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03.12.2014 | Beschaffungspraxis, Umfragen

EMI: Deutsche Konjunktur kühlt sich weiter ab

Die deutsche Wirtschaft hat im November weiter an Schwung verloren. Der saisonbereinigte Markit/BME-Einkaufsmanager-Index (EMI), der die Geschäftslage von über 500 Unternehmen des produzierenden Gewerbes in einem Wert zusammenfasst, sank binnen vier Wochen von 51,4 Punkten auf aktuell 49,5 Zähler. Damit liegt der viel beachtete Konjunktur-Frühindikator erstmals seit September wieder unter der 50-Punkte-Wachstumsmarke. Gleichzeitig sank der EMI damit auf ein 17-Monatstief. Sein bisheriger Durchschnittswert für das vierte Quartal entspricht dem tiefsten Stand seit dem Frühjahr 2013. Der aktuelle Index notiert um sieben Punkte niedriger als noch zu Beginn dieses Jahres. Hauptgründe für die sich abzeichnende konjunkturelle Abkühlung sind sinkende Auftragsbestände, schrumpfende Fertigwarenlager und rückläufige Neuaufträge.

„Angesichts geopolitischer Krisen und einer weiter schwächelnden Weltwirtschaft haben zurzeit viele Unternehmen große Schwierigkeiten, neue Aufträge im In- und Ausland zu gewinnen. Daher habe ich nur wenig Hoffnung, dass die Industrie zum Jahresende noch einmal PS auf die Straße bringt“, sagte Dr. Christoph Feldmann, Hauptgeschäftsführer des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME), Frankfurt. Daran können seiner Ansicht nach auch die anhaltend günstigen Rohstoffpreise nichts ändern.

„Wie von mir erwartet, hat der EMI seinen Abwärtstrend noch nicht beendet. Im Oktober konnte er sich zwischenzeitlich zwar stabilisieren, jüngst ist er aber wieder unter die Wachstumsschwelle von 50 Punkten gefallen“, sagte Dr. Gertrud R. Traud, Chefvolkswirtin der Helaba Landesbank Hessen-Thüringen, dem BME. Die konjunkturelle Delle werde sich also voraussichtlich ins nächste Jahr hineinziehen. Allerdings sollte es im weiteren Verlauf eine deutliche Erholung geben. Traud: „Sowohl die Abwertung des Euros als auch der kräftige Fall des Rohölpreises werden bald wie eine Konjunkturspritze wirken. Das Wachstum wird 2015 mit 1,3 Prozent zwar nicht gigantisch, aber immerhin noch hoch genug sein, um weitere Arbeitsplätze zu schaffen.“ Deutschland werde sich dann auf die Vollbeschäftigung zu bewegen – allerdings bis auf einen Bereich: „Die Einführung des Mindestlohns wird die Beschäftigungsschwelle für Geringqualifizierte weiter erhöhen“, so Traud abschließend.

„Das Konjunkturjahr endet in Moll, der vorherrschenden Tonart in 2014“, kommentierte Dr. Ulrich Kater, Chefvolkswirt der DekaBank, die aktuellen EMI-Daten für November. Wenngleich die deutsche Konjunktur in diesem Jahr nicht abgestürzt sei, so wurde sie doch auf den Boden der Tatsachen heruntergeholt. Kater gegenüber dem BME: „Eine schwache Nachfrage aus dem Ausland, insbesondere aus den europäischen Nachbarländern, konnte durch die Binnennachfrage nur teilweise ausgeglichen werden. In den kommenden Monaten wird die Konjunktur weiterhin schwammig bleiben.“ Die deutsche Wirtschaft gehe daher mit nur wenig Schwung ins neue Jahr. Zurzeit verunsichere der Rohölpreisrückgang als Zeichen nachlassender weltweiter Konjunktur die Unternehmen. 2015 sollte die Konjunktur laut Kater „jedoch bei niedrigen Energiekosten und einem schwachen Wechselkurs wieder Fahrt aufnehmen“.

„Noch ist die Schwächephase der deutschen Wirtschaft nicht überwunden. Geopolitik und Wirtschaftspolitik lassen die Unternehmen weiter vorsichtig agieren, gerade auf der Investitionsseite“, sagte DIHK-Chefvolkswirt Dr. Alexander Schumann dem BME. Ein Signal der Bundesregierung, es mit der Kursänderung hin zur Wirtschaft ernst zu meinen, könnte seiner Ansicht nach helfen. Schumann: „Das heißt, keine weiteren Belastungen bei Bürokratie, Arbeitsmarkt und Steuern.“

Die Entwicklung der EMI-Teilindizes im Überblick:

Industrieproduktion: Das Produktionswachstum im deutschen Industriesektor hat sich im November verlangsamt. Der Anstieg fiel so gering aus wie seit eineinhalb Jahren nicht mehr. Vor allem im Konsumgüterbereich wurde die Fertigung gedrosselt. Doch auch in den anderen Bereichen machte sich eine Abschwächung der Binnen- und Auslandsnachfrage bemerkbar.

Auftragseingang: Aufgrund wirtschaftlicher Unsicherheiten und eines abflauenden Exportgeschäfts nahmen die Gesamtauftragseingänge den dritten Monat hintereinander ab. Der Rückgang fiel dabei so stark aus wie seit fast zwei Jahren nicht mehr und traf ganz besonders die Vorleistungsgüterindustrie.

Der Teilindex für die Exportaufträge sank im aktuellen Befragungsmonat erstmals seit September 2013 unter die Wachstumsmarke von 50 Punkten und signalisierte dadurch Einbußen im Auslandsgeschäft. Umfrageteilnehmer berichteten von einer Nachfrageflaute besonders aus China, den USA und Europa.

Beschäftigung: In der Industrie wurden zwar den zweiten Monat in Folge neue Stellen geschaffen, diesmal allerdings nur noch vereinzelt. Aus den Umfragerückmeldungen ging hervor, dass einige Unternehmen gezielt Neuzugänge zum Abbau unerledigter Aufträge einsetzten, während andere sich auf einen erhöhten Produktionsbedarf in den kommenden Monaten einstellen. Der Jobzuwachs erstreckte sich auf alle drei Industriebereiche.

Einkaufs-/Verkaufspreise: Der Kostendruck senkte sich im November weiter; der Teilindex Einkaufspreise erreichte dabei ein 7-Monatstief. Vor allem niedrigere Preise für Öl, Energie und einige Rohmaterialien (einschließlich Kunststoff) sorgten bei den Unternehmen für eine Entlastung ihrer Betriebskosten.

Die Produzenten senkten aufgrund des zunehmenden Wettbewerbs zum zweiten Mal innerhalb der vergangenen drei Monate ihre Verkaufspreise, wenn auch insgesamt nur geringfügig. Rund neun Prozent der Befragten boten ihren Kunden eigenen Angaben zufolge Vergünstigungen an, während nur vier Prozent ihre Preise anhoben.

Der Markit/BME-Einkaufsmanager-Index (EMI) ist ein monatlicher Frühindikator zur Vorhersage der konjunkturellen Entwicklung in Deutschland. Der Index erscheint seit 1996 unter Schirmherrschaft des Bundesverbandes Materialwirtschaft, Einkauf und Logistik e.V. (BME), Frankfurt. Er wird von der britischen Forschungsgruppe Markit Economics, Henley-on-Thames, erstellt und beruht auf der Befragung von 500 Einkaufsleitern/Geschäftsführern der verarbeitenden Industrie in Deutschland (nach Branche, Größe, Region repräsentativ für die deutsche Wirtschaft ausgewählt). Der EMI orientiert sich am Vorbild des US-Purchasing Manager´s Index (Markit U.S.-PMI).