Public Manager
22.08.2016 | Gebäudemanagement

Öffentliche Toiletten und das Hygienerisiko Mensch

Im Interview: Prof. Dr. med. Klaus-Dieter Zastrow und Jennifer Preuninger:     Öffentliche Toiletten sind für Städte und Gemeinden häufig unrentabel. Werden sie geschlossen, rührt sich jedoch lauter Protest. Wie wichtig Sanitäranlagen für viele Personengruppen sind, kann man in den Rathausdiskussionen kaum ermessen. Prof. Dr. med. Klaus-Dieter Zastrow von den Vivantes-Kliniken in Berlin und Jennifer Preuninger, Leiterin Produktmanagement CWS beim Waschraumausstatter CWS-boco, wollen für mehr Disziplin beim Betreiben und bei der Nutzung von öffentlichen Waschräumen sensibilisieren.

Prof. Dr. med. Klaus-Dieter Zastrow von den Vivantes-Kliniken in Berlin

Jennifer Preuninger, Leiterin Produktmanagement CWS bei CWS-boco Deutschland

Für jedes Ambiente die richtige Farbe. Waschraumausstattung als Design-Element. (Fotos: CWS-boco GmbH)

::.Welche Bedeutung haben öffentliche Waschräume?

Jennifer Preuninger: „Das Angebot von öffentlichen Waschräumen ist mit einer angemessenen Behandlung des Menschen eng verknüpft. Für viele Personen mit besonderen Ansprüchen wie Senioren, Menschen mit Behinderungen oder Eltern von Wickelkindern sind die Örtchen unverzichtbar. Denn in den Innenstädten sind die Waschräume der Gastronomie und des Handels meist deren Kunden vorbehalten.”

Prof. Dr. med. Klaus-Dieter Zastrow: „Öffentliche Waschräume sorgen mit einer durchdachten Ausstattung für ein sauberes Umfeld. Fehlende oder nachlässig betriebene Toiletten sind leider oft die Regel. Für einen hohen Hygienestandard in öffentlichen Waschräumen ist jedoch kontinuierliche Pflege nötig. Der aktuelle Trend hin zum Toiletten-Outsourcing lässt hoffen, dass Schließungen wichtiger Stand–„Örtchen“ ausbleiben.“

Wo liegen die größten Defizite öffentlicher Toiletten?
       
Jennifer Preuninger: „Die Waschräume und ihr Angebot sind nicht immer das Problem. Die Ausstattung ist zum Teil top. Seifen- und Handtuchspender sind häufig mit Sensoren ausgestattet und müssen gar nicht mehr berührt werden. Hygienischer geht es kaum mehr. Toiletten haben selbstreinigende Sitze. Alles kann sehr sparsam verwendet werden.“

Prof. Dr. med. Klaus-Dieter Zastrow: „Bei korrekter Benutzung ist der Besuch einer öffentlichen Toilette eine saubere Sache. Aber das ist die Krux: Der Betreiber muss kontrollieren. Benehmen sich die Besucher der Waschräume daneben und benutzen die vorhandenen Gegenstände nicht richtig, gehen diese kaputt und die Räumlichkeiten verschmutzen sehr schnell. Kümmert sich der Betreiber sorgfältig darum, klärt er auf und setzt er eine Reinigungskraft ein, die ständig hinterher ist, bleibt die Hygiene lange gewahrt.”

Jennifer Preuninger: „…und die Ausstattung hält ebenfalls länger. Der Aufwand für die Instandhaltung reduziert sich mit einer guten Pflege und Kontrolle. Beugt man dem Verschleiß vor, rentiert sich das für alle Seiten.”

Kann mehr Aufklärung die Bevölkerung über die Bedeutung von Hygiene sensibilisieren? Brauchen wir eine Hygiene-Offensive?

Prof. Dr. med. Klaus-Dieter Zastrow: „Man hat schon das Gefühl, dass die Leute hygienebewusster geworden sind. Über Krankenhaushygiene sind sie gut informiert. Über Lebensmittelhygiene ebenso. Was die allgemeine Hygiene anbelangt, kann noch mehr sensibilisiert werden. Seife ist beim Händewaschen zum Beispiel sehr wichtig, auch das korrekte Händetrocknen. Bei Epidemien sollten zusätzlich Desinfektionsspender in stark frequentierten Bereichen angeboten werden. In der Tagesroutine – ohne besondere Ereignisse – reicht das normale Händewaschen. Es gibt aber keine öffentlichen Aufklärungsprogramme über Hygiene im Allgemeinen.“

Jennifer Preuninger: „Da wir von CWS die entsprechenden Lösungen für mehr Hygiene im öffentlichen Waschraum anbieten, versuchen wir seit Jahren durch diverse Aktionen und Kooperationen, so zum Beispiel mit der German Toilet Organization, auf die Bedeutung von Händehygiene und einen sorgsamen Umgang in Waschräumen aufmerksam zu machen. Wir beraten bei Bedarf Schulen und Betriebe und erstellen Aufklärungsmaterialien. Reinigungskräfte haben es durch unsere Lösungen, die sparsam und sauber anzuwenden sind, so einfach wie noch nie. Dennoch muss der Betreiber regelmäßig kontrollieren.“

Gibt es eine Lösung für langfristig hygienische öffentliche Waschräume?

Prof. Dr. med. Klaus-Dieter Zastrow: „Den aktuellen Trend hin zum Outsourcing von Waschräumen an stark frequentierten Orten wie Raststätten oder Bahnhöfen begrüße ich sehr. Wo Personal die Toiletten ständig kontrolliert und pflegt, da sieht auch die Hygiene gut aus. Alles steht und fällt mit den Menschen. Auch eine düster wirkende Kneipe kann sauberere Toiletten haben als ein Sterne-Restaurant, wenn sich der Wirt kümmert.“

Jennifer Preuninger: „Wenn eine Outsourcing-Lösung nicht infrage kommt, sollte ein Fullservice-Anbieter der Partner der Wahl sein. CWS-boco liefert alle Materialien für den Waschraum regelmäßig nach, sodass der Kunde die Verbrauchsmittel nur noch austauschen muss. Die Handtuchrollen holen wir beim Kunden ab, bereiten sie in eigenen Wäschereien auf und liefern sie wieder aus. Mit diesem Service kann der Kunde seinen Waschraum leicht pflegen. Und ein sauberer Waschraum wirkt sich sehr positiv auf das Ansehen der ganzen Einrichtung aus. Das ist wie Zuhause: Küche und Toiletten müssen einfach sauber sein. Es lohnt sich, hier volle Aufmerksamkeit zu investieren.“

Gelangt das Thema Hygiene in die Medien, so meist wegen Skandalen in Kliniken oder Seniorenstiften. Lauern auch Gefahren auf öffentlichen Toiletten?

Prof. Dr. med. Klaus-Dieter Zastrow:  „Bei Toiletten, die zuverlässig kontrolliert und gepflegt werden, braucht man keine weiteren Vorkehrungen zu treffen. Der angesprochene Trend hin zum Outsourcing an verantwortungsvolle Fullservice-Toilettenbetreiber ist absolut gut. Mehr kann man gar nicht tun.
Schwere Infektionen verbreiten sich über Körperausscheidungen. Man sollte also darauf achten, nicht damit in Kontakt zu kommen. Viele tapezieren deswegen die Toilettenbrillen mit Papier, um sicher zu sein. Das ist verständlich, beugt aber auch nicht zuverlässig vor. Da ist eine richtig desinfizierte Toilette besser.“

Jennifer Preuninger: „Moderne Stoffhandtuchspender haben keine Endlosrollen. Dieses Bild ist noch immer in den Köpfen der Menschen. Einmalstoffhandtuchspender halten für jeden Benutzer eine eigene Portion hygienischen Stoff bereit. Im Spender wird der benutzte vom unbenutzten Stoff in verschiedenen Kammern sauber getrennt. Stoff ist laut Robert Koch-Institut genauso hygienisch wie Papier, wenn die frischen Stoffportionen sicher getrennt von den gebrauchten aufbewahrt werden. Zudem ist Stoff viel angenehmer für die Haut.“

Was müssen die Betreiber öffentlicher Toiletten für Bevölkerungsgruppen mit speziellen Anforderungen tun? Und welche Ausstattung ist hygienisch sinnvoll?

Prof. Dr. med. Klaus-Dieter Zastrow: „Ältere Leute sind meist nicht mehr so beweglich. Der Toilettensitz sollte daher nicht zu niedrig sein, sonst sitzen sie in einer sehr anstrengenden Kauerstellung und bekommen Probleme beim Aufstehen. Auch in puncto Hygiene kann eine zu niedrige Toilette problematisch sein. Die Menschen setzen sich nicht richtig hin, die Toilette wird nicht mehr richtig getroffen. So kann die Toilette auch über Gebühr verschmutzen. Der jüngere Mensch kann gut auf einer höheren Toilette sitzen, aber der ältere nicht mehr auf einer sehr niedrigen.“

Jennifer Preuninger: „Selbstreinigende Toilettensitze sorgen in Pflege- und Rehaeinrichtungen für sehr viel mehr Sauberkeit und entlasten die Reinigungskräfte enorm. Die Montagehöhe aller Spender kann auf die Nutzer abgestimmt werden. Das ist praktisch für Kindergärten und Schulen. So können auch kleinere Kinder bequem ihre Hände waschen und trocknen.“

Prof. Dr. med. Klaus-Dieter Zastrow: „Dass in vielen Gesundheitseinrichtungen oder in Praxen so viel Papier zum Händetrocknen eingesetzt wird, liegt schlicht daran, dass dieses auch für andere Dinge nutzbar ist, zum Beispiel um schnell Flüssigkeiten aufzuwischen. Lufttrockner sind mit Vorsicht zu genießen. Werden Geräte genutzt, die nach oben pusten, bekommt man die Luft mit den Restkeinem von den Händen überall dort hin, wo man sie nicht haben will – auch in die Atemwege. Bläst die Luft nach unten, wirbelt sie Schmutz vom Fußboden auf. Ich bin ja durchaus ein Freund der Stoffhandtuchspender, weil man einfach alles, was nach dem Waschen noch an den Händen ist, hygienisch entfernen kann und die Umgebung ordentlich bleibt.