Public Manager
30.09.2014 | Gebäudemanagement, Stadtplanung, Umfragen

2. bundesweite Umfrage zu Wohnwünschen im Alter

Deutschland wird immer älter. Entsprechend wichtiger wird das altersgerechte, barrierrearme Bauen und Wohnen. Die politische und gesellschaftliche Beachtung dieses Themas ist in den letzten Jahren gestiegen. Doch welchen Stellenwert hat der Ansatz „Wohnkomfort für alle“ bei einer wesentlichen Betroffenengruppe, den Wohneigentümern? Dies wollten der Bauherren-Schutzbund e. V. und der Verband Wohneigentum e. V., wissenschaftlich begleitet vom Institut für Bauforschung e. V., in der gemeinsamen Studie zum Thema „Wohnwünsche und barrierearmer Wohnkomfort“ herausfinden.

Zielgruppe selbstnutzende Wohneigentümer

Insgesamt nahmen 1.017 selbstnutzende Wohneigentümer an der Studie teil. Untersucht wurde das Interesse an altersgerechtem Wohnen, der Wissenstand und Informationsbedarf zum Thema, die Motive für eine Umgestaltung der Wohnung und die tatsächliche bauliche Umsetzung. Aber auch Konfliktsituationen wie finanzielle Belastungen und mögliche Lösungen in Form von Information, Hilfe und Unterstützung wurden hinterfragt.

Eine solche Umfrage wurde zum ersten Mal 2010 durchgeführt. Von der modifizierten Neuauflage 2014 erhoffen sich die Verbände zum einen Informationen über den momentanen Stellenwert, den das Thema „barrierearmes Wohnen“ bei selbstnutzenden Wohneigentümern einnimmt. Zum anderen soll der Vergleich der Studienergebnisse von 2010 und 2014 darlegen, ob sich die Wahrnehmung verändert hat und wo noch Informationsbedarf besteht.

Die wichtigsten Ergebnisse

Alter und persönliche Umstände: Bei den Befragten handelt es sich in der Hauptsache um Eigentümer von Ein- und Zweifamilienhäusern, wobei es sich bei einem Großteil des Wohneigentums (rund zwei Drittel) um 2-Personen-Haushalte handelt. In über 50 Prozent der befragten Haushalte ist der Älteste älter als 66 Jahre. Als häufigstes Einkommen wird Rente bezogen.

Art der Gebäude: Fast zwei Drittel der Gebäude wurden vor 1978 errichtet, die meisten haben keinen stufenlosen Eingang. Lediglich bei 17 Prozent der Häuser ist er ebenerdig. Mit 63,06 m2 übersteigt die durchschnittliche Wohnfläche pro Person in den befragten Haushalten die durchschnittliche Wohnfläche pro Person in Deutschland (47 m2) um circa ein Drittel. Dies verspricht einerseits bessere Voraussetzungen für eine barrierefreie Anpassung, da diese oft größere Bewegungsflächen verlangen. Andererseits ist dieser Wohnraum aber in den meisten Fällen auf verschiedene Ebenen verteilt und wird somit zum Problem – über 80 Prozent der Befragten wohnen auf zwei oder mehr Etagen.

Wohnwünsche: 90,27 Prozent der Befragten möchten so lange wie möglich in ihrem eigenen Haus/ihrer eigenen Wohnung leben und in ihrem sozialen Umfeld bleiben. Um dies zu erreichen, wären aber nur 20,06 Prozent konkret zu einer Umgestaltung des Wohnraums bereit. Eine Nachrüstung können sich 25,27 Prozent vorstellen, während ein richtiger Umbau mit Grundrissänderung nur für 15,04 Prozent in Frage kommt. Hier gibt es ein brisantes Ungleichgewicht zwischen Wohnwünschen und der Bereitschaft zur Veränderung.

Informationsstand: Jüngere Befragte setzen sich bisher nicht aktiv mit dem Thema „Wohnkomfort“ auseinander, circa ein Drittel der Befragten: Von diesen gaben 40 Prozent an, dass kein aktueller Bedarf bestehe und 11 Prozent fühlten sich „zu jung“. Ein Großteil der Älteren, circa zwei Drittel der Befragten, hat sich bereits mit dem Thema der barrierearmen Wohnraumanpassung beschäftigt. Ein wichtiger Grund hierfür ist der Gedanke der Vorsorge (59,06 Prozent).

Umsetzung und Förderung: Die Befragung zu den bereits durchgeführten bzw. geplanten Maßnahmen ergab, dass insgesamt rund 16 Prozent der befragten Haushalte bisher Maßnahmen zur barrierearmen Wohnungsanpassung durchgeführt und rund 7 Prozent Maßnahmen in absehbarer Zeit geplant haben. Beide Werte sind als äußerst gering einzuschätzen. Laut Befragung liegt dies zum einen an fehlender Information – obwohl viele zugleich aussagen, sie fühlten sich ausreichend informiert –, zum anderen fehlt es an technischen und finanziellen Möglichkeiten. Unbedingt notwendige Maßnahmen werden von den Befragten fast ausschließlich aus Eigenmitteln finanziert. Insgesamt betragen die Kosten der bisher durchgeführten Maßnahmen 8,96 Millionen Euro – bis 2010 waren es 7,32 Millionen Euro. Lediglich 2,5 Prozent der Befragten haben Fördermittel in Anspruch genommen. Hauptsächlich deshalb, weil viele ältere Menschen an finanzielle Grenzen stoßen und oft nicht in der Lage sind, einen Kredit zu finanzieren. „Die Wiedereinführung des KfW-Investitionszuschusses „Altersgerecht Umbauen“ setzt hier ein überfälliges Signal. Aber wir erwarten, dass die Förderung nunmehr dauerhaft und planbar sein wird. Das Bewusstsein für das Thema bildet sich nur langsam aus – dies ist hierbei zu berücksichtigen“, betont Hans Rauch, Präsident Verband Wohneigentum e. V. „Aufgabe der Verbände und auch der Politik ist es nun, diese Fördermöglichkeit publik zu machen, damit dringend notwendige Umbaumaßnahmen angepackt werden“, so Rauch weiter.

Fazit: Nicht zuletzt aufgrund ihres Baujahres bedürfen die meisten Gebäude der befragten Wohneigentümer einer Wohnraumanpassung, wenn sie auch noch im Alter bewohnbar bleiben sollen. Aufgrund der relativ großen Wohnfläche bieten diese Gebäude oft ein erhebliches Potenzial für eine barrierearme oder sogar barrierefreie Anpassung. Hier ist jedoch immer eine Kosten-Nutzen-Analyse im Einzelfall notwendig.

Zwar geben die Befragten an, ausreichend informiert zu sein. Dennoch ist erkennbar, dass Beratungen zu den verschiedenen technischen Möglichkeiten und finanziellen Förderungen kaum in Anspruch genommen werden. Es besteht also noch immer ein tatsächlicher Bedarf, nicht zuletzt um das Bewusstsein der Betroffenen für die Problematik zu schärfen.

Verfolgt man das gesellschaftspolitische Ziel, dass die Menschen ihrem Wunsch entsprechend möglichst lange selbständig in den eigenen vier Wänden wohnen können, bedarf es kontinuierlicher Weiterentwicklung von altersgerechtem Wohnraum. „Dabei muss eine übermäßige Verteuerung von Bau und Umbau vermieden werden. Denn selbstnutzende Wohneigentümer stemmen noch viele weitere Kostensteigerungen, angefangen bei der Grunderwerbsteuer über die Kosten für energetisches Bauen und Sanieren bis hin zu den laufenden Kosten für Strom und Energie“, mahnt Peter Mauel, 1. Vorsitzender Bauherren-Schutzbund e. V. Hilfreich wäre, wenn aus den geforderten Sondermaßen für den barrierefreien Bau allgemeingültige Standardmaße würden. Dies würde den Bau barrierfreier Wohnungen nicht künstlich verteuern. Allerdings darf nicht nur der barrierefreie Neubau als Orientierung dienen, die Politik muss insbesondere den barrierereduzierten Umbau von Bestandsgebäuden in gewachsenen sozialen Strukturen weiter fördern.

Aus der Studie ergeben sich verschiedene Handlungsempfehlungen. Diese können Sie hier nachlesen (PDF):