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30.03.2016 | Sanitär-Heizung-Klima

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Gefährdungsanalyse bei Legionellen – sicher möglich?

Betreiber von öffentlichen und gewerblichen Gebäuden sind für den hygienekonformen Betrieb ihrer Trinkwasserinstallation verantwortlich. Wie dies zu gewährleisten ist, regeln die Vorgaben der Trinkwasserverordnung. Doch bei genauer Betrachtung stellt sich heraus, dass dies in punkto Gefährdungsanalyse bei Legionellen realiter nur bedingt möglich ist.

Ganz gleich, ob öffentliches oder gewerbliches Gebäude; Rathaus oder Schule, Schwimmbad oder Sporthalle – wird der technische Maßnahmenwert für Legionellen (100 KBE/100ml) überschritten, so steht der Betreiber in der Pflicht. Unverzüglich sind die Ursachen für die Kontamination zu untersuchen und eine Gefährdungsanalyse vorzunehmen, auf deren Basis ein Konzept für eine mögliche Sanierung bzw. geänderte Betriebsweise der Installation zu entwickeln und umzusetzen ist (TrinkwV 2001, §16,7, Satz 1-3).

Die Abklärung der Ursachen einer Kontamination umfasst eine Ortsbegehung mit Überprüfung der Einhaltung der allgemein anerkannten Regeln der Technik. Oftmals wird dies im Sprachgebrauch auch als Ursachenanalyse oder Ursachen- und Gefährdungsanalyse bezeichnet. Mit der eigentlichen Gefährdungsanalyse, im Wortsinne, die Einschätzung der Gefahr des weiteren Nutzens, darf dies aber nicht verwechselt werden:

Die Gefährdungsanalyse soll dem Betreiber „eine konkrete Feststellung der planerischen, bau- oder betriebstechnischen Mängel liefern. Darüber hinaus soll sie darin unterstützen, notwendige Abhilfemaßnahmen zu identifizieren und ihre zeitliche Priorisierung unter Berücksichtigung der Gefährdung der Gesundheit von Personen festzulegen“ (Empfehlung Umweltbundesamt (UBA), Dez. 2012). Doch bei genauerer Betrachtung und unter Berücksichtigung jüngster Forschungsergebnisse stellt sich heraus, dass die Gefährdungsanalyse die an sie gestellten Anforderungen nur sehr bedingt erfüllen kann:

Kritische Punkte von Wahl der Probenahmestellen bis zum Kaltwasser

  1. Mangelnde Fachkenntnis bei der Auswahl geeigneter Probenahmestellen für eine repräsentative systemische Untersuchung einer Trinkwasserinstallation führt zu wenig aussagekräftigen Ergebnissen. Expertise von Fachingenieuren, -planern oder Installationsmeistern ist unabdingbar.

  2. Bei der Probenahme werden vorwiegend die im Wasser suspendierten Legionellen erfasst – nur sehr beschränkt die im Biofilm siedelnden Spezies. Rund 70 Prozent der Kontaminationen bleiben daher unentdeckt.

  3. Kultivierungsbefunde aus Laboruntersuchungen sind kritisch zu beurteilen: Legionellen können stressbedingt einen VBNC-Zustand einnehmen, in dem sie zwar lebensfähig, aber nicht kultivierbar sind. Auch das bedingt die nur 30-prozentige Trefferquote.

  4. Ein Zusammenhang zwischen KBE-Wert und Gesundheitsrisiko konnte bisher nicht nachgewiesen werden. Nicht einmal die Virulenz der kultivierten Bakterien kann zuverlässig eingeschätzt werden. Die Fachwelt spricht von „Bauchgefühl“, was die Festlegung der Höhe des technischen Maßnahmenwerts betrifft. Er löst lediglich ein Handeln aus.

  5. Die Kaltwasserseite bleibt bei der Probenahme nach TrinkwV weitestgehend unberücksichtigt. Doch die Praxis zeigt: Oftmals sind dort die Ursachen für eine Kontamination zu finden.

Hygienisches Handeln unabhängig vom KBE-Wert bringt mehr (Rechts-)Sicherheit

Die aufgeführten Punkte zeigen, dass trotz normativer Untersuchung der Trinkwasserinstallation und Einhalten der Vorgaben der Trinkwasserverordnung eine Beurteilung des tatsächlichen Zustands einer Trinkwasserinstallation bedingt möglich ist. Noch schwieriger ist es, auf dieser Grundlage gemäß UBA-Empfehlungen zu beurteilen, ob und welches Gesundheitsrisiko von ihr ausgeht. Für den Betreiber bedeutet dies: Gleichwohl er seine Installation formal hygienekonform gemäß Trinkwasserverordnung betreibt, kann es dennoch zu Legionelleninfektionen kommen – und dafür steht er durch seine Verkehrssicherungspflicht in der Haftung. Was also tun? Die Handlungsempfehlung: Der Betreiber sollte unabhängig vom KBE-Wert grundsätzlich darauf bedacht sein, mögliche Ursachen von Kontaminationen zu erkennen und zu beseitigen.