Sieben Stunden Ruhe am Flughafen Frankfurt
Mehr Ruhe für die Anwohner des Frankfurter Flughafens – das ist erklärtes politisches Ziel der Landesregierung in Hessen. Im Auftrag des Umwelt- und Nachbarschaftshaus in Kelsterbach hat Disy fünf Modelle für eine längere Lärmpause analysiert und dabei ermittelt, bei welchem Modell die meisten Betroffenen mehr Ruhe bekommen.
Die hessische Landesregierung hat sich das Ziel gesetzt, die Lärmbelastung rund um den Frankfurter Flughafen zu reduzieren und möchte das geltende sechsstündige Nachtflugverbot durch die Einführung einer zusätzlichen Lärmpause ergänzen. Damit möchte man den betroffenen Anwohnern morgens und abends im Wechsel eine Stunde mehr Ruhe geben und die nächtliche Lärmpause auf sieben Stunden verlängern. Damit die Anwohner eine Chance auf einen ausreichenden und erholsamen Nachtschlaf haben, sollen im Wechsel von 22 bis 5 Uhr oder von 23 Uhr bis 6 Uhr in der Umgebung des Frankfurter Flughafens in keinem Schlafzimmer bei gekipptem Fenster mehr als sechs Schallereignisse von mehr als 58 Dezibel (dB(A)) außen auftreten. Dies entspricht innen etwa 43 dB(A) und erlaubt einem durchschnittlich empfindlichen Menschen ungestörtes Weiterschlafen.
Fünf Modelle für Probebetrieb
Von dieser zusätzlichen Lärmpause sollen einerseits möglichst viele Betroffene profitieren, andererseits darf dadurch nicht die Wettbewerbsfähigkeit des Flughafens gefährdet werden. Deshalb hat das hessische Verkehrsministerium zusammen mit der Deutschen Flugsicherung (DFS), dem Flughafenbetreiber Fraport und der Deutschen Lufthansa insgesamt 256 theoretisch denkbare Varianten für die unterschiedliche Nutzung der Start- und Landebahnen entwickelt und zunächst unter sicherheitstechnischen, wirtschaftlichen sowie betrieblichen Aspekten geprüft und bewertet. Fünf Modelle haben sich dabei für einen Probebetrieb als möglich erwiesen.
„Uns wurden diese fünf Modelle zur Prüfung vorgelegt, die wechselnde Nutzungen der Start- und Landebahnen in den Randstunden vorsahen und alle zunächst aus reinen Kapazitätsgründen realisierbar gewesen wären“, erklärt Günter Lanz, Geschäftsführer des Umwelt- und Nachbarschaftshauses in Kelsterbach (UNH). Diese vom Land Hessen geschaffene unabhängige Informationsstelle sammelt Fakten zum Flugverkehr, wertet sie aus und stellt sie der Öffentlichkeit zur Verfügung. „Unsere Aufgabe bestand darin, bei allen fünf Modellen gemeinsam mit weiteren Experten zu analysieren, wie viele Menschen bei den jeweils vorgeschlagenen Bahnnutzungen eine geringere Lärmbelastung und wie viele eine höhere erfahren und bei wie vielen sich keine Änderung ergibt. Der Weg dahin war nicht ganz einfach, aber wir haben ihn erfolgreich beschritten – auch dank der Unterstützung von Disy“, sagt Günter Lanz.
Datenbankbasierter Lösungsansatz von Disy
Dazu hat Disy – unter Einbeziehung der GIS- und Reportingsoftware Cadenza sowie der Datenbanktechnologie von Oracle Spatial – Gemeindegrenzen, soziodemographische Daten mit Ergebnissen der Fluglärmberechnungen auf Datenbankebene verschnitten und diese mit der Bevölkerungsdichte unterlegt. Diesen datenbankbasierten Lösungsansatz hat Disy schon in vielen Projekten erfolgreich angewendet. Und auch im Lärmpausenprojekt hat er sich bewährt, weil damit große Datenmengen in Verbindung mit komplexen Verschneidungsalgorithmen in kurzer Zeit effektiv verarbeitet werden konnten. „Dieser Ansatz in Verbindung mit der integrierten Auswertung von Sach- und Geodaten in Cadenza, war ein entscheidender Vorteil bei der Bewertung der fünf Varianten“, resümiert Günter Lanz. „Denn dadurch konnten die Daten nicht nur kartographisch aufbereitet und analysiert, sondern es konnte am Ende des Analyseprozesses auch mit einer Tabelle kommunenscharf bilanziert werden, wie viele Menschen je Modellvariante entlastet, belastet oder nicht betroffenen sind. Ein weiterer, nicht zu unterschätzender Vorteil war die grafische Ergebnisdarstellung mittels in Cadenza erzeugten Verschneidungskarten. Erst sie machen es vielfach möglich, tabellarische Ergebnisse optisch nachvollziehen und verstehen zu können.
Diese vom UNH und Disy durchgeführte Prüfung ergab, das Modell 4 die meisten Betroffenen entlastet. Deshalb wurde es zu Beginn des Sommerflugplanes Ende April für den einjährigen Probebetrieb eingeführt. Dieses Modell sieht vor, dass bei Westwind, der an drei von vier Tagen weht, während der Lärmpause einzelne Bahnen vermehrt, andere dafür gar nicht genutzt werden. Dadurch werden im Rhein-Main-Gebiet 105.000 Menschen entlastet und 65.000 Menschen belastet. „Das ist ein Nettogewinn von 40.000 Menschen, die nun nach den genannten Definitionen eine Lärmpause erhalten“, sagt Günter Lanz. „Mit Cadenza konnten wir das sehr genau analysieren und die Ergebnisse den Entscheidern anschaulich präsentieren. Das Ergebnis hat eine fundierte Entscheidungsgrundlage für die verantwortlichen Stellen geliefert, die akzeptiert und zur Entscheidungsfindung genutzt wurde.“