Public Manager
11.05.2015 | Arbeitsschutz, Gesundheitswesen und Hygiene, Messen

Spielerisch zur gesunden Belegschaft

Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) hat Konjunktur - doch nicht immer hält der hochgehandelte Begriff, was er verspricht: Prof. Dr. Anabel Ternès (SRH Hochschule Berlin) ist bei ihrer Forschungstätigkeit auf unterschiedliche Entwicklungsstufen und Funktionen gestoßen und hat zugleich einen Einblick in die aktuellen Trends in Sachen Mitarbeiterfitness gewonnen. Was im BGM wichtig und angesagt ist, verrät sie vorab im Keynote-Vortrag am Mittwoch 20. Mai, auf der Corporate Health Convention in Stuttgart.

Vielen Arbeitgebern sei nicht klar, was Betriebliches Gesundheitsmanagement alles umfasse, meint die Geschäftsführerin des Instituts für Nachhaltiges Management an der SRH Hochschule. „Es geht um die Entwicklung von Prozessen und Strukturen, die es ermöglichen, die Arbeit oder auch die gesamte Organisation gesundheitsförderlich zu gestalten“, stellt die Expertin klar. Arbeitgeber könnten folglich „nicht einfach irgendwie loslegen“, sondern müssten zunächst die entsprechenden Prozesse analysieren, koordinieren, benennen und besetzen – und zwar mit Personen, die über die passenden Qualifikationen verfügen. „Wenn man es richtig betreiben möchte, darf BGM keine Einmalgeschichte sein, sondern muss ein durchgehender Prozess mit ständiger Evaluierung und Controlling sein“, benennt Prof. Ternès den Knackpunkt.

Vom Idealbetrieb über Green-Washing bis zur Nullnummer

Die Bedeutung, die Unternehmen Betrieblichem Gesundheitsmanagement zumessen, unterscheide sich entsprechend stark: Neben Firmen, in denen es hohen Stellenwert besitze und auch so gelebt werde, gebe es Arbeitgeber, in denen BGM einen Green Washing-Effekt habe, also eher als Marketing betrachtet werde. Wiederum andere besäßen überhaupt keine Sensibilität für das Thema – frei nach dem Motto: „Klappt doch alles, sind genügend Mitarbeiter da, Umsatz passt, wozu brauchen wir jetzt noch ein BGM?“ Von einer Verschärfung der gesetzlichen Vorgaben – etwa in Form eines Anti-Stress-Gesetzes – verspricht sich die Professorin allerdings keine Besserung: „Gesetzmäßige Verbote oder Gebote gehen aus meiner Sicht am Kern vorbei, weil Gesundheitsförderung Spaß machen, also motivieren sollte.“ Staatliche Anreizsysteme wie zum Beispiel steuerliche Ermäßigungen oder Zuschuss-Regelungen seien dazu besser geeignet.

Netzwerkbildung und Sensibilisierung im Kommen

So oder so schreite die Entwicklung voran: Das Teilen von Know-how – also der Sharing-Trend – sei jetzt auch im BGM auszumachen: Netzwerke, Best Cases und der Erfahrungsaustausch mit anderen Unternehmen seien gefragt. Zudem bemerkt die Expertin einen Trend zur Sensibilisierung in psychologischer Richtung. „Wie stelle ich fest, was meine Mitarbeiter und meine Führungsmannschaft brauchen? Wie nehme ich die Leute mit? Dabei geht es auch um Instrumentarien, Methoden, Baukästen – um dann entsprechend zu sensibilisieren, zu motivieren und einen Aktionsplan zu erstellen.“ Zudem zeichneten sich Vorlieben für bestimmte Einzelmaßnahmen ab: Hoch im Kurs stände derzeit etwa eine neue Form von Yoga, die Mitarbeiter leicht erlernen und einfach in ihren Arbeitsalltag integrieren könnten.

Trendsetter E-Health und Gamification

Durchschlagenden Erfolg haben vor allem neue Möglichkeiten und Anreizsysteme im Rahmen der Digitalisierung. Für E-Health gebe es gleich von zwei Seiten einen Markt: zum einen im Gesundheitssektor – in den Krankenhäusern, in der Kooperation von Ärzten untereinander oder im Bereich der Telemedizin. Ein weiterer Markt entstehe aus dem eher männlich dominierten Sport-Freizeit-Verhalten: „Man misst sich gerne untereinander.“ Auch im BGM hielten insofern spielerische Elemente und Teambildung Einzug. „Etwa bei der Einführung eines neuen Fitness-Raums: Wenn Teammitglieder in einer bestimmten Anzahl antreten, können sie Punkte erwerben, die ihnen in Sachprämien oder auch monetär angerechnet werden.“ An Messfaktoren wie Herzkohärenz, Blutdruck und verschiedenen anderen Werten ließen sich zudem umgehend Fortschritte ablesen.

Standardwerk füllt sich mit vielversprechenden neuen Ansätzen

Auf diesem Gebiet sieht Prof. Ternès noch viel Potenzial – unter der Prämisse, dass Daten-Sicherheit und Privatsphäre gewahrt bleiben. „Man denke beispielsweise an übergewichtige Mitarbeiter. Ab wann werden die bloßgestellt? Hier muss man äußerst sensibel vorgehen“, zeigt die Referentin Grenzen auf. Voraussichtlich im Spätsommer erscheine das BGM-Standardwerk, an dem sie mitarbeite. „Wir haben im Moment 27 Beiträge, wollen aber noch mehr Trends und Best Cases dazu nehmen. Gerade in den letzten Wochen habe ich spannende Gespräche zu neuen Ansätzen im BGM geführt. Es motiviert einen zu sehen, was für großartige Ansätze und innovative Konzepte auch aus der Praxis heraus entstehen“, freut sich die Autorin über die Entwicklung.