darlehen der KfW und Tilgungszuschüsse an. Das Land Baden-Württemberg gibt für den Ausbau der Wärmenetzinfrastruktur seit diesem Jahr insgesamt 8,8 Millionen Euro Fördergeld hinzu. Investitionen von Landkreisen, Städten und Gemeinden etwa werden vom Land mit bis zu 400.000 Euro unterstützt. Hinzu kommen Gelder für regionale Netzwerkinitiativen und Klimaschutzteilkonzepte mit dem Schwerpunkt Wärmenetze. Das Förderprogramm soll mit dazu beitragen, den Anteil erneuerbarer Wärme von heute 14 Prozent auf 21 Prozent im Jahr 2020 anzuheben.
Die Nachfrage ist hoch. In den ersten beiden Antragsrunden bewilligte das Land von 22 Anträgen insgesamt elf. Unter anderem werden mit dem Förderbetrag von insgesamt 1,72 Millionen Euro sieben Bioenergiedörfer unterstützt, in denen überschüssige Wärme aus bestehenden Biogasanlagen in neu errichtete Nahwärmenetze eingespeist werden soll. Damit ist ein weiterer kleiner Schritt getan, die mangelnde Effizienz vieler Biogasanlagen, in denen bisher nur der Strom genutzt wird, zu verbessern.
Nicht zuletzt bringen engagierte regionale Initiativen den Ausbau der Wärmenetze in Städten und Gemeinden voran. In Baden-Württemberg etwa gibt es inzwischen acht solcher Initiativen, drei weitere stehen vor ihrer Gründung. Sie erhalten vom Land eine finanzielle Förderung über einen Zeitraum von drei Jahren. Das Kompetenzzentrum Wärmenetze unter dem Dach der KEA führt die Arbeit der regionalen Initiativen in einem landesweiten Netzwerk zusammen. Damit können Personalkapazität und Ressourcen gebündelt und die Wirksamkeit insgesamt erhöht werden.
Wärmenetze: So selbstverständlich wie Abwasserleitungen
Die jüngsten technischen und finanziellen Fortschritte werden die klimafreundliche Wärmeversorgung ein gutes Stück voranbringen, glaubt Helmut Böhnisch. „Wärmenetze könnten künftig in den Kommunen so selbstverständlich werden wie die Abwasserleitungen – hier besteht ja auch niemand auf eine eigene Kläranlage im Keller.“
Die neuen Entwicklungen bei Wärmenetzen wurden auf der Fachtagung Nahwärme kompakt des Kompetenzzentrums Wärmenetze der KEA am 29. September 2016 in Karlsruhe vorgestellt. Die Fachbeiträge und ein Rückblick sind online verfügbar: siehe 2. Link