Public Manager
13.09.2015 | Verwaltungsmodernisierung

Flüchtlingskrise verdeutlicht Notwendigkeit zur stärkeren Digitalisierung der Verwaltung

Zahlreiche Veränderungen in Richtung einer bürgerfreundlichen, agilen und effizienten Verwaltung sind auf dem Weg, aber die Geschwindigkeit der Umsetzung ist zu niedrig

 

Trotz zahlreich angestoßener positiver Maßnahmen der Bundesregierung wird durch die aktuelle Flüchtlingskrise erneut deutlich, dass der öffentlichen Verwaltung noch immer die Agilität und digitale Reife fehlt, um auf solche Großereignisse möglichst schnell und effizient zu reagieren. Denn noch immer gibt es keine durchgängige IT-Unterstützung in Deutschland, die alle Behörden, einschließlich der Ausländerbehörden, miteinander vernetzt und Daten auf einer Plattform für eine zentrale Projektsteuerung zugänglich macht. Darüber diskutierten auch die Teilnehmer des 20. Ministerialkongresses der Management- und Technologieberatung BearingPoint am 10. und 11. September in Berlin. Vereinzelt verfügen Behörden zwar bereits über modernste IT-Systeme, allerdings sehr fragmentarisch und ohne weiterführende Vernetzung, so der Tenor auf dem Kongress. Die meist veraltete IT entspricht noch nicht den Anforderungen einer leistungsfähigen Gesellschaft, in der Prozesse nicht bei Zuständigkeitsgrenzen aufhören.  

Ebenso zeigt die Flüchtlingskrise, dass die Verwaltung trotz ihrer umfassenden Personalstärke große Schwierigkeiten hat, Mitarbeiter für dringliche Aufgaben – in diesem Fall im Bundesamt für Migration und in den Ausländerbehörden –  zur Verfügung zu stellen. Deshalb werden nun mehrere Tausend Stellen ausgeschrieben. Hierbei wird sich jedoch laut Einschätzung der Teilnehmer des Ministerialkongresses eine zweite große Herausforderung verdeutlichen, die die Verwaltung im Rahmen ihrer Modernisierung zu bewältigen hat: der demografische Wandel. Im Handlungsfeld „Personal“ droht eine Nachwuchskrise. Auf dem Kongress bestand Konsens darüber, dass die Arbeitsangebote der Behörde mit den Ansprüchen der umworbenen „Generation Y“ und deren Suche nach Sinn sowie deren Ablehnung von Hierarchien und Reglementierungen in Einklang gebracht werden müssen. Zudem sollte den Themen Personalentwicklung und Personalplanung eine deutlich höhere Bedeutung zukommen.  

Digitale Agenda wird nicht hinreichend umgesetzt

Weiteres großes Thema des Kongresses war die Umsetzung der Digitalen Agenda. Tenor: tolle Agenda, aber de facto passiert kaum etwas. Das zeigt sich zum Beispiel am definierten Vorhaben die 100 wichtigsten Dienstleistungen zu digitalisieren und online für alle Bürger verfügbar zu machen. Bislang besteht lediglich ein Flickenteppich an digitalen Dienstleitungen ohne homogene Prozesse und IT-Systeme. Die Online-Dienstleistungen sollten aber in Cottbus genauso wie in München angeboten werden, so ein Kongressteilnehmer.  

Als Beispiel eines wichtigen Großprojekts im Bereich Verwaltungsmodernisierung wurde vielfach die Bundesrechenzentrumskonsolidierung genannt. Zum 1. Januar 2016 werden auf Druck der Politik die drei großen IT-Dienstleister des Bundes fusionieren – eine einmalige Chance, ressortübergreifend IT-Systeme zusammenzubringen. „Die Digitalisierung der Verwaltung ist keine Revolution, sondern eine Evolution. Es geht nicht um den Big Bang, sondern darum, in vielen kleinen bundesweit abgestimmten Schritten und Teilprojekten die Verwaltung insgesamt handlungsfähiger und effizienter zu machen. Dies gelingt nur durch eine stärkere bundesweite Vernetzung und Zentralisierung von Dienstleistungen, bessere IT-Lösungen und Plattformen sowie weniger Barrieren“, so Jon Abele, Partner bei BearingPoint. „In anderen Bereichen der Wirtschaft wurde im Zusammenhang der Digitalisierung häufig der Begriff Disruption verwendet – technologische Innovationen, die die Regeln der Branche radikal verändern. Die Verwaltung tut sich schwer, disruptive Innovationen zu erzeugen oder zu nutzen. Es fehlt oft an wirklichem Veränderungsdruck oder -anreiz. Bei Krisen oder größeren Herausforderungen wie der Wiedervereinigung, der Finanz- und Eurokrise – und hoffentlich jetzt in der Flüchtlingskrise – haben Politik und Verwaltung jedoch bewiesen, dass sie schnelle Entscheidungen treffen können. Der Zeitpunkt für eine Beschleunigung der Digitalisierung ist günstig. Viele Verfahren stehen heute einer höheren Effizienz und Agilität der Verwaltung entgegen. Behörden dürfen nicht dauerhaft an allen traditionellen Aufgaben und Prozessen kleben.“

Über den Ministerialkongres

Mit dem Ministerialkongress bietet die Management- und Technologieberatung BearingPoint seit 20 Jahren einen exklusiven Rahmen zum Erfahrungsaustausch für Experten und Entscheidungsträger der Verwaltungsmodernisierung in Bund, Ländern und Kommunen. Der Kongress gilt heute als eines der wichtigsten Foren der Verwaltungsmodernisierung.   

Über BearingPoint

BearingPoint Berater haben immer im Blick, dass sich die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen permanent verändern und die daraus entstehenden komplexen Systeme flexible, fokussierte und individuelle Lösungswege erfordern. Unsere Kunden profitieren von messbaren Ergebnissen, wenn sie mit uns zusammenarbeiten. Wir kombinieren branchenspezifische Management- und Fachkompetenz mit neuen technischen Möglichkeiten und eigenen Produkt-Entwicklungen, um unsere Lösungen an die individuellen Fragestellungen unserer Kunden anzupassen. Dieser partnerschaftliche, ergebnisorientierte Ansatz bildet das Herz unserer Unternehmenskultur und hat zu nachhaltigen Beziehungen mit vielen der weltweit führenden Unternehmen und Organisationen geführt. Unser globales Beratungs-Netzwerk mit 9.700 Mitarbeitern unterstützt Kunden in über 70 Ländern und engagiert sich gemeinsam mit ihnen für einen messbaren und langfristigen Geschäftserfolg.