Public Manager
22.08.2016 | Beschaffungspraxis

Elektronischer Einkauf

Online-Bestellplattform hilft Kommunen Personalwechsel im Einkauf aufzufangen, Wissensverluste zu vermeiden und dadurch Kontinuität zu schaffen

Häufige Personalwechsel im Einkauf stellen große wie kleine Kommunen vor Probleme, da mit dem Weggang der zuständigen Person im Schnitt 30 Prozent des Know-hows verschwindet. Die Stadtverwaltung von Tettnang nutzt deshalb für C-Artikel seit 2013 eine einfach zu bedienende Online-Bestellplattform und profitiert dadurch ‒ weitgehend unberührt von etwaiger Fluktuation auf Sachbearbeiterebene ‒ von einer effizienteren Verwaltung und Beschaffung. Früher, als einige Artikel über Online-Shops, andere über Printkataloge und manche sogar einfach im Laden um die Ecke besorgt wurden, war der Verwaltungsaufwand erheblich und die dazu gehörigen Unterlagen unübersichtlich. Hinzukam, dass es in den Jahren zuvor einen mehrfachen Personalwechsel im Einkauf gegeben hatte. Durch die Umstellung auf das System der TEK Service AG, dem lieferantenunabhängigen Anbieter der webbasierenden Einkaufslösung für öffentliche Verwaltungseinrichtungen, lassen sich Engpässe jetzt sehr viel leichter überbrücken und Verzögerungen vermeiden. Neben dieser Kontinuität bietet die Plattform ein Maximum an Transparenz für die Kommune ‒ bei zugleich reduziertem Aufwand und deutlich verkürzter Einarbeitungszeit.

Als sich die Stadtverwaltung Tettnang 2013 entschloss, einer bestehenden Einkaufsgemeinschaft umliegender Städte und Landratsämter beizutreten, war der vorrangige Wunsch, das Beschaffungswesen durch die Umstellung auf eine einheitliche Bestellplattform zu rationalisieren. Die Beschaffungsvorgänge konnten dadurch erstmals zentral ausgewertet, gesteuert und in der Folge verbessert werden. Die Stadt profitiert jedoch nicht nur von den reibungslosen Abläufen und der günstigeren Preisgestaltung, die durch die Einkaufsgemeinschaft möglich wurde. Die Online-Bestellplattform hilft über diese wirtschaftlichen und strategischen Vorteile hinaus, auch personelle Engpässe zu kompensieren. Denn jeder Weggang eines Sachbearbeiters geht üblicherweise mit einem 30-prozentigen Verlust an Know-how einher.

Somit ist die zentrale Herausforderung, dieses Wissen über die Einarbeitung des Nachfolgers beziehungsweise der Nachfolgerin wieder zu erlangen. „Der zeitliche Aufwand dafür ist immens, da jeder Personalwechsel aufs Neue die internen Abläufe der gesamten Verwaltung beeinträchtigt“, schildert die Vorsitzende des Aufsichtsrats der TEK, Monika Schmidt, die Lage, in der sich viele Kommunen unabhängig von ihrer Größe befinden. Die Gründe für den Weggang eines Mitarbeiters können dabei ganz unterschiedlich sein: „Oft ist einfach die Dienstzeit zu Ende, manchmal gibt es einen Stellenwechsel oder Mitarbeiterinnen gehen in die Elternzeit“, berichtet Petra Langenstein, die im Bereich Hauptamt der Stadt Tettnang für alle Fragen rund um die Beschaffung für die kommunale Verwaltung selbst sowie für Schulen und Kindergärten zuständig ist und im operativen Tagesgeschäft die Anforderungen von insgesamt 76 Kostenstellen im Blick hat.

Dezentrale und bedarfsgerechte Bestellung

Langenstein bearbeitet seit der Einführung des E-Einkaufssystems die monatlichen Auswertungen und Artikelanfragen und steuert heute auf Grundlage von periodischen Ausschreibungen über 4000 Artikel, bei einem Jahresumsatz von 62 Tausend mit 3 Lieferanten. In Zusammenarbeit mit TEK ist diese beachtliche Leistung mit einem vernachlässigbaren Tagesaufwand von wenigen Minuten möglich.

So wurden im ersten Quartal 2014 zunächst die acht städtischen Schulen mit insgesamt 3.000 Schülern und fünf Kindergärten mit 21 Gruppen in den verwaltungsinternen Einkauf integriert. Im nächsten Schritt weitete man die Kataloge über die Anfangssortimente Bürobedarf und Papier hinaus auf die Bereiche Hygiene und Bastelbedarf aus. „Während der Umstellung sowie beim Ausbau des Sortiments hat uns das Team von TEK maßgeblich unterstützt“, erinnert sich Langenstein. Mittlerweile erfreut sich das System bei den insgesamt 32 Bestellern sehr guter Akzeptanz, da die Verbesserungen offensichtlich sind: Früher war der Einkauf Sache des Hausmeisters, der den Bedarf für das gesamte Rathaus recht unkoordiniert online beziehungsweise über Printkataloge bestellte. Für die Lagerung war ein eigener Raum notwendig und der Warenein- und -ausgang mit entsprechend hohem Aufwand verbunden.

„Da wir mit 19.000 Einwohnern eine relativ kleine Stadt sind, ist unsere Verwaltung nicht so tief gegliedert wie bei größeren Kommunen oder Landkreisen. So ist die Beschaffung heute nur mit einem Stellenanteil von 10 Prozent bei mir angesiedelt. Nichtsdestotrotz macht sich die Einführung der Bestellplattform als positive Konstante bei uns bemerkbar“, konstatiert Langenstein. Pro Amt gibt es mittlerweile einen Besteller, der sich am aktuellen Bedarf orientiert, so dass die bis dahin notwendige zentrale Lagerhaltung und Verteilung obsolet wurde. Dass sich die Besteller über dieselbe Plattform mehrerer Lieferanten bedienen können, trägt ebenfalls zur Effizienz des Vorgangs bei, zumal der Zeitaufwand durch die Möglichkeit, persönliche Warenkörbe anzulegen, sehr gering ausfällt. Selbst nach einem Lieferantenwechsel gestalten sich die Abläufe reibungslos, wozu auch die einheitliche Benutzeroberfläche beiträgt. „Da alle Bestellvorgänge zentral ausgewertet werden können, entsteht mehr Transparenz, die es erlaubt, bestehende Prozesse durch eine entsprechende Steuerung zu verbessern“, erläutert Schmidt die positiven Konsequenzen, die mit der Online-Bestellung einhergehen.

Ausweitung des Sortiments und E-Abrechnung geplant

Während ein Personalwechsel im Einkauf früher jedes Mal die internen Abläufe der Verwaltung in Mitleidenschaft gezogen hat, werden solche Engpässe jetzt von dem System von TEK aufgefangen. „Mittlerweile müssen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Stadt bei der Bestellung und Belieferung keine Einschränkungen und Verzögerungen mehr in Kauf nehmen“, bestätigt Langenstein. Künftig soll die Einkaufslösung für weitere Produktbereiche, bei denen es vom Umfang her Sinn macht, ausgebaut werden sowie ‒ in Abstimmung mit der Finanzverwaltung ‒ auch das Gutschriftverfahren in Angriff genommen werden. Dann lässt sich auch die Abrechnung für die gesamte Verwaltung in nur wenigen Stunden erledigen, indem die Gutschriftdateien elektronisch in das verwaltungsinterne Finanzsystem importiert und die Beträge ‒ aufgeschlüsselt auf die einzelnen Kostenstellen ‒ zentral verbucht werden. Es handelt sich hierbei um einen hochinnovativen Ansatz, den man bei einer Kommunalverwaltung dieser Größenordnung nicht vermuten würde. Die Verwaltung der Stadt Tettnang verfolgt schon seit geraumer Zeit die Erfahrungen, die andere TEK-Kunden wie die Kreisverwaltungen Germersheim und Tuttlingen oder die Stadt Tübingen mit dem Gutschriftverfahren sammeln konnten. Diese werden als Anregung verstanden, um mit denkbar geringem Personalaufwand schrittweise die gesamte Verwaltung in die eigene e-Governmentstrategie miteinzubeziehen.