IPR im Gespräch mit dem Oberbürgermeister der Stadt Norderstedt
Norderstedt ist eine große kreisangehörige Stadt in Schleswig-Holstein. Mit mehr als 75.000 Einwohnern ist sie die fünftgrößte Stadt im nördlichsten Bundesland.
Norderstedt ist als „Aufsteiger des Jahres 2015" mit der deutschlandweit höchsten Steigerungsrate beim Recyclingpapier kürzlich gekürt worden. Auf welcher Grundlage erfolgte die Umstellung auf Recyclingpapier?
Norderstedt hat sich bereits im Jahr 2000 auf den konsequenten Weg einer nachhaltigen Entwicklung gemacht. Seitdem werden immer wieder Beispiele von Nachhaltigkeit umgesetzt, die ganz konkret aufzeigen, was sich hinter dem Begriff Nachhaltigkeit verbirgt. Wir wollen zeigen, dass es in sehr vielen Anwendungsbereichen möglich und attraktiv ist, nachhaltig zu handeln. Recyclingpapier ist dafür bestes Beispiel. Die Beschaffung von Blauer-Engel-Papieren erfolgt auf Basis einer entsprechenden Dienstanweisung.
Warum ist Ihnen die Nutzung von Recyclingpapier ein wichtiges Anliegen?
Nachhaltigkeit hat eine ökologische Wurzel: Wir haben nur eine Erde und leben weit über unsere Verhältnisse. Ökonomisch formuliert: Wir leben längst nicht mehr nur von den Zinsen, sondern vom ökologischen Kapital. Die Preise, zu denen wir viele Produkte wie Papier kaufen können, sind meist nicht die „wahren" Preise. Zum Beispiel spiegelt der Preis eines Frischfaserpapiers nicht die ökologischen „Mehrbelastungen" bei Energie und Wasser wider. Daher ist es uns wichtig, Recyclingpapier zu verwenden, um wertvolle Ressourcen zu schonen und weniger klimaschädliches CO2 zu verursachen.
Wie ist das Thema Ressourcenschutz in der Verwaltung Ihrer Stadt verankert?
Nachhaltigkeit ist innerhalb der Verwaltung eine Querschnittsaufgabe. In Norderstedt gibt es dafür seit Jahren ein eigenes Amt „Nachhaltiges Norderstedt", das beim Oberbürgermeister angeordnet ist. Dieses Amt setzt über Unterstützung, Anreize und Beispielvorhaben Akzente, um möglichst viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter von Nachhaltigkeit zu überzeugen. Mir persönlich als Oberbürgermeister ist eine nachhaltige Stadtentwicklung sehr wichtig. Das, was wir im Bereich Zukunfts-planung und Stadtentwicklung in Angriff nehmen, muss wirtschaftlich sinnhaft, sozial gerecht und der Umwelt dienend sein.
Welches Ziel haben Sie sich für mehr Ressourcenschutz in Norderstedt gesetzt?
Ein wichtiger Bereich der Nachhaltigkeit ist der Klimaschutz. Hier hat die Stadt Norderstedt sehr früh damit begonnen, sämtliche Ausgaben für den Klimaschutz mit den dadurch erreichten Einsparungen gegenüberzustellen. Schon nach wenigen Jahren war das auch ein sehr gutes Geschäft für die Verwaltung, da die hohen Einsparungen beim Treibhausgas CO2 mit hohen wirtschaftlichen Gewinnen einhergehen. So wurden seit 1999 rund 8 Mio. Euro in den Klimaschutz investiert (für Energieeinsparungen bei Gebäuden, Straßenbeleuchtung und Ampeln) und dadurch über 13 Mio. Euro an Energiekosten eingespart. Unser großes Fernziel ist es, bis 2040 zu einer klimaneutralen Stadt zu werden: Es wird dann nur so viel CO2 erzeugt wie auch im Stadtgebiet gebunden wird.
Die Preise, zu denen wir viele Produkte kaufen können, sind meist nicht die „wahren" Preise. Zum Beispiel spiegelt der Preis eines Frischfaserpapiers nicht die ökologischen „Mehrbelastungen" bei Energie und Wasser wider. Daher ist es uns wichtig, Recyclingpapier zu verwenden".