Studie: Sinnvolle Geschäftsmodelle für die energetische Sanierung öffentlicher Gebäude
KEA entwickelt im EU-Projekt EnPC INTRANS bedarfsorientierte Maßnahmen für Kommunen. Mit Energiespar-Contracting (ESC) können die meisten öffentlichen Gebäude energetisch saniert werden – auch wenn die Gegebenheiten in den einzelnen Liegenschaften völlig unterschiedlich sind. Zu diesem Ergebnis kommt eine aktuelle Studie der KEA Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg mit Kooperationspartnern aus neun Ländern. Die Partner definieren darin drei Geschäftsmodelle, die den unterschiedlichen Handlungsbedarf in öffentlichen Liegenschaften berücksichtigen. Die Untersuchung wurde im Rahmen des Projekts ENPC INTRANS (Kapazitätsaufbau für Energiespar-Contracting für die europäischen Märkte im Wandel) erstellt und beschreibt auch erfolgreiche Beispiele aus der Praxis. Sie kann online (siehe Link) heruntergeladen werden.
Kommunen mit Sanierungsbedarf in Europa können die Studie als Orientierungshilfe nutzen, um einen individuellen Weg für das Energiespar-Contracting zu finden. Kernelement der Untersuchung ist die Energiespar-Garantie verbunden mit einer Refinanzierung der gesamten Projektkosten. In allen drei Modellen werden die Kosten durch die zu erwartenden Einsparungen gedeckt. Der Umfang der Maßnahmen und die damit verknüpften Risiken, Kosten und Vertragslaufzeiten variieren.
Mit Contracting Light technische Geräte in Berlin-Pankow optimiert
Mit dem Geschäftsmodell ESC-Light optimieren Kommunen den Betrieb aller technischen Geräte in öffentlichen Gebäuden. ESC Light beinhaltet auch die Implementierung eines Energiemanagementsystems sowie die Auflistung der weiteren Energieeffizienzmaßnahmen. Da die Vertragslaufzeit nur zwei bis drei Jahre beträgt, ist dieses Modell für alle öffentlichen Gebäude mit Energieeinsparpotenzial geeignet – also für die Mehrheit des öffentlichen Gebäudebestands. Der Contractor trägt das Risiko, dass die Einsparung tatsächlich erzielt wird. Die Kommune erhält meistens auch einen Teil der Einsparungen.
Dieses Modell bedeutet für beide Partner wenig Aufwand und ist insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen geeignet, die in den Contracting-Markt einsteigen und technisches Knowhow im Anlagenbetrieb sammeln wollen. Die Kommunen profitieren von der Einführung der Energiemanagementsysteme, der Energieeinspar-Garantie und den professionellen Handlungsempfehlungen zur Verbesserung der Energieeffizienz in ihren Gebäuden.
Erste Erfahrungen mit diesem Modell sammelte zum Beispiel Berlin-Pankow: In 15 Schulen und Verwaltungsgebäuden wurde eine Energieeinsparung von fast zehn Prozent erreicht. Der Energiedienstleister erhielt davon fast 50 Prozent.
Contracting Basic in sieben Liegenschaften der Stadt Oberndorf
Mit ESC-Basic werden im Wesentlichen technische Effizienzmaßnahmen durchgeführt. In der Regel beträgt die Vertragslaufzeit zwischen fünf und 15 Jahren; die garantierte Einsparung liegt zwischen 20 und 60 Prozent. Der Energiedienstleister trägt sämtliche wirtschaftlichen und technischen Risiken und ist verantwortlich für Planung, Installation und Finanzierung von Energiesparmaßnahmen sowie für die Wartung der gesamten installierten technischen Ausrüstung. Da die erneuerten technischen Anlagen öffentliches Eigentum sind, hat die Kommune sehr große Sicherheiten.
Viele öffentliche Verwaltungen in Europa wenden dieses Modell bereits an und kooperieren mit kompetenten Energiedienstleistern – insbesondere in Österreich, Tschechien, Frankreich, Deutschland und Großbritannien.
Das Modell wurde zum Beispiel in Oberndorf (Baden-Württemberg) in sieben kommunalen Liegenschaften umgesetzt: Der Contractor investierte rund 2,5 Millionen Euro in eine neue Heizungszentrale, ein Nahwärmenetz, neue Lüftungsanlagen, Beleuchtung und Regelungstechnik. Innerhalb einer Vertragslaufzeit von elf Jahren und acht Monaten beträgt die jährliche Einspar-Garantie 216.000 Euro – fast 76 Prozent des ursprünglichen Energieverbrauchs.
Umfassende Sanierung bei der Bundespolizei in St. Augustin
Das Geschäftsmodell ESC-Plus passt für umfassende Sanierungsvorhaben und schließt Wärmeschutzmaßnahmen an der thermischen Hülle ein. Höhere Investitionskosten verlängern die Amortisationszeit, daher beträgt die Vertragslaufzeit zum Teil 20 Jahre und mehr. Darüber hinaus erfordern solche Projekte meist eine Kofinanzierung durch öffentliche Gelder, öffentliche Fonds oder Zuwendungen von Bauherren, wobei die Einsparungen sogar mehr als 70 Prozent betragen können. Es ist auch möglich, umfassende Sanierungen in größere Gebäude-Pools zu integrieren, um die Sanierung von ein oder zwei dieser Gebäude durch die Gesamteinsparung querzufinanzieren.
In Deutschland setzte die Deutsche Energieagentur diesen Ansatz für die Bundespolizei mit 84 Liegenschaften in St. Augustin um: Neben einem neuen Holzhackschnitzelkessel, einem Blockheizkraftwerk und einem Spitzenlastkessel, neuer Regelungstechnik und Beleuchtung wurde auch die Gebäudehülle teilweise gedämmt. Die Einspargarantie beträgt 55 Prozent der bisherigen Energiekosten bei einer Vertragslaufzeit von zehn Jahren. Ein weiteres Pilotvorhaben läuft derzeit in Mannheim unter der Federführung der KEA.
Was bedeutet Energiespar-Contracting?
Energiespar-Contracting hilft Kommunen, trotz knapper Haushaltsmittel ihre Liegenschaften energetisch zu sanieren. Contractoren sanieren mit eigenem Kapital die Gebäude und garantieren eine langfristige Energieeinsparung. Entlohnt wird dies beim Einspar-Contracting über die tatsächlichen Einsparungen in einem festgelegten Zeitraum. Der Auftraggeber erhält Gebäude mit effizienter Anlagentechnik und hat einen „Kümmerer“ an seiner Seite. Das finanzielle Risiko trägt das private Contracting-Unternehmen: Die Höhe der Investitionen, der sichere Anlagenbetrieb oder auch das Erzielen der garantierten Einsparungen. Erfahrungen zeigen, dass deshalb die Energiesparziele regelmäßig erreicht bzw. sogar übertroffen werden.
Um Energiespar-Contracting in Europa weiter zu verbreiten, haben die Kooperationspartner von EnPC INTRANS den europäischen Markt untersucht, wesentliche Akteure befragt und die Ergebnisse in der vorliegenden Studie veröffentlicht. Teilnehmende Länder sind Kroatien, Deutschland, Griechenland, Lettland, Rumänien, Serbien, Slowakei, Slowenien und die Ukraine.
Energiespar-Contracting kann in Form der beschriebenen drei Geschäftsmodelle umgesetzt werden, entsprechend der unterschiedlichen Gegebenheiten in den Gebäuden und der bestehenden rechtlichen, wirtschaftlichen und administrativen Rahmenbedingungen in den Kommunen, Landkreisen oder Bundesländern. Die Projektpartner analysierten daher auch die wesentlichen Hindernisse sowie die bestehenden Anreize für Energiespar-Contracting in den einzelnen Ländern. Haupthemmnisse sind die bestehenden Vergabe- und Genehmigungsregelungen für Contracting in öffentlichen Liegenschaften, das mangelnde Wissen über das Energiespar-Contracting und die komplexen Entscheidungsprozesse in öffentlichen Verwaltungen. Andererseits sind das politische Bestreben zur Verbesserung der Energieeffizienz und die damit einhergehenden Gesetze und Normen für die Umsetzung von ESC-Projekten hilfreich.
Die Projektpartner werden das gesammelte Wissen in Qualifizierungsmaßnahmen weitergeben. .