Deutsche rechnen mit steigender Arbeitslosigkeit
Die Verbraucherstimmung in Deutschland schwächt sich weiter ab. Das Konsumklima geht zum vierten Mal in Folge leicht zurück, allerdings deutlich schwächer als in den Vormonaten. Für Dezember prognostiziert der Gesamtindikator 9,3 Punkte nach 9,4 Zählern im November. Während die Anschaffungsneigung im November etwas zulegen kann, müssen sowohl die Konjunktur- als auch die Einkommenserwartung leichte Einbußen hinnehmen.
Unter den deutschen Verbrauchern lässt die gute Stimmung weiter nach. Die Konjunkturerwartung setzt ihren Abwärtstrend fort. Der anhaltend starke Zustrom von Asylbewerbern lässt den Konjunkturoptimismus weiter schwinden. Davon bleibt die Einkommenserwartung nicht unbeeindruckt und muss ebenfalls Einbußen hinnehmen. Dagegen scheint die Konsumneigung diesen Tendenzen derzeit noch zu trotzen und legt entgegen dem generellen Trend sogar wieder zu.
Verbraucher befürchten konjunkturellen Abschwung
Der Abwärtstrend der Konjunkturerwartung findet auch im November dieses Jahres kein Ende. Allerdings hat sich der Rückgang mit einem Minus von 2,4 Punkten im Vergleich zu den beiden Vormonaten deutlich vermindert, als Verluste von mehr als 9 bzw. 10 Punkten zu verzeichnen waren. Mit -5,3 Zählern festigt der Indikator seine Position im negativen Wertebereich, das heißt unter seinem langjährigen Durchschnittswert von 0 Punkten.
Ein Grund dafür liegt darin, dass die Verbraucher in den kommenden Monaten steigende Arbeitslosenzahlen erwarten. So gaben im November knapp 40 Prozent der Bundesbürger an, dass sie glauben, dass die Arbeitslosigkeit künftig steigen wird. Nur noch 8 Prozent der Befragten gehen von einem Rückgang der Arbeitslosenzahlen aus.
Fragt man konkret nach den Gründen für die erwartete Verschlechterung auf dem Arbeitsmarkt, so ist das Meinungsbild sehr klar. 69 Prozent derjenigen, die davon ausgehen, dass die Arbeitslosigkeit in den kommenden Monaten steigen wird, sehen die Ursache in der Flüchtlingskrise und dem anhaltend starken Zustrom an Asylbewerbern. Damit stabilisiert sich dieser Wert auf einem hohen Niveau. Im Oktober nannten in einer vergleichbaren Befragung 70 Prozent derjenigen, die eine steigende Arbeitslosigkeit erwarten, die Flüchtlingskrise als wesentlichen Grund für eine Verschlechterung auf dem Arbeitsmarkt. Dagegen spielen saisonale Effekte bzw. Witterung (16 Prozent), eine als schlechter empfundene Wirtschafts- bzw. Beschäftigungslage (jeweils 13 Prozent) sowie der VW-Skandal (3 Prozent) eine untergeordnete Rolle.
Damit scheint die Konjunkturstimmung der Bürger derzeit deutlich pessimistischer zu sein, als sie sich in der Wirklichkeit darstellt oder von Experten beurteilt wird. So geht der Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung in seinem jüngst veröffentlichten Jahresgutachten 2015/16 davon aus, dass das Bruttoinlandsprodukt in Deutschland im kommenden Jahr um 1,6 Prozent steigen wird, nach prognostizierten 1,7 Prozent in 2015.
Einkommenserwartung trotz leichter Verluste überaus hoch
Die Einkommenserwartung muss im November ebenfalls leichte Einbußen hinnehmen und sinkt auf 44,4 Punkte. Trotz Verlusten von 3,3 Zählern bleibt das Niveau im Gegensatz zur Konjunkturerwartung somit weiter überaus hoch.
Dies ist ein Hinweis darauf, dass die Verbraucher zwar einen Anstieg der Arbeitslosigkeit erwarten, aber nach wie vor davon ausgehen, dass sie selbst davon nicht betroffen sein werden und sich deshalb keinerlei Sorgen um ihren Job machen müssen. Die Erfahrungen der Vergangenheit mit diesem Indikator zeigen, dass ein Anstieg der Angst vor Jobverlust stets mit einem deutlichen Sinken der Einkommensaussichten verbunden war. Dies ist hier eindeutig nicht der Fall. Offenbar gehen die Konsumenten davon aus, dass es sich eher um ein technisches bzw. statistisches Phänomen handeln dürfte, das mit der derzeitigen Flüchtlingskrise in Zusammenhang steht. Viele der nach Deutschland kommenden erwerbsfähigen Asylbewerber werden nach erfolgreichem Abschluss ihres Asylverfahrens Zugang zum Arbeitsmarkt erhalten und deshalb während der Jobsuche zunächst mehrheitlich in der Arbeitslosenstatistik erfasst.
Dies ist auch der Grund dafür, dass das Institut für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) der Bundesagentur für Arbeit in seinem aktuellen Zuwanderungsmonitor davon ausgeht, dass die Zahl der arbeitslosen Flüchtlinge im kommenden Jahr um bis zu 200.000 Personen steigen kann.
Anschaffungsneigung steigt leicht
Sinkenden Konjunktur- und Einkommenserwartungen zum Trotz legt die Anschaffungsneigung im November wieder zu. Nach fünf sehr moderaten Rückgängen in Folge gewinnt der Indikator 3 Zähler hinzu und weist nun 48,9 Punkte auf. Dieses überaus hohe Niveau belegt, dass die Konsumfreude trotz konjunktureller Verunsicherung nach wie vor stark ausgeprägt ist. Dies belegt unter anderem auch die überaus positive Entwicklung des Einzelhandels, dessen Umsatz nach Angaben des Statistischen Bundesamtes in den ersten neun Monaten dieses Jahres um 2,7 Prozent gestiegen ist.
Wesentliche Treiber dieser hohen Konsumfreude sind die günstige Beschäftigung sowie die erfreuliche Einkommensentwicklung der privaten Haushalte. Zusätzlichen Auftrieb erhält die Kaufkraft durch die überaus niedrige Inflationsrate, die im Oktober bei 0,3 Prozent (September: 0,0 Prozent) lag. Vor allem anhaltend niedrige Energiepreise sorgen dafür, dass den Haushalten mehr finanzielle Mittel für andere Zwecke zur Verfügung stehen.
Konsumklima erneut etwas niedriger
Für Dezember 2015 prognostiziert der Gesamtindikator 9,3 Punkte nach 9,4 Zählern im November. Obwohl es sich bereits um den vierten Rückgang in Folge handelt, ist das Niveau des Konsumklima-Indikators sehr hoch.
Die weitere Entwicklung der Konsumstimmung wird unter anderem auch davon abhängen, wie die Verbraucher auf die Terroranschläge in Paris vom 13. November reagieren werden. Da die Befragung exakt an diesem Tag abgeschlossen wurde, konnten mögliche Wirkungen in der November-Erhebung nicht berücksichtigt werden. Sollte die Verunsicherung unter den Konsumenten aufgrund der Ereignisse in Paris und möglicher weiterer Anschläge oder Anschlagsversuche stark steigen und einige aus Sorge vor weiteren Anschlägen künftig Menschenansammlungen, wie beispielsweise in Fußgängerzonen, meiden, wird dies auch das Konsumklima belasten.