Public Manager
27.04.2016 | Stadtplanung

Studie zeigt konkrete Kostentreiber im Wohnungsbau

Angesichts des akuten Wohnungsmangels zeigt eine Studie erstmals konkrete Bremsen und Kostentreiber im Wohnungsbau. Der Verband der privaten Immobilien- und Wohnungswirtschaft, BFW Bayern, hat das Analyse-Unternehmen bulwiengesa AG mit einer detaillierten und methodisch aufwendigen Untersuchung beauftragt. Ziel ist es, mehr Transparenz bei kommunalen Entscheidungen zu erreichen. Im Münchner Presseclub präsentierten der Verband, mehrere Bauträger und die Ersteller der Studie ihre Ergebnisse. Die Untersuchung stellt anhand vieler Beispiele dar, wie die Neubaukosten innerhalb von nur 15 Jahren um etwa 40 Prozent gestiegen sind.

Der Präsident des BFW Bayern Andreas Eisele machte deutlich, dass die Schaffung des Baurechts als wesentliche Aufgabe eines Immobilienentwicklers ein immer größeres Risiko ist. Immer wieder würden Bauprozesse durch ungeklärte Verhältnisse und Interessenskonflikte auch zwischen den Behörden blockiert. „Lange Bearbeitungszeiten, Widersprüche zwischen den Referaten und Ämtern und der Politik verzögern den Prozess. Das ist für uns Bauträger das dominierende Problem. Wir reden über Planungsphasen, die sich über Jahre erstrecken.“

Eisele verwies darauf, dass sich in diesem langen Zeitraum häufig das Marktfeld ändert, etwa durch steigende Grundstückspreise oder schärfere energetische Vorgaben. Dies führe unweigerlich zu steigenden Projektkosten, die letztlich an den Wohnungskäufer weitergegeben werden müssten. Daher fordern die Bauträger die Kommunen auf, die interne Abstimmung zu verbessern und Arbeitsabläufe zu standardisieren. Der Präsident des BFW Bayern sprach von einer „Gutachtenflut“ in allen Bereichen: „Kommunen verlangen im Baurecht von uns Antragstellern immer höhere Sicherheiten. Wir müssen immer wieder neue Gutachten und sogar deren Bestätigung einbringen, weil die Kommunen oft selbst keine Verantwortung übernehmen“, so Eisele. Gleichzeitig räumte er ein, dass auch die Bauträger gefordert sind, weil mehr als die Hälfte der eingereichten Anträge fehlerhaft oder unvollständig sind.

Einen weiteren wesentlichen Kostentreiber beschreibt die Studie in den städtebaulichen Wettbewerben und Architekturwettbewerben. Die Bauträger kritisieren, dass die Wirtschaftlichkeit oft hinter architektonischen Ansprüchen zurückstehen muss.
Beispielhaft nannte Eisele einen Architekturwettbewerb für 25 Wohnungen, bei dem letztlich eine Fassade umgesetzt werden musste. Dies hat das gesamte Bauprojekt um ein Jahr verzögert und die Kosten um 600 Euro pro Quadratmeter erhöht.

Als enormer Kostentreiber im Wohnungsbau hat sich in den Befragungen die Energieeinsparverordnung erwiesen. So schätzen die Bauträger, die auf städtischen Grundstücken in München gebaut haben, den Mehraufwand für den ökologischen Kriterienkatalog auf bis zu 500 Euro pro Quadratmeter. Der Präsident des BFW Bayern erinnerte daran, dass die Vorgaben zu Beginn dieses Jahres sogar noch weiter verschärft wurden. Die Immobilienwirtschaft fordert eine Deregulierung, weil die EnEV weder als ökologisch noch als ökonomisch nachhaltig beurteilt wird. Auch am Beispiel der Anforderungen für den Schall- und Brandschutz zeigt die Studie, wie Kommunen mit überzogenen Forderungen letztlich den Wohnungsbau bremsen oder verzögern.

Etliche skurrile Fälle aus dem Naturschutz verdeutlichen, wie irrsinnige Vorgaben die Kosten für neuen Wohnraum in die Höhe treiben: So mussten beispielsweise vier Pappeln an einer engen Straße umgesetzt werden, was den Quadratmeterpreis um 120 Euro verteuerte. Einer Spatzenkolonie wollte die Kommune nicht zumuten, über eine wenig befahrene Straße zu fliegen. Die Umsiedlung der Tierchen schlug mit stolzen 40.000 Euro zu Buche. Ein verhängter Baustopp zum Schutz einiger Fledermäuse kostete den Bauträger 700.000 Euro.

Kein Bauträger, so BFW Bayern-Präsident Eisele, sei gegen Artenschutz. Allerdings stehe die Branche bei ihren Anträgen oft regelrechten Hardlinern gegenüber. Es sei Augenmaß und Vernunft angesagt, damit Naturschutz nicht zum K.o.-Kriterium für Bauprojekte werde.
„Wir wollen mit dieser Studie zeigen, dass die Konsequenzen der einzelnen kommunalen Forderungen in ihrer Summe häufig unterschätzt werden und den dringend notwenigen Wohnungsbau bremsen oder verhindern“, so das Fazit von Eisele.  

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Dem BFW Bayern gehören derzeit über 200 Mitglieder und verbundene Unternehmen an, die sich umfassend im deutschen Immobilienmarkt engagieren. Die Mitgliedsunternehmen verwalten einen Bestand von 430.000 Wohnungen und erstellten bis heute 9.300 Wohn- und 5.700 Gewerbeeinheiten. Es wurde ein Investitionsvolumen von insgesamt 7,75 Mrd. Euro realisiert.
Ehrenamtlicher Präsident ist Andreas Eisele, Managing Partner der Eisele Real Estate GmbH, Vizepräsidenten sind Alexander Hofmann, Vorstandssprecher der Baywobau Immobilien AG und Prof. Dr. Matthias Ottmann, Geschäftsführer Urban Progress GmbH.