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12.04.2014 | Energie

Energiewende braucht mehr dezentrale Versorgungsstrukturen

"Kraft-Wärme-Kopplung ist der 'Enabler' für die notwendige Transformation des Energieversorgungssystems im Rahmen der Energiewende," so charakterisiert Berthold Müller-Urlaub, Präsident des B.KWK Bundesverband Kraft-Wärme-Kopplung e.V., die Bedeutung der Kraft-Wärme-Kopplung für eine sichere, wirtschaftliche und umweltverträgliche Energieversorgung.

"Durch die geplanten Belastungen im aktuellen Entwurf des EEG 2014 kann das Know-how der Hersteller von Anlagen für die Kraft-Wärme-Kopplung (KWK) und Kraft-Wärme-Kälte-Kopplung (KWKK) sowie der Energiedienstleister allerdings nur noch sehr begrenzt zum Einsatz kommen."
Müller-Urlaub sieht drastische Auswirkungen der Energiepolitik auf die Branche zukommen. "Wir betrachten den aktuellen Entwurf des EEG 2014 als verfassungsrechtlich kritisch, untauglich als Strompreisbremse und kontraproduktiv für die Energiewende", so Müller-Urlaub.

Marcus Bort, Vorstandsvorsitzender des ESCO Forum im ZVEI, sieht mit dem neuen EEG 2014 noch Potenzial: "Die im ESCO Forum organisierten Energiedienstleister (Contractoren) beklagen, dass wir immer noch nicht auf dem Weg zu einer 'Energiepolitik aus einem Guss' sind. Die Förderung hocheffizienter KWK durch das Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz (KWK-G) und die EEG-Umlage sind nicht aufeinander angestimmt. Was das KWK-G gibt, nimmt die EEG-Umlage. Daher sprechen wir von einem 'Fördermittel-Kreislauf-Gesetz', das es endlich zu korrigieren gilt."
Bort erwartet von der Politik auch, dass - um Wettbewerbsneutralität zu schaffen - bei Effizienzsteigerungsmaßnahmen die Eigentümerlösung mit der Dienstleisterlösung gleichgestellt wird, und dass für den Betrieb von KWK-Anlagen Betreiberneutralität hergestellt wird.

Auch Müller-Urlaub kritisiert massiv die mangelnde Planungssicherheit für Investitionen in KWK. Der vom Bundeskabinett beschlossene Entwurf für das EEG 2014 sieht zum Beispiel vor, dass der jährliche Ausbau der KWK-Stromerzeugung im Biomassebereich auf maximal 100 MW begrenzt wird. Dazu kommt die Streichung sämtlicher Boni und die Konzentration auf die Verwertung von Abfall- und Reststoffen. Für den Ausbau der KWK mit fossilen Einsatzstoffen erwartet Müller-Urlaub weitaus größere negative Auswirkungen. Denn im EEG 2014 ist eine Belastung des von Eigenerzeugern selbst verbrauchten Stroms bei neu zugebauten Anlagen geplant.

Eines steht für Müller-Urlaub jetzt schon fest: Die geplante Neuregelung für die EEG-Umlage würde die Zielsetzungen eines anderen Gesetzes konterkarieren. Das Kraft-Wärme-Kopplungs-Gesetz von 2012 zielt auf eine Erhöhung des KWK-Anteils an der Stromerzeugung auf 25 Prozent im Jahr 2020. Dieses Ziel wird unter den aktuellen Umständen verfehlt werden. Die "Strompreisbremse" funktioniert nicht - bremst aber den KWK-Zubau aus.

Auch hinsichtlich der Kostendämpfungswirkung des EEG 2014 kann Müller-Urlaub nicht die erwartete Wirkung erkennen: "Die geplante Belastung der KWK-Eigenerzeugung mit einer EEG-Umlage ist definitiv ein Schritt in die falsche Richtung. Ein merklicher Beitrag zur Entlastung der Stromkunden lässt sich auf diesem Wege keinesfalls erreichen."

Die vorgesehene Regelung für Neuanlagen könnte allenfalls einen marginalen Beitrag zu der politisch gewollten Verlangsamung des Anstiegs der EEG-Umlage bringen. Allerdings würde die Belastung von Neuanlagen in vielen Bereichen den Anreiz für Neuinvestitionen in KWK-Anlagen stark vermindern. Vor allem im Bereich kleiner Leistung müsste in der Folge mit einem drastischen Rückgang des Zubaus gerechnet werden.

Dr. Jobst Klien, ebenfalls Vorstandsvorsitzender des ESCO Forum im ZVEI, stellt trotz der Widrigkeiten durch die politischen Rahmenbedingungen für das Contracting-Geschäft fest, dass die Entwicklung des Energiedienstleistungs-Markts weiterhin dynamisch ist. "Seit Mitte der neunziger Jahre verzeichnet die Branche zumeist zweistellige Wachstumsraten. Bei einem Marktvolumen von etwa vier Milliarden Euro werden über 100.000 Contracting-Verträge in Deutschland gemanagt."
Und Klien bewertet die Ergebnisse einer ZVEI-Umfrage zu Energiekennzahlen der Elektroindustrie im Jahr 2013 als einen Beleg, dass die Contractoren ihre bisherige Marktnische verlassen haben: "Jetzt schon betreiben mehr als 25 Prozent der Unternehmen in der Elektroindustrie Effizienzprojekte mit Contractoren oder stehen darüber in Verhandlungen."