Wo können Flüchtlinge wohnen?
Veranstaltung der FH Münster blickt auf die Herausforderungen für die Immobilienwirtschaft
Etwa eine Million Flüchtlinge, so die derzeitigen Schätzungen, wird Deutschland bis zum Ende des Jahres aufgenommen haben. Diese Menschen unterzubringen und zu versorgen, ist eine große Aufgabe, die verschiedene gesellschaftliche Bereiche herausfordert, auch die Immobilienwirtschaft. Dieses Thema hat Prof. Dr. Torben Bernhold von der FH Münster für die Impulsgespräche im Facility Management (FM) aufgegriffen. Bei der Veranstaltungsreihe für Studierende des Fachbereichs Oecotrophologie – Facility Management sprechen Praxisvertreter über das Planen und Bewirtschaften von Immobilien.
„Ein Flüchtlingscamp wird mitunter zu einer Immobilie, etwas Unbeweglichem“, sagte Prof. Dr. Joachim Gardemann. Durchschnittlich sieben Jahre verbringen Flüchtlinge weltweit in solchen Lagern. Der Leiter des Kompetenzzentrums Humanitäre Hilfe an der FH Münster kennt sie aus seinen internationalen Hilfseinsätzen, die er seit mehr als 20 Jahren wiederholt für das Deutsche Rote Kreuz leistet. In städteähnlichen Gebilden aus Plastikplanen oder Blech, etwa in der jordanischen Wüste, hat der Arzt humanitäre Hilfe geleistet.
Medizinische Versorgungszentren für diese Einsätze zu planen sei ein hoher logistischer Aufwand. „Sie müssen beispielsweise an die Wasserversorgung denken, an sanitäre Einrichtungen, an Unterkünfte für das Personal, an die Sicherheit“, so Gardemann. Nicht zu vergessen seien die gesellschaftlichen und religiösen Konventionen bei der Planung.
Internationale Standards wie die des Flüchtlingshilfswerks UNHCR regeln, wie Flüchtlinge zu versorgen sind. Diese sehen für die Unterbringung mindestens dreieinhalb Quadratmeter pro Person vor. Sie gelten auch in Deutschland. „Doch oft sind diese Standards hierzulande unbekannt“, sagte Gardemann.
Wie die Stadt Münster die Unterbringung der Flüchtlinge bewältigt, darüber sprachen Dr. Ingo Deitmer und seine Mitarbeiterin Franziska Weber vom Amt für Immobilienmanagement. Münster habe bisher fast 4.500 Flüchtlinge aufgenommen. Die Stadt greife dabei auf Immobilien zurück, die in Besitz des Bundes, des Landes und der Kommune seien, miete aber auch Immobilien und Container an und kaufe Häuser in Holzrahmenbauweise. Der Rat der Stadt habe im Jahr 2000 Standards für die Unterbringung von Flüchtlingen beschlossen, erläuterte Weber, die seit ihrem Abschluss im Masterstudiengang Facility Management an der FH Münster bei der Stadt Münster arbeitet. Die Vorgaben sehen beispielsweise vor, dass maximal 50 Menschen in einer Unterkunft und maximal acht in einer Wohneinheit untergebracht werden.
„Bislang können wir in Münster diese Standards einhalten“, sagte Deitmer. „Wir können nicht planen, wir können nur Kapazitäten vorhalten“, so der Abteilungsleiter. „Wir müssen sofort reagieren, wenn wir am Donnerstagmorgen erfahren, dass am Samstag Flüchtlinge in ein Gebäude einziehen sollen.“
Die Stadt kann über Bestände der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, wie etwa die sogenannten „Britenhäuser“, verfügen. Und die Stadt habe einen Überblick darüber, welche Immobilien sich in ihrem Besitz befinden. Das ermögliche die schnelle Aktivierung von unbebauten Grundstücken für die Errichtung temporärer Flüchtlingseinrichtungen. „Wir sind bisher die einzige Großstadt in Deutschland, die Flüchtlinge nicht in Turnhallen untergebracht hat“, betonte Deitmer.