Herausforderung Inklusion: rehaKIND mit Hilfsmitteln zum „Anfassen“ auf der didacta Hannover
Beispiele für Unterstützung durch Hilfsmittel geben, Ängste abbauen und ermutigen: rehaKIND war auch 2015 zu Gast auf der weltgrößten Bildungsmesse didacta in Hannover und präsentierte das Thema Inklusion und Hilfsmittelversorgung.
Über 250 Pädagogen/Innen, Heilerziehungspfleger/Innen, Kita-Personal, Inklusionsbegleiter, aber auch verstärkt Mitarbeiter von Schulträgern und Kommunen informierten sich an den fünf Messetagen in intensiven Gesprächen, wie mit inklusivem Unterricht der Anspruch behinderter Kinder und Jugendlicher auf Teilhabe umgesetzt werden kann.
Therapie-/Schultische und –Stühle, Spieltische für Rollikinder, aber auch Alltagshilfen sorgten oft für Begeisterung bei den pädagogischen Fachkräften: Dass mit Hilfsmitteln vielen Kindern mit Förderbedarf in Unterricht und Kita geholfen werden kann, davon aber auch Lehrkräfte, Erzieher und vor allem alle anderen Kinder in den Schulen und Kitas profitieren, war vielen ratsuchenden Besuchern der rehaKIND-Sonderschau vorher nicht klar.
rehaKIND hat sich als kompetentes Netzwerk für unkomplizierte Antworten und Lösungen präsentiert. Die internationale Fördergemeinschaft war idealer Ansprechpartner, um Inklusion und Hilfsmittelunterstützung zu visualisieren und praktische Tipps zur Umsetzung zu geben.
Gemeinsam mit anderen Vereinen und „Inklusionsspezialisten“ aus Pädagogik, Therapie, Medizin und Presse gaben tägliche Gesprächsrunden Gedankenanstöße für multidisziplinäre Lösungen.
Von Inklusion profitieren Alle
Mit positiven „Best-Practice“ Beispielen und dem Hinweis, dass es schon viele engagierte Initiativen vor Ort gibt wurde Mut gemacht. So warb der Verein „Mittendrin Hannover“ dafür, das Thema Inklusion als Chance zu sehen für eine individuelle Sichtweise auf alle Menschen. Prof. André Zimpel aus Hamburg gab einen Einblick in das Lernverhalten von Kindern mit Handicap. rehaKIND-Vorsitzender Rechtsanwalt Jörg Hackstein klärte über viele Fragen der Kostenübernahme bzw. der Zuständigkeit von Kostenträgern bei Hilfsmitteln zur Inklusion auf.
Großes Interesse herrschte zum Thema „Ist Inklusion an Schulen überhaupt möglich?“ Schulvertreter/Innen und Betroffene beantworteten diese provokante Frage einhellig mit ja! Allerdings brauche man gute Konzepte an den Schulen und eine kreative und individuelle Sicht auf die Schüler. Der Direktor einer Gemeinschaftsschule aus Gymnasium und Förderschule aus Rostock zeigte sich als engagierter Fürsprecher des inklusiven Miteinanders. Dr. Anette Mund vom Kindernetzwerk erläuterte komplexe Inhalte zu Nachteilsausgleich und Förderplan.
Der letzte Messetag überzeugte alle: Lennart Godow kam mit Familie und Freunden und zeigte eindrucksvoll, wie er als Junge mit massiven körperlichen Einschränkungen und ohne Lautsprache dank Sprachcomputer an einer Regelschule erfolgreich unterrichtet werden kann und damit selbstverständlich einen Platz in der Klasse behauptet.
Inklusion braucht Zeit – aber man muss anfangen ...
Das Fazit des Messeauftritts: Inklusion ist noch lange kein flächendeckendes Erfolgsmodell. Noch immer liegt es am persönlichen Einsatz aller Beteiligten, ob sie -wie in Lennarts Fall - gelingen kann. Vor allem auf Regelschullehrer kommen ganz neue Aufgaben bei der Betreuung hilfsbedürftiger Kinder zu. Hier werden Pädagogen neben ihrem eigentlichen Bildungsauftrag weitere Qualifikationen und Kenntnisse abverlangt. In vielen Gesprächen wurde deutlich, dass die Ängste und Vorbehalte in Bezug auf Inklusion größtenteils auf fehlendem Fachwissen gründen. Zu den Befürwortern der Inklusion gehören zur Zeit vor allem Pädagogen, deren Ausbildung die zieldifferenzierte Förderung im gemeinsamen Unterricht bereits beinhaltete.
Hier wird rehaKIND und das Netzwerk des Vereins weiterhin Anstöße geben, aber vor allem inhaltliche Hilfestellungen erarbeiten, die Sicherheit für alle Beteiligten beim Umgang mit behinderten Kindern und Jugendlichen geben.
Die Fachkompetenz rund um Krankheitsbilder und Hilfsmittel, die bei den Sonderpädagogen vorhanden ist, muss auch weiterhin für Regelschulen und -Kitas zur Verfügung stehen. Therapiezeiten müssen in den Tagesablauf der zieldifferent unterrichteten Klassen eingebaut werden. Neue und andere Berufsgruppen wie „Schulschwestern“ oder wie in den Niederlanden sogenannte „Kümmerer“, die alle Besonderheiten rund um die Kinder mit Handicap in der Regelschule klären, müssen einen gesicherten Platz an den Schulen finden.
Inklusion ist kein Sparprogramm
Die Umsetzung der Inklusion an Regelschulen nimmt mächtig Fahrt auf und mittlerweile sind alle Schulformen involviert. An vielen Stellschrauben wird im Umsetzungsprozess immer wieder nachkorrigiert werden müssen. Eines ist klar: Inklusion fängt im Kopf an, und Pädagogen und Schulen müssen lernen, sich die Kompetenzen und Erfahrungen anderer zunutze zu machen. Außerdem muss das Thema zwingend in den Ausbildungsgängen für Pädagogen verankert werden.
Eine Doppelbesetzung vor Ort aus Regel- und Sonderpädagogen darf keine stundenweise Ausnahme sein: Sie hilft, gerade in der Übergangsphase, die unterschiedlichen Kompetenzen und Erfahrungen dieser Professionen zum Wohle aller Kinder zielorientiert einzusetzen.