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07.07.2015 | Personalwesen

Personalbarometer Einkauf: Einkäufer kämpfen mit Fachkräftemangel, neuen Rollenbildern und Image

Ein geringes Angebot an Fach- und Führungskräften auf dem Arbeitsmarkt, deutlich veränderte Aufgabenprofile von Mitarbeitern und ein anhaltend negatives Image auch im eigenen Unternehmen sind die drei größten Herausforderungen des Einkaufs deutscher Unternehmen. Das ist das Ergebnis des Personalbarometers 2015 des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME) und der auf Personal- und Change-Management spezialisierten Unternehmensberatung Penning Consulting.

Insgesamt haben 78 Einkaufs- und Supply-Chain-Verantwortliche im Frühjahr 2015 am Personalbarometer Einkauf 2015 teilgenommen. 59 Prozent der Befragten haben die Herausforderung, dass es ein zu geringes Angebot an Fach- und Führungskräften auf dem Arbeitsmarkt gibt, als „eher hoch“ beziehungsweise „hoch“ bewertet. Entsprechend sehen 54 Prozent Nachfolgelücken im eigenen Unternehmen bei der Besetzung von Schlüsselpositionen in den nächsten fünf bis zehn Jahren. 19 Prozent sind der Ansicht, aktuell über keinerlei Talente im eigenen Unternehmen zu verfügen, um diese Nachfolgelücken zu schließen. 40 Prozent glauben, zu wenige Talente dazu zur Verfügung zu haben. Nur knapp ein Drittel hat angegeben, dass eine adäquate Anzahl von Talenten bereits im eigenen Unternehmen arbeite.

„Der Fachkräftemangel ist in den deutschen Einkaufsabteilungen bereits deutlich spürbar“, sagt BME-Hauptgeschäftsführer Dr. Christoph Feldmann. Das wurde von mehr als zwei Drittel der befragten Einkaufschefs bestätigt. Neben einem Anstieg der Gehälter (das sagen 65 Prozent der Befragten) kämpfen deutsche Firmen vor allem mit der sinkenden Qualität der Bewerbungen (50 Prozent), einem deutlichen Bewerbungsrückgang (37 Prozent), einer niedrigeren Akzeptanzquote bei Vertragsangeboten (32 Prozent) und einer höheren Fluktuation im Einkauf (22 Prozent).

Die Unternehmen scheinen für das Problem nicht ausreichend gerüstet. So führt nur jedes fünfte (22 Prozent) einen jährlich stattfinden Nachfolgemanagement-Prozess durch, nur bei jedem vierten (26 Prozent) bildet ein strukturiertes Nachfolgemanagement eine wesentliche Grundlage zur Neubesetzung von Positionen. „Das Fehlen eines klar definierten Management-Prozesses zur Nachbesetzung von Vakanzen ist kein singuläres Problem deutscher Einkaufsabteilungen. Hier haben viel Unternehmen bereichsübergreifend in den vergangenen Jahren zu wenig unternommen“, sagt Stephan Penning, Geschäftsführender Gesellschafter von Penning Consulting und Leiter des Personalbarometers. „Doch Einkaufschefs bekommen dies jetzt besonders hart zu spüren. Denn ihr Kandidatenpool war ohnehin stets sehr dünn, da vielen Betrieben erst in den letzten Jahren die große Relevanz des Einkaufs deutlich geworden ist und es bisher viel zu wenig Ausbildungsmöglichkeiten – beruflich wie universitär – für künftige Einkaufs- und Supply-Chain-Profis gab.“

Systematische Weiterbildung wird unterschiedlich eingesetzt

„Das Umfeld, in dem Einkäufer heute arbeiten, hat sich in den vergangenen Jahren deutlich verändert. So wachsen die Anforderungen sowohl im operativen als auch im strategischen Einkauf kontinuierlich. Wachsende Volatilitäten, immer unberechenbarer werdende Märkte sowie politische und wirtschaftliche Krisen rund um den Globus belasten die internationalen Lieferketten“, betont BME-Hauptgeschäftsführer Feldmann. Dadurch gerieten Einkäufer unter einen permanenten Qualifizierungsdruck und müssten ihren Job teilweise regelrecht neu lernen. Und so bewerten 56 Prozent der Befragten die Herausforderung, mit dieser Veränderung der Anforderungs- und Kompetenzprofile der Mitarbeiter umzugehen, als eher hoch beziehungsweise hoch.

„Unternehmen und Einkaufschefs ist diese Herausforderung deutlich präsent“, sagt Stephan Penning. „Der Umgang mit ihr ist dennoch ambivalent.“ Positiv: Vier von fünf Unternehmen haben Weiterbildungsbedarfe in Mitarbeiter- und Zielvereinbarungsgesprächen festgelegt. In 59 Prozent der Fälle gehen Qualifizierungen aber auf die Initiative des Mitarbeiters zurück. Nicht einmal die Hälfte (44 Prozent) der Führungskräfte identifiziert die Weiterbildungsbedarfe und macht entsprechende Vorschläge. Kaum genutzt werden auch Instrumente wie 360-Grad-Feedbacks (18 Prozent) oder auf einzelne Personen zugeschnittene Potenzialanalysen (14 Prozent). Nur die Hälfte der befragten Unternehmen legt Entwicklungsbedarfe in einem individuellen Bildungsplan fest.

Penning: „Im Vergleich zum Nachfolgemanagement sind im Bereich Weiterbildung schon eine größere Anzahl an Unternehmen mit vergleichsweise strukturiertem Vorgehen aktiv. Wer Weiterbildung aber nach wie vor höchstens als nette Motivationsmaßnahme für Mitarbeiter, nicht aber als notwendige Voraussetzung für Abteilungs- und damit Unternehmenserfolg sieht, baut sich eine strategische Stolperfalle: Denn je weniger er in die systematische und dauerhafte Entwicklung der bereits vorhandenen Einkaufsmannschaft investiert, je größer wird sein Nachfolgeproblem.“

Schlüssel für ein besseres Image

Deshalb ist es sehr wahrscheinlich, dass der Einkauf auch im Jahr 2015 an seinem Erscheinungsbild arbeiten muss. Immer noch mehr als die Hälfte (55 Prozent) der befragten Einkaufsleiter hält das negative Image des Einkaufs für eine Herausforderung. „Diese Aussage hat uns überrascht“, sagt Feldmann. „Denn der Einkauf konnte in den vergangenen Jahren seine Positionierung als strategischer Werttreiber im Unternehmen deutlich verbessern.“ Und so berichtet jeder zweite befragte Einkaufschef direkt an Vorstand und Geschäftsführung, nur ein kleinerer Teil an Bereichsleiter unterhalb dieser Ebene. Nur noch in 14 Prozent der Beschaffungsprozesse ist der Einkauf nicht involviert. Bei 40 Prozent der Befragten findet dies sogar in deutlich weniger als fünf Prozent der Fälle statt. Und eine konkrete Einkaufsstrategie ist heute Standard: 73 Prozent verfügen über eine solche, 19 Prozent entwickeln gerade eine.

„Der Einkauf steht heute besser da als vor noch fünf Jahren“, sagt Stephan Penning. „Doch wie uns unsere Teilnehmer bestätigen, gibt es noch eindeutig Luft nach oben. Schüssel für eine erfolgreiche Positionierung ist dabei eine systematische und strategische Personalarbeit. Wenn andere Unternehmensbereiche Einkäufer als sowohl fachlich wie in ihren sozialen Fähigkeiten top-ausgebildete Spezialisten auf Augenhöhe wahrnehmen, die effektiv und effizient helfen, Probleme zu lösen, kann der Einkauf in der Wahrnehmungsschwelle noch einen deutlichen Sprung machen.“ Das bedeutet Umdenken für immerhin einen signifikanten Anteil der Einkaufschefs: Fast 40 Prozent ordnen dem Personalmanagement noch immer einen geringen Stellenwert zu. Immerhin: Knapp ein Drittel betrachtet die Wichtigkeit von systematischer Personalarbeit dagegen als hoch. Stephan Penning: „Und diese Einkaufschefs werden für ihre Unternehmen den Unterschied machen. Ihnen kann es gelingen, was schon einigen ihrer Kollegen gelungen ist: selbst in Geschäftsführung oder Vorstand aufzurücken.“

Über das „Personalbarometer Einkauf 2015“:

Die Untersuchung zum Personalmanagement in deutschen Einkaufsabteilungen ist im Frühjahr 2015 in Deutschland von BME und Penning Consulting gemeinsam durchgeführt worden. Insgesamt haben sich 78 Einkaufsleiter beteiligt. Die Unternehmen beschäftigen im Durchschnitt 4.800 Mitarbeiter und erwirtschaften einen durchschnittlichen Jahresumsatz zwischen 75 und 250 Millionen Euro. Erstmals wurde das Personalbarometer 2010 durchgeführt.