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15.12.2016 | Energie

Energiewende-Experten: Zielerreichung bei der Energiewende sichern!

Auch nach der Umsetzung der „10-Punkte-Energie-Agenda“ der Bundesregierung besteht weiterhin ein erheblicher Handlungsbedarf zur Erreichung der Energiewendeziele. Offensichtlich ist, dass den zumeist positiven Trends im Bereich „Erneuerbare Energien“ auf der einen Seite eine unbefriedigende Entwicklung bei der „Energieeffizienz“ auf der anderen Seite gegenübersteht. Insbesondere das Klimaschutzziel dürfte mit großer Wahrscheinlichkeit verfehlt werden. „Um die Zielerreichung zu sichern und die Glaubwürdigkeit der Energiewende zu erhalten, ist ein verlässlicher und langfristig stabiler Rahmen für die Transformation des Energiesystems notwendig“, so Andreas Löschel (Universität Münster), Vorsitzender der unabhängigen Expertenkommission zum Monitoring-Prozess „Energie der Zukunft“.

Die Bestandsaufnahme der Expertenkommission zu den quantitativen Zielen der Energiewende für das Jahr 2020 zeigt die weiterhin bestehenden Handlungsnotwendigkeiten: Die für den Strom- und Wärmebereich angestrebten Ziele im Bereich „Erneuerbare Energien“ werden zwar wahrscheinlich erreicht, die Zielerreichung bei der Senkung des Primärenergieverbrauchs und des „Wärmebedarfs Gebäude“ erscheint hingegen nicht sichergestellt. Und die anderen Energiewende-Ziele zur Energieproduktivität, zum Endenergieverbrauch sowie zum Anteil der erneuerbaren Energien im Verkehr und vor allem zur Reduktion der Treibhausgasemissionen werden voraussichtlich verfehlt.

Die Bundesregierung hat im Rahmen der „10-Punkte-Energie-Agenda“ eine Reihe von Maßnahmen ergriffen, etwa als Teil des Nationalen Aktionsplans Energieeffizienz (NAPE). Der jetzige Regulierungsrahmen der Energiewende besteht aber noch aus einer Vielzahl von kleinteiligen Regelungen, Ausnahmen und Förderungen – nicht zuletzt aufgrund von Partikularinteressen. Aus Sicht der unabhängigen Expertenkommission, zu der auch ZSW-Vorstand Prof. Dr. Frithjof Staiß zählt, wäre es jedoch wünschenswert, einen verlässlichen und langfristig stabilen Rahmen für die Transformation zu setzen. Als Leitinstrument wird dafür eine allgemeine CO2-Bepreisung vorgeschlagen. Komplementäre Elemente sind dabei geboten, um neben den Treibhausgasemissionen auch andere Marktunvollkommenheiten zu adressieren, etwa im Gebäudebereich, im Verkehr oder bei den erneuerbaren Energien.

Zur weiteren Gestaltung des Klimaschutzes ist auch eine Fortschreibung und Vervollständigung des Zieltableaus des Energiekonzepts für das Jahr 2030 notwendig. Dabei kommt der Energieeffizienz eine herausragende Rolle zu. Ihr ist durch ein konsequentes „Think Efficiency“ die richtige Bedeutung zu geben. Der Verkehr sollte nicht zu eng gedacht werden. Im Kontext einer Verkehrswende sind vielmehr die Verkehrsprobleme umfassend zu adressieren. Die Rahmenbedingungen für die Stromerzeugung aus erneuerbaren Energien sind strategisch weiterzuentwickeln, um einen stärkeren Anreiz zur Markttransformation zu setzen. In verschiedenen Punkten wird die Ausgestaltung der Mengensteuerung im Erneuerbaren-Energien-Gesetz kritisch gesehen. Die elektrizitätswirtschaftliche Infrastruktur spielt eine zentrale Rolle für die Umsetzung der Energiewende und ist durch einen zügigen Netzausbau und eine Weiterentwicklung der Bepreisung für die Netznutzung zukunftsfest zu machen.

Bei all diesen Anstrengungen sollte darauf geachtet werden, die Preiswürdigkeit der Energieversorgung weiter im Griff zu behalten, denn mittelfristig ist von steigenden Letztverbraucherausgaben auszugehen. So sind die Elektrizitätsstückkosten der Unternehmen im Verarbeitenden Gewerbe in Deutschland seit 2011 im Durchschnitt um ca. 5 % gestiegen, in Europa ist hingegen ein Rückgang um ca. 2 % zu verzeichnen.

Neben Risiken bietet die Energiewende auch große Chancen, etwa im Kontext der Digitalisierung. Der künftige Erfolg Deutschlands bei der Energiewende und beim Klimaschutz wird aus Sicht der Expertenkommission auch davon abhängen, inwieweit diese Chancen genutzt werden.

Expertenkommission zum Monitoring-Prozess „Energie der Zukunft“:

Am 14. Dezember 2016 wurde der fünfte Monitoring-Bericht zum Monitoring-Prozess "Energie der Zukunft" von der Bundesregierung veröffentlicht. Anhand von Indikatoren wird im Bericht ein faktenbasierter Überblick über den Stand der Umsetzung der Energiewende gegeben. Er wurde vom Bundeswirtschaftsministerium unter Beteiligung der anderen Ressorts und nachgeordneter Behörden erarbeitet. Zur Begleitung des Monitoring-Prozesses wurde von der Bundesregierung im Jahr 2011 eine Kommission aus unabhängigen Energieexperten berufen. Die Expertenkommission verfasst Stellungnahmen zum jährlichen Monitoring-Bericht bzw. zum alle drei Jahre erscheinenden Fortschrittsbericht der Bundesregierung. Dabei geht es um die wissenschaftliche Einordnung und Bewertung der Berichte.

Die Mitglieder der Expertenkommission sind:

  • Prof. Dr. Andreas Löschel (Vorsitzender), Universität Münster
  • Prof. Dr. Georg Erdmann, TU Berlin
  • Prof. Dr. Frithjof Staiß, Zentrum für Sonnenenergie- und Wasserstoff-Forschung Baden-Württemberg (ZSW)
  • Dr. Hans-Joachim Ziesing, AG Energiebilanzen e.V. (AGEB)