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14.04.2015 | Gebäudesanierung, Krankenhaus

Innovative Gebäudetechnik auch im Altbau sinnvoll umsetzbar

Die Verknüpfung innovativer Heiz- und Kühlsysteme mit intelligenter Steuerungstechnik in der Gebäudeautomatisierung verspricht neben gesteigertem Bedienkomfort auch Vorteile für die Energieeffizienz. Am Beispiel der Sanierung des ehemaligen Kaiserin-Augusta-Hospitals in Berlin wird deutlich, dass ein ganzheitlicher Lösungsansatz besonders bei Bestands- und Altbauten Sinn macht. Das mit der Sanierung verbundene, erhebliche Wertsteigerungspotenzial muss dabei keine ausufernden Kosten verursachen.

Als das Unternehmen Karl Storz Endoskope das ehemalige Hospital kaufte, um seine Präsenz am Standort Berlin zu stärken, war klar, dass der Altbau einer Entkernung und grundlegenden Sanierung bedurfte. Auch im energetischen Bereich war eine Reihe von Restriktionen zu berücksichtigen. Nach Abschluss der Sanierung und des Umbaus zur Karl Storz Hauptstadtrepräsentanz sowie zum Besucher- und Schulungszentrum kann das Gebäude mit einer gelungenen Mixtur aus Tradition und Moderne aufwarten. Unter anderem mit einem progressiven Heizungskonzept und gespickt mit hocheffizienter Gebäudesteuerung, zeigt sich der Standort der Karl Storz GmbH & Co. KG nicht nur innovativ, sondern auch äußerst komfortabel. Die erfolgreiche Kooperation des brandenburgischen Unternehmens S&L Kühldecken und Heizungssysteme GmbH & Co. KG und des Berliner Unternehmens TPN Service GmbH & Co. KG erbrachte die Installation individuell angepasster Gebäudetechnik bei hoher Qualität und kurzen Bauzeiten. Beide Unternehmen kooperierten - verknüpft durch das Netzwerk GESA - bereits bei der Planung des Sanierungsvorhabens.

Innovatives Heizkonzept

Das Karl Storz Gebäude befindet sich im Rücklauf des Fernwärmenetzes eines Kraftwerks, wodurch lediglich die Abwärme des Systems zur Verfügung steht. Die garantierte Versorgungstemperatur beträgt daher nur 40° Celsius. Zum Heizen und Kühlen wurde im Besucher- und Schulungszentrum deshalb ein Kapillarrohrsystem als flächige Anlage verbaut. Kapillarrohrsysteme benötigen nur geringe Vorlauftemperaturen. Dadurch war es möglich, das Gebäude an den Rücklauf des vorhandenen Fernwärmenetzes anzubinden, obgleich jener für ein konventionell beheiztes Gebäude dieser Größenordnung keine Kapazität mehr aufwies. Auf die Installation zusätzlicher Wärmeerzeuger konnte verzichtet werden, was dauerhaft niedrige Betriebskosten sichert. „Die Umsetzung einer Fernwärmeversorgung mit derart niedrigen Temperaturen im Kraftwerksrücklauf war zu diesem Zeitpunkt einmalig in Berlin. Eine Innovation, die sich im Alltag jedoch bewährt hat“, erläutert Dipl.-Ing. Peter Schober, Geschäftsführer bei S&L. Weiterer Vorteil der Heizmatten, gerade im Bestandsbau, ist die niedrige Aufbauhöhe. Die Installation einer Kapillarrohr-Fußbodenheizung oder –Kühldecke geht mit geringem Platzverlust einher. Dadurch können vorhandene Fußbodenaufbauten und Deckenkonstruktionen großteils erhalten bleiben. Am vorliegenden Objekt musste auf den Böden beispielsweise lediglich ein dünner Fließestrich eingebracht werden, der die Heizrohrnetze flächig abdeckt.

Beim Kühlen Energie und Kosten gespart

Die Kühlung des Gebäudes an warmen Sommertagen erfolgt über Kühldecken, welche ebenfalls als Kapillarrohrsystem ausgeführt sind. Durch den Einsatz von KNX Temperatur- und Feuchtigkeitsfühlern in Verbindung mit einer intelligenten Programmierung war es möglich, die Kühldecken ohne den unschönen, kosten- und wartungsintensiven Einsatz von Taupunktfühlern umzusetzen. Die Versorgung der Kühlanlage übernehmen dabei gebrauchsübliche Kältemaschinen, welche auf dem Dach des Besucher- und Schulungszentrums installiert sind. Eine der Kältemaschinen ist dabei mit einer „free cooling“-Funktion ausgestattet. So kann in der kalten Jahreszeit die kühle Umgebungsluft genutzt werden, um beispielsweise Serverräume zu klimatisieren. Die Kältemaschinen entziehen in diesem Fall die Kälte lediglich der Umgebung, müssen sie jedoch nicht erzeugen, was sich in einer deutlichen Energieeinsparung niederschlägt.

Beschattung zentral und zugleich individuell

An nahezu allen Fenstern des Besucher- und Schulungszentrums sind Jalousien angebracht, die die Verschattung gewährleisten. Der Schutz vor sommerlicher Überhitzung durch erhöhte Sonneneinstrahlung unterstützt dabei auf einfache Weise die Raumklimatisierung. Dadurch vermindert sich die Kühllast für die Kälteanlagen, was wiederum Umwelt und Finanzen nachhaltig schont. Die automatische Nachführung der Lamellenstellung bei sich veränderndem Lichteinfall erfolgt durch einen zentralen Lichtsensor auf dem Dach, der die Werte für alle Jalousien des Gebäudes errechnet. Die geforderte Aufschaltung der Beschattung an die vorhandene Brand- und Einbruchmeldeanlage stellte bei der Umsetzung kein Problem dar. Die Steuerung ist so programmiert, dass im Notfall alle Beschattungssysteme selbstständig öffnen, um beispielsweise Fluchtwege zu erhalten. Ebenfalls wurde eine Wind- und Regenüberwachung integriert, die Schäden an den Jalousien durch Unwetter vermeiden soll.

Umsetzung der Gebäudeautomation „in time“

Die Integration der intelligenten Gebäudesteuerungstechnik inklusive der Klimasteuerung übernahm die TPN Service GmbH um Geschäftsführer Marco Puchalski. Das Unternehmen führte die meisten Arbeiten an der Gebäudesteuerung des ehemaligen Kaiserin-Augusta-Hospitals „in time“ und ohne langwierige Vorplanung aus. Nur so konnte eine äußerst kurze Gesamtbauzeit im Zusammenwirken mit den anderen Gewerken erzielt werden.

Zuverlässigkeit, Komfort und Vielfältigkeit zu geringen Preisen

Das installierte Steuerungskonzept zur Gebäudeautomation ermöglicht die komfort- und bedarfsorientierte Nutzung der energieeffizienten Techniken. Es basiert auf der Verwendung nicht proprietärer, preiswerter Sensoren, Aktoren und universeller Steuereinheiten. Diese sind von diversen Anbietern nachhaltig verfügbar. Dadurch lässt sich hohe Zuverlässigkeit zu geringen Preisen bei extrem einfacher Handhabung umsetzen. Die sehr vielfältigen Schnittstellen der speicherprogrammierbaren Steuerungen (SPS) erlauben den Anschluss von einfachen Tastern über Relais, Sensoren, Dimmer bis hin zu diversen Bus-Systemen verschiedener Hersteller (z.B. KNX, SMI, Dali, Bacnet, LON, 1-Wire, usw.). Leitungen, die zu Schaltern und Sensoren führen, sind als niederspannungsführende KNX-Leitungen realisiert. Das Risiko eines elektrischen Schlags, beispielsweise durch eine defekte Schalterabdeckung wird ebenso eliminiert wie das Auftreten von Elektrosmog. Die Verwendung der Industriesteuerungen ermöglicht ein äußerst umfangreiches Datenlogging. Im vorliegenden Fall werden alle vom System erfassten Daten im 5-Minuten-Takt gesichert. Mit Speicherung der Daten wird ein Tagebuch über die korrekte Funktionsweise der gesamten Anlage erstellt. Hilfreich ist die Datenspeicherung im Fall von Defekten oder anstehenden Reparaturen. Durch die Revision der aufgezeichneten Werte können bestimmte Fehlerquellen explizit und im Voraus ausgeschlossen werden.

Einfache Handhabung durch „offenes“ System

Die Bedienung des gesamten Systems wurde offen gestaltet. So benötigt der Benutzer lediglich ein beliebiges internetfähiges Endgerät (Computer, Tablet, Smartphone) sowie einen entsprechenden Zugang zu einem Netzwerk. Die TPN Service GmbH programmierte ein browserbasiertes Programm, das den Zugriff auf die Gebäudesteuerung ermöglicht. So kann jeder Berechtigte mithilfe seines Passworts und eines mit dem Netzwerk verbundenen Geräts auf das System zugreifen. Durch die Anbindung via Internettechnologie ist eine Fernwartung oder Fernbedienung jederzeit ohne Probleme möglich. Bedienerfreundliche Oberflächen und transparente Menüführung gelten für Marco Puchalski als Selbstverständlichkeit für anwenderorientierte Softwarelösungen. Ein von S&L projektiertes Strangschema für Heizung, Lüftung und Beleuchtung erleichtert darüber hinaus die Arbeit für Techniker und Hausmeister. Anstehende Fehlfunktionen werden hierfür in Form abweichender Werte im System vermerkt und gemeldet. Mithilfe dieser Information kann die Haustechnik den Mangel beheben, bevor die Nutzer des Gebäudes die Störung bemerken.

Innovatives „Raum-Infosystem“

Seitens des Auftraggebers Karl Storz GmbH & Co. KG bestand der Wunsch nach der Installation eines Raum-Infosystems. Dazu wurden unter anderem sieben 55-Zoll-Monitore im Eingangsbereich und den Treppenhäusern montiert. Sie liefern, vom zentralen System gespeist, Informationen zu anstehenden Veranstaltungen und spielen in Vortragspausen etwa vorher definierte Werbefilme oder Dokumentationen ab. Außerdem kommen vor jedem der 24 Veranstaltungsräume kleine Displays zum Einsatz. In standardisierten Unterputzdosen eingebracht, zeigen diese neben Raumnummer auch anstehende oder aktuelle Veranstaltungen an. Ein Veranstaltungslogo kann optional ebenfalls eingepflegt werden. Die Raumplanung erfolgt unkompliziert über das passwortgeschützte Web-Frontend – Zugriff von jedem Rechner mit Netzwerkzugang möglich. Die Bedienoberfläche ist einfach aufgebaut, es bedarf keines Technikers vor Ort.

Auf Wunsch ist es möglich, jeden Raum vor einer eingetragenen Veranstaltung automatisch zu lüften und anschließend auf eine gewünschte Raumtemperatur zu bringen. Hierdurch können ohne Komforteinschränkungen oder zusätzlichen Personaleinsatz erhebliche Kosteneinsparungen für Heizung und Kühlung sowie Wartung und Stromverbrauch der Lüftungsanlage erzielt werden. Während einer Veranstaltung deaktiviert sich die automatische Beschattung, um eine Störung der Nutzer zu vermeiden. Zusätzlich schaltet das System, sofern ein Raum in den Abendstunden belegt ist, selbständig die Gehweg- und Treppenhausbeleuchtung. Sind im Programm keine Veranstaltungen eingebucht, fährt das System die Klimatisierung in einen Eco-Modus, um weiter Energie zu sparen.

Zukunftssicher durch herstellerunabhängige Umsetzung

Hohen Wert legt Puchalski auf die Zukunftssicherheit der von ihm installierten und programmierten Gebäudesteuerung: „Durch den überwiegenden Einsatz standardisierter Technik können wir den Betrieb unserer Anlage herstellerunabhängig auf sehr lange Zeit gewährleisten. Ersatzteile können im Falle eines Defekts oder einer Erweiterung leicht beschafft werden. Die verwendete Software wird schlicht wieder aufgespielt.“ Die Entwicklungslogik der Steuerung kann einfach weiterverwendet und bei Bedarf erweitert werden. Selbst im schlimmsten Fall sind maximal kleine Anpassungsarbeiten bei Hard- und Software nötig.

High-End, verflochten mit Geschichte

Nach nur einem Jahr Gesamtbauzeit eröffnete die Kalr Storz GmbH & Co. KG im Jahr 2013 das Besucher- und Schulungszentrum in Berlin-Mitte. Mit dem Bekenntnis zur Sanierung, unter Verwendung innovativer Technologien zur Steigerung der Energieeffizienz, zeichnete das Unternehmen Karl Storz Endoskope ein zutreffendes Bild seines eigenen Unternehmensportraits: High-End, verflochten mit Geschichte – eine gelungene Mixtur aus Tradition und Moderne.