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19.01.2016 | Nutzfahrzeuge - Elektro-Mobilität

Prämien für E-Autos in ökologisches Gesamtkonzept einbauen

DEN: „Wer Elektromobilität fördert, muss Spritschluckern den Kampf ansagen!“

einbMit Skepsis nimmt das Deutsche Energieberater-Netzwerk (DEN) e.V. den Vorschlag von Bundeswirtschaftsminister Sigmar Gabriel (SPD) zur Kenntnis, den Kauf von Elektrofahrzeugen künftig mit staatlichen Prämien zu unterstützen. Die Rede ist in Medien von 5000 Euro und einem bis 2020 rund 2 Mrd. Euro umfassenden Programm.

„Diese Idee klingt im ersten Moment wirtschafts- und klimafreundlich, entpuppt sich aber bei näherem Hinsehen als vordergründig und von Wahlkampf motiviert“, sagt dazu der Vorsitzende des DEN, Dipl.-Ing. Hermann Dannecker. „Elektromobilität wird sich in großem Umfang erst lohnen, wenn die nötigen Techniken marktreif und wettbewerbsfähig sind. Das ist aktuell aber noch nicht der Fall. Da hat die deutsche Autoindustrie lange geschlafen und aufs falsche Pferd gesetzt.“

Dannecker verweist auf die derzeit historisch niedrigen Preise für Treibstoffe. „Benzin und Diesel sind so billig wie lange nicht mehr. Grund sind Machtkämpfe zwischen bestimmten Erzeugerländern. Über diese Preise freuen sich zwar deutsche Autofahrer. Solange das aber so bleibt, haben E-Autos bei der breiten Masse der Kundschaft keine Chance, weil sie ungleich teurer sind und in den meisten Fällen nur sehr begrenzte Reichweiten haben. Und die meisten Autohersteller setzen weiterhin auf die Verbrennungstechnik und machen ihre Milliardengewinne mit schweren und teuren Wagen.“

Für den Ingenieur ist es ein Zeichen von Hilflosigkeit, wenn jetzt mit dem Geld aller Steuerzahler eine nur bedingt marktreife Technik gefördert werden soll: „Derzeit fahren auf Deutschlands Straßen nur rund 31.000 E-Fahrzeuge. Warum wohl? Weil sowohl die Batteriespeicher, die Ladeinfrastruktur und die Reichweiten der Wagen noch nicht den Erwartungen der Kunden entsprechen. Wenn man wirklich etwas erreichen will, müsste man massiv in Forschung und Entwicklung investieren und die Produkte unwiderstehlich machen. Das wäre eine staatliche Aufgabe!“

Der DEN-Vorsitzende bemängelt zudem, dass mögliche Prämien nicht an ökologisch sinnvolle Zusatzbedingungen geknüpft werden: „Frankreich macht vor, wie es gehen könnte. Dort werden 10.000 Euro beim Kauf eines Elektrofahrzeugs gezahlt, wenn gleichzeitig ein alter Diesel verschrottet wird. Mit diesem Junktim will man Emissionen reduzieren. Wenn in Deutschland dagegen zwei Tonnen schwere SUVs die Renner sind und abgefeimte Betrügereien mittels 'Schummel-Software' verniedlichend als Kavaliersdelikt aufgefasst werden, dann ist hier das Bewusstsein für die Rolle des Verkehrs beim Schadstoffausstoß und beim Klimaschutz noch nicht genügend ausgeprägt.“

Der Architekt und Energieberater fürchtet, dass mit öffentlich geförderter E-Mobilität bestimmte Autohersteller ihre Bilanzen schönen könnten: „Es darf natürlich nicht sein, dass mit subventionierten Elektrofahrzeugen Autofirmen ihre durchschnittlichen Flottenverbräuche und -Emissionen aufhübschen. Wenn man E-Mobilität fördern will, muss man den Spritschluckern gleichzeitig den Kampf ansagen!“

Deshalb sollte man neben einer möglichen Förderung von Elektrofahrzeugen den Betrieb von schweren, umweltschädlichen Fahrzeugen unattraktiver gestalten, findet Dannecker: „Dazu gehört aber politischer Mut. Man darf bezweifeln, ob sich eine Regierung kurz vor Wahlen trauen würde, ihren Bürgern den Spaß an deren liebstem Kind – dem Auto – zu vergällen. Da wäre es ehrlicher, das eigene Ziel, bis 2020 eine Millionen E-Fahrzeuge auf deutschen Straßen zu haben, als unrealistisch zu kassieren.“

Das Deutsche Energieberater-Netzwerk (DEN) e.V. ist ein Zusammenschluss von über 700 Ingenieuren, Architekten und Technikern. Alle Mitglieder verbindet das gemeinsame Arbeitsgebiet der Beratungs- und Planungsleistungen zur effizienten Energienutzung und Einsatz von erneuerbaren Energien im Gebäudebestand, der Wohnungswirtschaft, Gewerbe und Industrie sowie für Kommunen. Ihre Beratung erbringen sie neutral und unabhängig.