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17.05.2016 | Beschaffungspraxis

Lieferketten durch Erdbeben in Japan massiv beeinträchtigt

Die wirtschaftlichen Auswirkungen der beiden Erdbeben im japanischen Kumamoto, bei dem am 16. April Dutzende von Menschen umkamen, sind gravierender als die Nuklearkatastrophe von Fukushima. „Die Lieferketten zahlreicher in- und ausländischer Industrieunternehmen wurden massiv beeinträchtigt“, teilte Horst Wiedmann, Leiter Strategische Materialwirtschaft und Zentrale Services beim Automobilzulieferer ZF und Vorstandsvorsitzender des Bundesverbands Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME), am Dienstag in Friedrichshafen mit.

Folgen des Japan-Erdbebens: Betroffene Unternehmen müssen die gerissenen Logistikketten durch andere Lieferanten kurzfristig überbrücken. (Foto: midoriya21 / Fotolia)

Nach aktuellen BME-Informationen mussten inzwischen mehrere Automobilhersteller, darunter General Motors, Toyota, Honda und Nissan, vorübergehend ihre Werke in Japan schließen. Sony stoppte die Herstellung von Bildsensoren für Kameras, weil dort ebenfalls ein Werk beschädigt wurde. Wie in anderen Fabriken der Umgebung ist ein Neustart der Montage nicht so schnell möglich, da viele Gebäude einzustürzen drohen. Alle betroffenen Unternehmen stehen jetzt vor der Aufgabe, die betroffenen Logistikketten durch andere Lieferanten kurzfristig zu überbrücken.

Wiedmann: „Die jüngste Naturkatastrophe hat wieder einmal gezeigt, wie komplex und verletzlich die modernen globalen Supply Chains sind. Jetzt sind alle die Unternehmen im Vorteil, die ihr Risiko- und Beschaffungsmanagement rechtzeitig gegen plötzliche Störungen der Lieferkette wetterfest gemacht haben.“ Risikoprävention und schnelle Krisenreaktion durch gezielte Maßnahmenplanung seien in einer immer fragiler werdenden Welt unerlässlich. Das habe die jüngste Katastrophe in Japan einmal mehr bestätigt.  

Einkaufs- und Supply-Chain-Experten von ZF seien – ähnlich wie die Teams von Bosch und Continental – seitdem vor Ort, um die durch das Erdbeben entstandenen logistischen Probleme zu lösen. Parallel dazu gebe es bei ZF tägliche Krisenmanagement-Meetings, um die Auswirkungen des Erdbebens auf die ZF-Lieferketten zu mildern. Wie andere Global Player arbeiten japanische Hersteller elektronischer Bauteile für ZF, das zu den weltweit führenden Unternehmen auf dem Gebiet der Antriebs-, Fahrwerk- und Sicherheitstechnik gehört. Wenn diese Zulieferer kurzfristig ausfallen, müsse schnell gehandelt werden. Dann erweise sich, wie flexibel das Risikomanagement und wie belastbar das Supplier-Netzwerk der Unternehmen sei. Firmen, die auch nach der Reaktorkatastrophe in Fukushima weiter ohne Zweitlieferanten operierten, hätten jetzt das Nachsehen. Single Sourcing sei in einer immer globaler werdenden Welt mit fortschreitender Digitalisierung der Wirtschaft ein Auslaufmodell. 

ZF habe laut Wiedmann wie andere Branchenunternehmen mit erheblichen Produktionsausfällen in Japan zu kämpfen. Fabrikhallen seien teilweise erheblich beschädigt, zerstörte Maschinen und Anlagen müssten neu aufgebaut werden. Viele Lieferanten müssen sich angesichts ausfallender Lieferungen auf höhere Gewalt berufen und hätten deshalb Force Majeure für sich reklamiert.