Deutsche Industrie startet unspektakulär ins neue Jahr
Die deutsche Industrie hat im Januar einen Gang zurückgeschaltet. Das signalisiert der Markit/BME-Einkaufsmanager-Index (EMI), der im ersten Monat des neuen Jahres mit 52,3 (Dezember 2015: 53,2) auf ein Dreimonatstief gefallen ist. Der wichtige Indikator für die konjunkturelle Lage in der deutschen Industrie spiegelt das Ergebnis der Januar-Umfrage unter mehr als 500 Unternehmen des Verarbeitenden Gewerbes in einem Wert wider.
"Die deutsche Industrie ist eher unspektakulär ins neue Jahr gestartet. Obwohl der EMI erneut Wachstum signalisierte, blieb der Schwung vergangener Monate dieses Mal aus“, betonte Dr. Christoph Feldmann, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME), am Dienstag in Frankfurt. Erfreulich für Einkäufer sei aber, dass der Trend fallender Einkaufspreise im Januar weiter anhielt, da sich die Kosten für Rohöl, Energie und viele andere Einstandsmaterialien im Sinkflug befanden.
„Der Januar war sehr turbulent. Das fand auch im EMI seinen Niederschlag“, sagte Dr. Gertrud R. Traud, Chefvolkswirtin der Helaba Landesbank Hessen-Thüringen, dem BME. Der Rückgang sollte nach Ansicht der Helaba-Bankdirektorin aber nicht überbewertet werden, denn die im Januar dominierenden Risikofaktoren seien weniger gravierend als derzeit „gefühlt“. So befinde sich China in einem Transformationsprozess von einem Entwicklungs- zu einem Industrieland; allerdings sei das Reich der Mitte schon sehr weit fortgeschritten, so dass es gleichzeitig von der verlängerten Werkbank zu einer mehr auf Konsum ausgerichteten Volkswirtschaft werde. Traud abschließend: „Dies geht zwar auch mit Veränderungen für unsere Industrie einher, sollte uns aber nicht erschrecken. Der Aktienmarkt wird auch in diesem Jahr stark schwanken, gleichzeitig sollten wir historische Höchststände sehen. Und letztendlich ist der starke Verfall des Rohölpreises für ein Importland dieses Produktes, nämlich Deutschland, positiv.“
Nach Ansicht von Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank „bereitet man sich an den Finanzmärkten auf eine weltweite Rezession vor. Dies trifft am ehesten zu für den Sektor der Industriegüter, wo die Nachfrage insbesondere aus den Schwellenländern deutlich rückläufig ist.“ Allerdings werde diese Schwäche immer noch durch eine robuste gesamtwirtschaftliche Entwicklung insbesondere in der US-Wirtschaft und in Euroland aufgewogen. „Auch die PMI deuten weiterhin auf Expansion hin, wenngleich in den kommenden Monaten auch hier einige Schleifspuren zu erwarten sind“, sagte Kater dem BME.
„Das neue Jahr startet mit stärkerem Gegenwind – gerade von der Exportseite. Den neuerlichen Ölpreisrückgang betrachten wir daher auch mit einem weinenden Auge, denn er ist zu einem Gutteil Ausdruck einer langsameren Weltkonjunktur“, kommentierte DIHK-Konjunkturexperte Dr. Dirk Schlotböller die aktuellen EMI-Daten. Der Aufwärtspfad verlaufe vorerst flacher als im Vorjahr, sagte Schlotböller dem BME.
Die Entwicklung der EMI-Teilindizes im Überblick:
Industrieproduktion: Die Produktionssteigerungsrate schwächte sich im Januar leicht auf den niedrigsten Wert seit sechs Monaten ab, lag aber weitgehend auf dem Niveau des Vorjahresdurchschnitts – und das sowohl bei Global Playern als auch bei KMU. Ausgeweitet wurde die Fertigung im Konsum- und Investitionsgüterbereich, im Sektor Vorleistungsgüter stagnierte sie dagegen.
Auftragseingang: Die 14. Auftragszuwächse in Folge fielen im Januar niedriger aus als in den drei Vormonaten. Die Steigerungsrate lag jedoch erneut über dem Langzeit-Durchschnittswert. Profitiert haben die Unternehmen aller drei von der Umfrage erfassten Industriebereiche nicht zuletzt von der relativ milden Witterung.
Wegen des niedrigen Außenwerts des Euros und der anziehenden Nachfrage aus den USA wies der Auftragseingang Export zwar erneut ein Plus aus, die Zuwachsrate blieb jedoch niedriger als in den beiden Vormonaten.
Beschäftigung: Infolge von Kapazitätserweiterungen setzte sich der Beschäftigungsaufbau im Januar nicht nur den 16. Monat in Folge fort, er fiel sogar so kräftig aus wie seit August 2015 nicht mehr.
Einkaufs-/Verkaufspreise: Die durchschnittlichen Einkaufspreise sackten im Januar regelrecht ab, hauptsächlich infolge der Verbilligung von Rohstoffen (insbesondere von Öl und Stahl) und Energie. Der entsprechende Teilindex notiert aktuell auf einem der tiefsten Werte seit Sommer 2009.
Vor allem wegen der rückläufigen Einkaufspreise sanken die Verkaufspreise im Berichtsmonat erstmals seit Oktober 2015 wieder leicht. Das signalisiert der entsprechende Teilindex, der unter die Referenzlinie von 50 Punkten sank.
Der Markit/BME-Einkaufsmanager-Index (EMI) gibt einen allgemeinen Überblick über die konjunkturelle Lage in der deutschen Industrie. Der Index erscheint seit 1996 unter Schirmherrschaft des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME), Frankfurt. Er wird von der britischen Forschungsgruppe Markit Economics, Henley-on-Thames, erstellt und beruht auf der Befragung von 500 Einkaufsleitern/Geschäftsführern der verarbeitenden Industrie in Deutschland (nach Branche, Größe, Region repräsentativ für die deutsche Wirtschaft ausgewählt). Der EMI orientiert sich am Vorbild des US-Purchasing Manager´s Index (Markit U.S.-PMI).