Die grüne Stadt: Urbanes Grün für Mensch und Umwelt
Die gebauten Bestandteile einer Stadt, aber auch Straßen, Plätze oder Wasserflächen verändern sich im Laufe eines Jahres nicht – sieht man einmal davon ab, dass es in manchen Wintern Schnee und Eis gibt. Die Grünflächen aber, ob in Parks, am Straßenrand, an Fassaden und auf Dächern, in Rabatten, Beeten und in Pflanzgefäßen verändern sich ständig und geben damit der Stadt immer wieder ein neues Gesicht: Sie treiben im Frühling mit frischem Grün aus, einige blühen und tragen später Früchte, die meisten verfärben sich im Herbst und werfen ihr Laub ab, sie zeigen sich im Winter als strukturgebende Silhouetten.
Es sind die Pflanzen, die für Veränderung und Abwechslung im öffentlichen Raum sorgen. Mehr noch, es sind die Pflanzen, die für das Erleben der Stadt wichtige Aspekte liefern: Sommergrüne Bäume und Sträucher sorgen für Schatten sowie Wind- und Lärmschutz im größten Teil des Jahres. Anwohner von vielbefahrenen Straßen stellen fest, dass die Belastung mit Verkehrslärm im Winter höher ist als im Sommer. Ein weiterer wichtiger Nutzen von Pflanzen in Städten ist der Sichtschutz. Hecken und Alleen, aber auch Einzelbäume strukturieren den Stadtraum und schaffen abgegrenzte Bereiche. Eine besondere Rolle kommt dabei den immergrünen Gehölzen zu: Während sie im Sommer im allgemeinen Grün aufgehen, haben sie im Winter ihren großen Auftritt und stehen als auffällige, grüne Gestalten im öffentlichen Raum. Zu den häufig gepflanzten immergrünen Sträuchern gehören zum Beispiel Ilex, Feuerdorn, Bambus und Kirschlorbeer. Koniferen werden im Straßenraum eher selten verwendet, aber in Parks und auf Friedhöfen sind sie weit verbreitet. Viele immergrüne Sträucher sind auch perfekte Heckenpflanzen, die zum Beispiel Fahrradwege zum Autoverkehr abgrenzen.
Urbanes Grün in der Stadt- und Raumplanung
Das öffentliche Grün der Städte hat erhebliche Bedeutung als weicher Standortfaktor für die Attraktivität einer Kommune als Wohn- und Wirtschaftsstandort. Nicht zufällig stellen sich viele Kommunen auf ihren Websites als „Grüne Stadt“ vor und werben im Städteranking mit dem Erholungswert ihrer Parks und grünen Freiflächen. Jedoch zeigen sich seit einigen Jahren verstärkt Probleme im kommunalen Grünflächenmanagement und in der Grünpflege: Während einerseits die Anforderungen von Bürgern und lokaler Wirtschaft an eine gute Grünausstattung qualitativ und quantitativ gewachsen sind, bremst die angespannte Finanzlage vieler Städte und Gemeinden deren Engagement.
Helmut Selders, Präsident des Bund deutscher Baumschulen (BdB) e.V. betont: „In den letzten zehn Jahren wächst in den Kommunen die Erkenntnis einer strategischen Bedeutung des urbanen Grüns. Es gibt mehr und mehr Projekte und Konzepte der integrierten Regional- und Quartiersentwicklung, in denen die Grünflächen zentraler Planungsbestandteil sind. Dennoch vermissen wir bundesweit entsprechende Signale auf gesamtstädtischer Ebene.“
Bürgerbefragungen bestätigen regelmäßig den hohen Stellenwert des urbanen Grüns für Lebensqualität und Wohlbefinden. Auch das im Sommer 2015 in Kooperation mehrerer Bundesministerien herausgegebene „Grünbuch Stadtgrün“ bewertet die Sicherung und Entwicklung Grüner Infrastruktur der Städte als wesentliche gestalterische, stadt- und landschaftsplanerische sowie architektonische Aufgabe mit vielen Facetten. Dort heißt es wörtlich: „Diese Aufgabe kann jedoch nicht allein durch die verschiedenen Fachdisziplinen bewältigt werden. Vielmehr stellt sie eine gesamtgesellschaftliche Herausforderung dar, welche von Politik, Zivilgesellschaft und privaten Akteuren gemeinsam angegangen werden muss.“
BdB-Präsident Selders geht noch einen Schritt weiter und zieht daraus Konsequenzen: „Wir sind überzeugt, dass erst die Verknüpfung der Zusammenhänge von Klima und Gesundheit, Biodiversität, Naturerfahrung und nicht zuletzt den Wirkungen auf das soziale Miteinander der tatsächlichen Bedeutung der Grün- und Freiraumplanung gerecht wird. Die in vielen Kommunen anhaltende Neigung zur Um- und Reorganisation der kommunalen Grünbereiche scheint uns dagegen der falsche Weg.“ Mit Blick auf die aktuelle UN-Klimakonferenz in Paris betont der BdB die Bedeutung von lokalem Engagement. Präsident Selders: „Klimaschutz und Klimaanpassung müssen parallel angepackt werden und hierzu kann jeder in seinem Bereich einen Beitrag leisten. Das Klima vor Ort wird maßgeblich von der lokalen Stadt- und Regionalplanung beeinflusst, wobei vernetzte Grün- und Wasserflächen eine wesentliche Rolle spielen.“